Weltfrauentag: 4 Thesen über Gleichberechtigung – und warum Männer jetzt handeln müssen
24 Prozent – so niedrig war der Anteil von Frauen in Führungspositionen im vergangenen Jahr in Deutschland. Frauen in Spitzenpositionen sind nach wie vor unterrepräsentiert, Unternehmensführung bleibt ein Männerding.
Dieses Bild zeigt sich auch in den Vorstandsetagen deutscher DAX-Unternehmen: 2024 waren Frauen dort laut Statista mit 25 Prozent vertreten. Auch in der Politik gibt es diesbezüglich keine Jubelmeldungen: Im neu gewählten Bundestag sinkt der Frauenanteil künftig von bisher 35,7 Prozent auf 32,4 Prozent.
Schaut man auf die Zahlen, wird deutlich, wie viel Einfluss Männer durch Ihre Postionen in Wirtschaft und Politik in Sachen Gleichstellung nehmen könnten, wenn sie denn wollten. Und es gibt durchaus viele, die wollen. Laut einer repräsentativen Studie des Bundesforum Männer erachten 84 % der Männer in Deutschland Geschlechter gerechte Gleichstellung als wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhang. Woran hapert es also und was kann konkret getan werden?
💪 These 1: Es braucht den aktiven Einsatz von Männern
Jede fünfte Frau ist unzufrieden im Job (20% Frauen vs. 12% Männer). Das belegt die aktuelle XING Wechselbereitschaftsstudie 2025. 43 % der Frauen bemängeln schlechte Führung und sind bereit deshalb den Job zu wechseln. Die bereits genannten Zahlen weisen drauf hin: Häufig sind diese Führungskräfte Männer.
Der ehemalige Personalchef von SAP Deutschland und heutiger Geschäftsführer der Charter der Vielfalt Cawa Younosi wünscht sich insofern nicht grundlos im Interview mit weconomymedia mehr männliche Mitstreiter für das Thema Gleichberechtigung. Ohne sie wird es nicht funktionieren: „Noch immer sind viele Männer in machtvollen Positionen. Sie haben die Möglichkeit, bestehende strukturelle Ungleichheiten entweder zu zementieren oder aktiv zu verändern. Wir benötigen Männer, die bereit sind, diese Barrieren abzubauen und den Weg für andere Geschlechter zu ebnen.“ Wie kann das in der Praxis funktionieren?
Henryk Lüderitz XING Insider und Karriereexperte empfiehlt folgende Maßnahmen:
"Mentoring-Programme und Netzwerke: Diese unterstützen Frauen dabei, wertvolle Kontakte zu knüpfen, Wissen zu teilen und berufliche Ziele zu erreichen.
Flexible Arbeitszeitmodelle: Diese ermöglichen es Frauen, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, und fördern dadurch die Karriereentwicklung.
Transparente Beförderungskriterien: Klare und faire Kriterien stellen sicher, dass Beförderungen auf Leistung basieren und Geschlechterdiskriminierung vermieden wird.
Gut ausgebildete weibliche Führungskräfte: Wenn Frauen moderne und effektive Führungsansätze entwickeln und anwenden, die möglicherweise weniger von Intuition und Dominanz geprägt sind, können sie leichter in Führungspositionen akzeptiert werden. Dies fördert ein Umdenken und die Gleichstellung in der beruflichen Hierarchie."
📉 These 2: Nicht diverse Unternehmen riskieren einen Wettbewerbsnachteil
Zu dieser Schlussfolgerung kann man gelangen, wenn man eine kürzlich veröffentlichte Studie des Berliner Instituts für Governance und Leadership liest. Dort fordern knapp Dreiviertel der institutionellen Investoren einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent in den Aufsichtsräten. Wer dem nicht nachkommt, verringert die Möglichkeiten, sich zu finanzieren. Auch eine Studie der Credit Suisse (heute Teil von UBS) stellt fest, dass Unternehmen mit mindestens einer Frau im Vorstand eine bessere finanzielle Performance aufweisen, als Unternehmen ohne Frauen in der Führungsetage.
