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Wie kann die Baustoffbranche Biodiversität fördern?

Eine nachhaltigere Bauwirtschaft ist unabdingbar, wenn es darum geht, die Potenziale von Recycling, nachwachsenden Rohstoffen und effizienten Bautechniken möglichst vollständig auszuschöpfen.

Auch richtiges Biodiversitätsmanagement in Gewinnungsstätten gehört dazu, denn auf Primärrohstoffe kann auch künftig nicht verzichtet werden. Rohstoffunternehmen verändern Ökosysteme durch den Abbau beziehungsweise die Gewinnung von Baustoffen wie Sand, Kies, Kalkstein oder Gips. Mineralischen Gesteinsrohstoffe stehen am Anfang zahlreicher Wertschöpfungsketten. Etwa 500 Mio. t werden in Deutschland jährlich nachgefragt. In diesen Pionierlebensräumen leben beispielsweise Arten wie der Flussregenpfeifer oder die Blauflügelige Sandschrecke. In Baggerlöchern bilden sich Tümpel, in denen Kreuz- und Wechselkröten laichen. Vögel wie Uferschwalben nisten in Abbruchkanten. Um diese seltenen Arten besser zu entwickeln, haben Forschende des LIB und der Universität Münster im Dialog mit der Baustoffbranche ein Konzept für ein ganzheitliches Biodiversitätsmanagement erarbeitet. Untersucht wurde die Artenvielfalt in zwölf verschiedenen Gewinnungsstätten. Mehr als 1.200 Pflanzen-, Vogel-, Insekten-, Amphibien- und Reptilienarten konnten bei den beteiligten Standorten dokumentiert werden (Quelle: UD). Einige Unternehmen sind allerdings noch zurückhaltend, weil sie eine Beeinträchtigung ihrer Betriebsabläufe oder Konflikte mit Naturschutzbehörden befürchten. Teilweise wird zu verhindern versucht, dass sich gefährdete Arten ansiedeln.

Mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstellte das Projekt „Ganzheitliches Biodiversitätsmanagement in der Baustoffindustrie“ (GiBBS) ein Handbuch, das Rohstoffunternehmen dabei unterstützt, Artenschutzmaßnahmen mit dem laufenden Betrieb zu vereinbaren (Planung, Umsetzung, Evaluierung). Vor allem bei der Kosten-Nutzen-effiziente Umsetzung ist es ein wichtiger Begleiter (Auswahl von Zielarten und geeigneter Erfassungsmethoden). Vor allem wird gezeigt, dass Maßnahmen zum Biodiversitätsschutz den aktiven Betrieb nicht einschränken und nicht teuer sein müssen. Es genügen häufig schon einfache Maßnahmen. Viele Akteure der Baustoffbranche setzen sich allerdings schon seit Jahren für den Artenschutz in Gewinnungsstätten ein. Der Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO) vertritt die Interessen der Unternehmen, die in Deutschland Sand, Kies, Quarzsand und Naturstein gewinnen. In aktuellen Debatten zu Gesetzgebungsverfahren und Normung ist MIRO wichtiger Ansprechpartner auf Bundes- und Europaebene. Der Austausch mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und Medien, mit Naturschutzverbänden, Gewerkschaften und Wissenschaftlern ist zentral. Zudem fördert der Verband das Interesse junger Menschen an typischen Berufen der Branche und hat im Bereich der Aufstiegsfortbildung erfolgreich einen spezifischen Meisterkurs mit ins Leben gerufen. Für die Entwicklung und Förderung anwendungsorientierter Innovationen macht sich die angegliederte Forschungsgemeinschaft MIRO stark.

Vergleichbarkeit und Transparenz durch die EU-Taxonomie-Verordnung

Die EU-Taxonomie ist ein wichtiger Bestandteil des im März 2018 vorgestellten „Aktionsplans zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum“. Bei diesem Klassifizierungsinstrument geht es darum, bestimmte Unternehmensaktivitäten nach ihrem „grünen“ Beitrag einzuordnen. Dieser Leitfaden dient Investoren zur Einschätzung, ob ein Unternehmen, in das sie investieren möchten, nachhaltig arbeitet. Seit 2024 sind betroffene Unternehmen verpflichtet, die vollständigen Angabepflichten der EU-Taxonomie-Verordnung für alle sechs Umweltziele erfüllen. Dazu gehören: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung sowie Schutz von Ökosystemen und Biodiversität.

Kürzlich veröffentlichte Peter Bachmann auf LinkedIn ein Plädoyer zur EU-Taxonomie: „Als Weltbürger, Vater und Großvater klingen klare Vorgaben zur Materialgesundheit, sozialer Fairness, Biodiversität, Kreislaufführung, CO2-Auswirkungen auf Produkt- und Unternehmensebene einfach logisch - im Gebäude die Resilienz gegen den Klimawandel und Auswirkungen auf die lokale Umwelt ebenso.“ Das Startup CircularSkills, das er gemeinsam mit Fabian Wiesler leitet, hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Kriterien in ein verständliches, bezahlbares und planbares Konzept zu überführen. Der CircularCheck macht Produkte und Gebäude nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft transparent. Die Prinzipien basieren gestützt durch EU-Direktiven auf den fünf Transformationsschwerpunkten: Treibhausgasemissionen, Kreislaufwirtschaft, soziale Aspekte, Materialgesundheit und Biodiversität, denn „eine intakte Natur ist die Grundlage unseres Überlebens.“

Was es jetzt braucht:

  • verständlich aufbereitete Informationen rund um die Bedeutung mineralischer Rohstoffe

  • regelmäßiges Monitoring bzgl. verlässlicher Informationen über das Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten

  • Verbesserung der Taxonomiefähigkeit und Taxonomiekonformität der Unternehmen (Minimierung des Aufwands für die Umsetzung der EU-Taxonomie, klare Erwartungen zwischen Unternehmen und Banken schaffen, um eine reibungslose Zusammenarbeit bei der Nachhaltigkeitstransformation zu gewährleisten)

  • bessere Nutzung der Taxonomiekennzahlen für strategische Zwecke wie Investitionsentscheidungen oder die Portfoliosteuerung

  • Schutz und Förderung der Biodiversität als Teil der Unternehmensstrategie und des Nachhaltigkeitsmanagements

  • unternehmerische Ziele für den Artenschutz (im Fokus sollten eigene Flächen stehen, so dass externe Kompensation kaum eine Rolle spielt).

Weiterführende Informationen:

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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