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Wie können wir unsere Wohn- und Arbeitsräume zu gesünderen Orten machen?

Die wenigsten Menschen gehen davon aus, dass in ihren Wohn- und Arbeitsräumen gesundheitliche Belastungsfaktoren anzufinden sind. Da die Krankmacher unsichtbar sind, wird dem Thema kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die folgenden Tipps für ein gesünderes Leben und Arbeiten widmen sich den „kleinen“ Aspekten der Nachhaltigkeit, die aber nicht weniger wichtig sind als die großen: „Die Dinge, mit denen wir uns umgeben, schwächen unsere Möglichkeiten, einsichtig zu handeln, gesund zu bleiben und unsere Intelligenz zu trainieren.“ (Wolfgang Schmidbauer)

Bodenbeläge können Formaldehyd, Weichmacher, Essigsäure, Terpene enthalten. Kopfschmerzen können auch vom Klebstoff verursacht sein, der im Bodenbelag enthalten ist, denn dieser wird nur selten auf Schadstoffe getestet. Bedenken sind auch bei behandelten Hölzern angebracht sowie PVC-/Vinyl-Bodenbelägen und Kunstfaser-Teppichböden, die auf ausgasende Inhaltstoffe untersucht werden sollten. Hier besteht außerdem eine Belastung der Atemwege durch sich lösende Kunstfasern. Das CE-Logo sorgt u. a. für eine genormte Sicherheit.

Fertigparkett besteht wie Laminat aus Verbundmaterial. Grundträger ist eine Sperrholz-, Span- oder Faserplatte mit einem Gegenzugfurnier aus dem Parkettholz. Holzfasern oder Furniere für Laminat bzw. Parkett sollten möglichst aus nachhaltiger Holzwirtschaft stammen (mindestens FSC-Siegel). Eine natürliche Alternative zu früheren PVC-Böden ist Linoleum, das aus natürlichen Stoffen besteht (Gewebeträger ist aus Jute und das Obermaterial aus Leinöl, Holz oder Korkmehl). Besonders nachhaltig sind Korkböden, die eine wasserabweisende Oberfläche haben sowie antibakteriell und langlebig sind. Nachhaltige Teppiche bestehen beispielsweise aus hochwertiger, ungefärbter Premium-Schafschurwolle, die aus kontrolliert biologischer Tierhaltung hergestellt ist. Es sollte deshalb darauf geachtet werden, schadstofffreie Bodenbeläge zu kaufen und diese nicht zu verkleben, sondern schwimmend zu verlegen. Zudem sollte auf konservierungsfreie Kleber geachtet werden.

Gerade bei der Deko geht es vielen vor allem darum, dass sie schön anzusehen ist. Die Weihnachtsstimmung, die Medien und Geschäfte, suggerieren, sollen genauso ins Haus geholt werden. Sprühschnee oder Schneespray für Fenster oder Weihnachtsbäume und Pflanzen soll beispielsweise ein perfektes Wintergefühl vermitteln. Leider sind darin giftige Substanzen enthalten, zudem wurden auf dem Markt auch Exemplare mit N-Nitroso-morpholin-Wirkstoff gefunden, der krebserzeugend ist. Bei der Deko sollte vor allem auf natürliche Materialien geachtet werden. Umweltfreundliche und raumgesunde Dekorationen mit individueller Note werden am besten selbst gemacht - mit ökologischen Materialien und umweltverträglichen Klebstoffen. Bei gekauften Dekoartikeln sollte darauf geachtet werden, dass das Grundmaterial recycelbar ist. Bei Holz kennzeichnet das FSC-Umweltzeichen Produkte, für deren Herstellung Holz aus umwelt- und sozialverträglich bewirtschafteten Wäldern verwendet wird, unabhängig zertifiziert nach den strengen Richtlinien des Forest Stewardship Council.

Auch Kerzen sollen in der Winterzeit für gute Stimmung in Innenräumen sorgen. Allerdings enthalten auch sie zuweilen Stoffe, die für Mensch, Tier und Umwelt gefährlich sind – vor allem Billig-Produkte. Mangelhafte Paraffinkerzen mit erhöhtem Schwefelgehalt führen zur Entstehung von Schwefeldioxid, was allergieähnliche Reaktionen auslösen kann. Die meisten allergisierenden, erbgutschädigenden oder krebserregenden Stoffe gelangen über Farben, Lacke und Duftmittel in die Kerzen (darunter Schwermetalle, halogenorganische Verbindungen, polyzyklische Moschus-Verbindungen und Flammschutzmittel). Beim Abbrennen können unterschiedliche umwelt- und gesundheitsgefährdende Stoffe freigesetzt werden. Vor allem dann, wenn mehrere Kerzen brennen, die Flammen flackern und sich Ruß bildet. Beim Löschen sollte der Docht kurz in das flüssige Wachs getaucht werden, damit kein Rauch entsteht. Danach sollte gut gelüftet werden. Zu empfehlen ist es außerdem, Aluschalen (z. B. von Teelichtern) durch (Recycling-)Glasschalen zu ersetzen, da diese wiederverwendbar und umweltfreundlicher sind. Beim Kauf von Kerzen kann man sich am "RAL-Gütezeichen Kerzen" orientieren. Es verpflichtet Hersteller, sich bei den Inhaltsstoffen an Grenzwerte hinsichtlich Gesundheit und Umwelt zu halten. Besser noch sind allerdings Bio-Kerzen aus Bienenwachs (umweltfreundliche Herstellung). Im Gegensatz zu Kerzen aus Paraffin (aus Erdöl gewonnen) ist Bienenwachs ist ein nachwachsender und ungiftiger Rohstoff, bei dessen Abbrennen keine gesundheitsschädlichen Stoffe abgegeben werden.

