Ausgerechnet eine IT-Sicherheitsfirma ist für den weltweiten Ausfall von Microsoft-Systemen verantwortlich. - Bild: imago images
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Wer steckt hinter der Firma CrowdStrike, die die ganze Welt lahmlegte?

Am Freitagmorgen führten IT-Probleme zu Ausfällen bei Fluglinien, Krankenhäusern und Banken. Dahinter steckte ein Fehler bei der US-amerikanischen Sicherheitsfirma CrowdStrike – einem Multimilliardenkonzern.

CrowdStrike schützt mit seiner Plattform eigentlich viele Programme und Cloud-Anwendungen zahlreicher wichtiger Entwickler wie Microsoft. Doch ein Sicherheits-Update der IT-Firma hat am Freitagmorgen Teile der weltweiten Infrastruktur lahmgelegt. Dieser Fehler hat wiederum Software von Microsoft gestört. Millionen Windows-Rechner zeigten sogenannte Bluescreens, konnten also nicht hochgefahren werden.

An Flughäfen, bei Energieversorgern, in Krankenhäusern, bei Banken – die Liste lässt sich endlos fortführen. In den USA war der Notruf schlecht erreichbar. Der enorme Schaden lässt sich bislang nicht beziffern.

CrowdStrike-CEO George Kurtz äußerte sich am Freitagvormittag, etwa vier Stunden später, öffentlich zu dem Vorfall: „CrowdStrike arbeitet aktiv mit Kunden zusammen, die von einem Update-Fehler bei Windows-Systemen betroffen sind. Mac- und Linux-Hosts sind nicht betroffen. Es handelt sich nicht um einen Sicherheitsvorfall oder einen Cyberangriff. Das Problem wurde identifiziert und isoliert“, schrieb Kurtz auf LinkedIn. Außerdem sei ein Fix bereitgestellt worden, also eine Art Schnellreparatur für das IT-Problem.

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Die wichtigsten Antworten zum IT-Ausfall

Kurtz hatte das Unternehmen vor 13 Jahren mit Dmitri Alperovitch und Gregg Marston gegründet – drei Experten mit jahrzehntelanger Erfahrung. Der US-Amerikaner Kurtz, 59, gründete 1999 zu Beginn seiner Karriere eine Sicherheitsberatung bei PWC aus, die später vom Virenschutz-Anbieter McAfee übernommen wurde.

Alperovitch ist gebürtiger Russe und kam als Teenager in die Vereinigten Staaten, gründete in den späten 1990ern und 2000ern ebenfalls Cybersecurity-Unternehmen und verkaufte diese. Kurtz lernte er bei McAfee kennen, dort besetzten beide hochrangige Führungspositionen auf Vice-President-Ebene.

CrowdStrike: Frühes Investment von Google

Ihre Idee für eine Sicherheits-Software unterbreiteten sie 2011 der Private-Equity-Firma Warburg Pincus, so bekamen sie zum Start direkt 25 Millionen Dollar. Marston vervollständigte das Duo als Finanzchef. Anders als damalige Virusprogramme wollte CrowdStrike die Techniken der Hacker verstehen und so kommende Angriffe abwehren.

Zwei Jahre nach der Gründung brachte das Start-up sein erstes Produkt auf den Markt. Wenige Monate später der erste Erfolg: Die Firma erwischte chinesische Hacker, die US-Firmen ausspähten. 2015 konnte CrowdStrike eine Cyberattacke der nordkoreanischen Regierung auf Sony Pictures nachweisen. Die Firma entdeckte zudem, dass russische Militärhacker der Gruppe Fancy Bear in IT-Systeme des ukrainischen Militärs eingedrungen waren.

Diese Glanzleistungen ließen Wagniskapitalgeber hellhörig werden: Erst investierte Google, dann weitere Tech-Fonds. 2017 war CrowdStrike bereits eine Milliarde Dollar wert – bekam also Unicorn-Status. In der Tech-Szene ist das ein bedeutender Schritt, den nur wenige Start-ups schaffen. 2017 noch weniger als heute.

Der Umsatz der Tech-Firma lag da gerade einmal bei 100 Millionen Dollar. Im Sommer 2019 ging CrowdStrike an die Börse in New York und ließ sich an der Nasdaq mit etwa 6,6 Milliarden Dollar bewerten.

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Deutscher Informatiker im Führungsteam

Die US-Firma kaufte in den Jahren seit dem IPO mehrere Unternehmen dazu, brachte noch mehr Sicherheitsprodukte auf den Markt und wurde zu einem der führenden Anbieter für Cybersecurity-Software.

Falcon Sensor“ - der Produktname des IT-Sicherheitsdienstes verspricht die Schärfe eines Falken-Auges zur Gefahrenabwehr. Die Lösung zur Sicherheitsüberwachung soll Bedrohungen frühzeitig erkennen und verhindern.

Bei dem Produkt „Falcon Sensor“ handelt es sich um ein System, das Aktivitäten in Echtzeit überwacht und Angriffe blockieren soll. Sicherheitsexperte Jürgen Schmidt von Heise Security bezeichnet es als „eine Art Next-Generation-Antivirus-Programm“, das vor allem bei großen Unternehmen zum Einsatz komme. „Endkunden nutzen solche Systeme in der Regel nicht. Dennoch treffen sie freilich die Probleme, die bei den Dienstleistern, Unternehmen und Behörden durch den Einsatz entstehen.“

Unterstützt wird das US-Unternehmen von einem deutschen Informatiker. Sven Krasser studierte an der Technischen Universität in Braunschweig, zog Anfang der 2000er in die Vereinigten Staaten und ist seit Tag eins Chief Scientist bei CrowdStrike.

Im vorigen Jahr setzte der Tech-Gigant 2,2 Milliarden Dollar um – ein Wachstum von etwa 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Unter dem Strich schreibt CrowdStrike allerdings nach wie vor rote Zahlen. Im vorigen Geschäftsjahr lagen die Verluste bei 183 Millionen Dollar. Bei Anlegern war die Aktie dennoch gefragt.

CrowdStrike wurde erst Ende Juni in den Tech-Index S&P500 aufgenommen, Analysten schrieben dem Wertpapier ein Kursziel von bis zu 410 Dollar zu. Kurz vor dem IT-Crash am 19. Juli lag die Börsenbewertung von CrowdStrike noch bei 83 Milliarden Dollar. Seit Freitagmorgen war das Wertpapier um 19 Prozent (Stand 11:30 Uhr, 19. Juli) gesunken, die Marktkapitalisierung lag nur noch bei gut 50 Milliarden Dollar.

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