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Wer suchet, der bindet: Ausbildung im deutschen Mittelstand

Bei der Sicherung des Fachkräftemangels ist die Gesellschaft vor große Herausforderungen gestellt.

Vor allem wegen des demografischen Wandels wird es immer schwieriger, passende Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu finden. Rund 1,3 Millionen Auszubildende bereiten sich in Deutschland auf ihre Zukunft vor. Jährlich sinkt die Zahl der Auszubildenden. Dieser schleichende Prozess basiert auf dem Trend zu höheren Schulabschlüssen sowie einer gestiegenen Studierneigung. Allerdings bricht jeder dritte Studierende sein Studium ab. Vor diesem Hintergrund wird es immer schwieriger, ausreichend qualifizierte Auszubildende und Fachkräfte zu gewinnen. Die Hauptlast dieser Entwicklung schultern mittelständische Unternehmen, die stärker als je zuvor um qualifizierte Arbeitnehmer werben müssen.

Das tut auch das Familienunternehmen Häcker Küchen. 2019 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 616 Millionen Euro. Die Zentrale des erfolgreichen Familienunternehmens mit 1.760 Mitarbeitern ist im ostwestfälischen Rödinghausen ansässig. Der Dreiklang der Fachkräftesicherung lautet: GEWINNEN – AUSBILDEN – HALTEN. Um geeignete Auszubildende und Fachkräfte zu gewinnen, ist das Unternehmen bei öffentlichen Ausbildungsmessen präsent, bietet Berufsfelderkundungstage, Praktika, Bewerbertrainings in Abgangsklassen, Ausbildungsmessen in Schulen (START-Event), Berufe-Parcours (Häcker Inhouse-Messe), Ausschreibungen an Schulen und über Online-Plattformen an. Online-Börsen, die Firmenhomepage, Tage der offenen Tür oder Ausbildungsmessen werden gerne genutzt, um auf das Unternehmen aufmerksam zu machen. Die Ausbildungsbroschüren werden auch auf Instagram vorgestellt.

Ausgebildet wird hier seit 1980. 1992 starteten die ersten Holzmechaniker hier ihre Ausbildung. Aktuell bildet das Unternehmen in den Berufen (m/w/d) Industriekaufmann, Mechatroniker, Holzmechaniker, Elektroniker für Betriebstechnik, Fachinformatiker Anwendungsentwicklung und Fachinformatiker Systemintegration. Dazu kommen noch die dualen Studiengänge in Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik und Holztechnik.

Beim dualen Studium Wirtschaftsinformatik wird beispielsweise zwischen dem Theorieblock an der Fachhochschule Bielefeld und dem Praxiseinsatz in der jeweiligen Abteilung (Vertrieb, Marketing, Einkauf, Produktentwicklung und Rechnungswesen/Controlling) gewechselt. Es geht beispielsweise darum, Probleme an Schnittstellen von Computersystemen und technischen Anwendungen zu lösen, mathematische, logische und programmiertechnische Lösungen zu entwickeln, aktuelle Software Engineering-Techniken sowie objektorientierte und webfähige Programmiersprachen und unterschiedliche Schnittstellen und Partnerabteilungen kennenzulernen. Vermittelt wird auch umfassendes Wissen über die ganze Bandbreite der Computertechnik, insbesondere über Betriebssysteme, Netzwerke, Digitaltechnik sowie Datenbanken und deren Einsatzgebiete. Die Auszubildenden visualisieren Daten zur nutzergerechten Aufbereitung von Inhalten, gestalten IT-Anwendungen und implementieren sie.

Voraussetzung für sämtliche Ausbildungsberufe ist das Interesse an vielseitigen Tätigkeiten, technisches Verständnis, handwerkliches Geschick, logisches Denken, Interesse an wirtschaftlichen Vorgängen, hohe Lernbereitschaft und Eigenmotivation. Der Personalexperte und Autor Werner Neumüller betont ebenfalls, dass es wichtig sein wird, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Sachebene Prozesse richtig beherrschen sollten (z.B. IT, EDV), interdiziplinär denken können und (lebenslang) lernbereit bleiben. Auf emotionaler Ebene sind u.a. Empathie, Kommunikation, Teamorientierung, Flexibilität und Zielstrebigkeit von Bedeutung. Aber auch die richtigen Rahmenbedingungen sind nicht zu unterschätzen: Mit einem glaubwürdigen Nachhaltigkeitsmanagement und seiner Kommunikation haben Unternehmen heute die Möglichkeit, attraktiv für neue Talente zu werben, die nur kommen, wenn sie sich mit der Firma identifizieren können. „Wer klare Werte und Leitprinzipen hat, die ernsthaft gelebt werden, kann Konfliktpotenzial reduzieren und Orientierung bieten“, so Neumüller.

Werte sind motivierende Haltungen, die das Selbstverständnis, die gelebten Leitbilder von Unternehmern, konstituieren und somit von hoher Relevanz für deren Verhaltensmuster sind.

Sie geben Handlungsorientierung und wirken - wenn sie glaubhaft gelebt werden - als Selbstbindung (Commitment). Die von Familienunternehmen gelebten Werte leiten sich aus dem Wunsch nach Kontinuität ab. Eine langfristig angelegte Strategie ist notwendige Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen überhaupt fortgeführt werden kann. Das gilt auch für Häcker Küchen: „Hier ist niemand eine Nummer, hier ist jeder ein Mensch“, schreibt Jochen Finkemeier, Geschäftsführender Gesellschafter im Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens.

Weiterführende Literatur:

Aus Tradition verantwortungsvoll. Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020. Hg. von Häcker Küchen GmbH & Co. KG. Rödinghausen 2019.

Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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