Das Argument der „schönen Blumen“ in Innenräumen reicht ebenfalls nicht aus. Auch hier sollte auf Ansätze und Initiativen geachtet werden, die daran arbeiten, die Bedingungen der Blumenproduktion zu verbessern. Dazu gehört das Flower-Label-Programm (FLB). Träger sind vier Kammern: Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Handel und Produzenten. Es zertifiziert Blumenanbaubetriebe auf Basis der ILO-Arbeitsnormen. Wesentlich bekannter aber ist der Verein „Fairtrade Deutschland“, der Blumen im Jahr 2005 in sein Sortiment aufgenommen hat. Außerdem gibt es Blumen und Zierpflanzen mit dem Bioland-Siegel oder aus verschiedenen nationalen Programmen wie Flor Verde, Flor de Ecuador oder dem US-amerikanischen System Veriflora.

Vor allem im Rest- und Biomüll lagern oft Essensreste, die schnell verschimmeln können. Das Einatmen der Schimmelpilze kann zu Infektionen der Lunge führen. Zu empfehlen sind deshalb geschlossene Mülleimer, die regelmäßig entsorgt und gereinigt werden. Der Boden kann mit alten Brottüten ausgelegt werden, die dem Abfall die Feuchtigkeit entziehen und Gerüche neutralisieren. Von Müllereimer-Deos ist allerdings abzuraten, denn beim Einatmen der Duftstoffe werden Symptome wie Husten und tränende Augen noch verstärkt. Auch mit dem Wesco Abfalleimer "Pushboy" kann eine geruchsfreie Entsorgung stattfinden. Die Klappe wird aus langlebigem, rostfreiem Edelstahl hergestellt. Der Korpus besteht aus pulverbeschichtetem Stahlblech, das frei von Lösemitteln ist. Auch das Helit Abfalltrennsystem "Duo" mit Deckel ermöglicht eine hygienische Trennung. Der Korpus ist aus chlorfreiem Polyethylen hergestellt. Der Kunststoff kommt ohne Weichmacher und Chlor aus. Er lässt sich zudem sehr gut recyceln. Der Deckel gegen die Geruchsbelästigung ist aus robustem, recycelbarem Polystyrol gefertigt. Der BioBag Biomüll-Eimer "Max-Air" ist eine von vielen Lösungen für das Sammeln von Biomüll in Haus und Wohnung. Große Belüftungsschlitze reduzieren die Feuchtigkeit um bis zu 40 % und verhindern unangenehme Geruchsbildung. 75 atmungsaktive, kompostierbare Bioabfall-Beutel aus Maisstärke sind inklusive. Der Biomüll-Eimer wird aus Recycling-Polypropylen hergestellt.

Die in konventionellen Produkten enthaltenen Chemikalien können Umwelt und Gesundheit stark belasten. Das zeigt schon ein Blick auf die chemische Zutatenliste bei Waschmitteln: Tenside, Wasserenthärter, Waschalkalien, Enzyme, Schmutzträger, Bleichmittel, optische Aufheller und Konservierungsmittel. Duftstoffe und Farbstoffe sind biologisch schwer oder nicht vollständig abbaubar, können sich in der Umwelt und in Organismen anreichern und Gewässerorganismen schädigen. Auch Putzmittel mit Chlor und WC-Reiniger mit anorganischen Säuren wie Natriumhydrogensulfat oder Phosphorsäure sind sehr umweltschädlich. Die Chemikalien aus den Reinigern gelangen über das Abwasser und die Flüsse bis ins Meer. Sie können sich in der Umwelt und in Organismen wie Fischen und Pflanzen anreichern – und unserer Gesundheit schaden. Enzyme von Waschmitteln können Allergien auslösen, wenn sie über die unvermeidbaren Waschmittelrückstände in den gewaschenen Textilien auf die Haut gelangen und diese dann angreifen. Über die Haut werden auch Spuren von Reinigungsmitteln aufgenommen, zudem gelangen Bestandteile der Chemikalien aus den Putzmitteln über das Abwasser auf die Felder (und damit in die Nahrung von Menschen und Tieren).