Eine Quote in Unternehmen einzuführen ist hier laut Wiebke Ankersen Geschäftsführerin der deutsch-schwedischen Allbright Stiftung aber nicht unbedingt die Lösung: „Wir haben in Deutschland viel Zeit mit der Quotendiskussion verloren, die deutschen Unternehmen müssen noch viel stärker auf geeignete Maßnahmen setzen, wenn sie im internationalen Wettbewerb aufholen wollen.“
Personalexpertin und XING Insiderin Sandra Zemke ist der Meinung, dass "die Menschen mit Diversität konfrontiert und an der Problemlösung beteiligt werden (...)" müssen. Nur so könne jeder in seiner·ihrer eigenen sozialen Verantwortung zu diesem Thema bestärkt und in dem Veränderungsprozess unterstützt werden. Laut Zemke machen diese Maßnahmen Unternehmen wirklich diverser:
Trainings auf freiwilligen Basis: das fördert die intrinsische Motivation der Mitarbeiter·innen, die sich engagieren wollen.
Gezieltes Recruiting von Frauen und Minderheiten: So können Disparitäten systematisch geändert werden.
Diversity Mentoring: Mentor·in-Mentee-Beziehungen, die sich in Alter, Geschlecht oder anderen persönlichen Merkmalen unterscheidet, bauen Vorurteile ab.
Teamübergreifenden Austausch: hier gilt es Silos aufzubrechen und mehr Perspektiven im Unternehmen in Entscheidungen einzubinden.
👩🏭These 3: Der Arbeitsmarkt braucht mehr Flexibilität
Ein großes Problem für eine gerechte Integration von Frauen in verantwortliche Positionen im Arbeitsmarkt sind die aktuell gängigen Arbeitsmodelle. Häufig bleiben Frauen in Teilzeit, um die Betreuung von Kindern oder Angehörigen zu gewährleisten. Dabei könnte eine Erhöhung der Teilzeitquote durch den Ausbau des Betreuungsangebotes laut dem Fachkräftereport der Deutschen Industrie-Handelskammer eine Fachkräftesicherung unterstützen. Wie es gelingen kann, Führung in Teilzeit und im Job-Sharing in Unternehmen erfolgreich umzusetzen, weiß XING Insiderin und Führungskräfte-Coach Gudrun Happich:
"Damit eine Führungskraft in Teilzeit arbeiten kann, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Sowohl auf Arbeitgeberseite als auch bei den betreffenden Führungskräften. Die wichtigste Voraussetzung: Beide Seiten müssen sich öffnen." Sie empfiehlt diese drei Tipps, mit denen das Führen in Teilzeit gelingen kann:
Delegieren: Kontrolle abgeben und die Mitarbeiter·innen zu Entscheidungen befähigen
Vertrauen lernen: Vertrauen ist die Basis um zu delegieren
Prioritäten setzen: bedeutet Ziele sichern
🤝These 4: Gegenseitiges Verständnis ist unerlässlich
Was bei dieser Diskussion nicht hilft: Männer pauschal an den Pranger zu stellen. Vielmehr braucht es laut dem Organisationsberater und selbsternannten "männlichen Feministen" Robert Franken im Interview mit F¡F ein Verständnis für die Perspektive von Männern. Eine Gleichberechtigung mit der Brechstange könne zu Abwehrreaktionen und Verunsicherung führen: „Mehr Frauen in Führung macht viele Männer ängstlich: Was ist mit mir?“ würden viele Männer denken.
Das bestätigt auch die Studie des Bundesforums Männer. Obwohl die Zustimmung für eine Gleichstellung bei Männern wächst, steigt parallel dazu die Ablehnung für eine Gleichstellungspolitik. So sehen 67 Prozent der Männer beim Thema Gleichstellung die Bedürfnisse und Anliegen von Männern nicht ausreichend adressiert. Diese Perspektive muss also auch mehr gesehen werden.
XING Insiderin und Glücksforscherin Maike van den Boom ist davon überzeugt, dass beim Thema Gleichberechtigung alle an einem Strang ziehen müssen: „Gleichberechtigung ist Gesellschaftssache – eine Herausforderung, die wir nur gemeinsam lösen können“. Ihr Fazit: "Gleichberechtigung heißt, das Glück und die Möglichkeiten aller zu maximieren – also geht es uns alle an. Männer und Frauen."
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¹ Statista 2024, Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland nach Unternehmensgröße 2024