Nachhaltige Produkte sind am EU-Umweltzeichen (Euroblume) zu erkennen. Ecogarantie ist eine belgische Marke für ökologische Produkte. Das Qualitätssiegel überprüft Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsprodukte sowie Meersalz auf der Basis eigener Kriterien und ­denen der EU-Öko-Verordnung. Eine Zertifizierung setzt unter anderem voraus, dass alle eingesetzten pflanzlichen Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen und in ökologisch einwandfreien Produktionsabläufen verarbeitet. Auch der Blaue Engel ist eine gute Entscheidungshilfe beim Kauf von Reinigern. Verzichtet werden sollte jedoch auf chlorhaltige Sanitärreiniger und WC-Reiniger mit anorganischen Säuren, da sie umweltbelastend sind. Stark saure oder stark alkalische Reiniger können bei unsachgemäßer Anwendung Hautreizungen oder sogar Verätzungen verursachen.

Glasfasertapeten stehen bei der Anbringung in der Kritik, gefährliche Glasfasern freizusetzen. Nach dem Überstreichen werden die Glasfasern nochmals besser gebunden.

Klassische Papier- und Raufasertapeten bergen das Risiko des Schimmelbefalls. Bei den richtigen Umgebungsbedingungen bietet die Zellulosebasis einen idealen Nährboden.

Schaum- und Vinyltapeten müssen aufgrund ihrer synthetischen Bestandteile und potenziellen Zusatzstoffe auf Ausgasungen kontrolliert werden.

In Struktur-Tapeten stecken häufig gesundheitliche Weichmacher. Hier genügt oft ein Test mit dem Daumennagel: Lässt sich die Struktur leicht eindrücken, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Weichmacher.

Beim Tapezieren ist auf die Kleisterzusammenstellung zu achten, denn es besteht hier ebenfalls die Gefahr des Ausgasens von unerwünschten Inhaltsstoffen. Bei den verwendeten Bindemitteln sollten keine Acrylate zum Einsatz kommen.

Umweltfreundlich, emissionsfrei und wohngesünder sind Raufasertapeten, die ohne Kunstharzkleber hergestellt werden. Auch Vliestapeten, die aus Textilfasern und Zellulose bestehen, sind ökologisch. Ähnlich ist es bei Textiltapeten. Naturtapeten bestehen komplett aus natürlichen Materialien und enthalten keine gesundheitsschädlichen Stoffe.

Putze und Farben auf Kalk-Basis sorgen für Atmung, können Schadstoffe abbauen und schimmelhemmend wirken. Bei Putzen werden mineralische Varianten von vielen Baubiologen bevorzugt. Für das gesunde Wohnen sind Lehmputze, Kalkputze sowie Luftkalk/Stumpfkalkputze empfehlenswert (Kalkzementputze gehören aufgrund des vorhandenen Zements nicht dazu). Hersteller für Lacke, Lasuren und Farben haben schon vor einigen Jahren die neue VOC-Richtlinie berücksichtigt und neue Lacke hergestellt. Diese verwenden weniger schnell flüchtige Verbindungen (VOC), welche als gesundheitsbeeinträchtigend klassifiziert wurden.

Wasserbasierte Lacke sowie High Solid Lacke sind Beispiele für die Bemühungen der Hersteller, umweltschonendere und gesündere Produkte zu entwickeln. Wandfarben mit der Kennung RAL-UZ 102 des Blauen Engels und Lacke mit der Kennung RAL-UZ 12a sind besonders emissionsarme Anstrichmittel. Die europäische Richtlinie zur Begrenzung von organischem Lösemittel in bestimmten Farben und Lacken ("Decopaint-Richtlinie") wird damit berücksichtigt.

Empfehlenswert sind mineralische Wandfarben wie Silikat-, Kalk- sowie Lehm- und Leimfarben zum gesünderen Wohnen. Kaseinfarben gehören ebenfalls dazu. Dispersions- und Latexfarben werden durch ihre Zusammensetzung von Baubiologen allerdings als bedenklicher eingeschätzt. Prüfsiegel können bei der Auswahl helfen, da schadstofffreie bzw. emissionsfreie Dispersions- und Latexfarben von einigen Herstellern angeboten werden.

Viele Lehmfarben zum Anrühren bestehen aus atmungsaktiven Tonmaterialien und sind für normale Wände geeignet. Lehmfarben ohne Konservierer und Kunststoff-Bindemittel lassen die Wände diffusionsoffen und atmungsaktiv. Bio-Wand- und Kalkfarbe mit Naturpigmenten sind in der Regel alle Wände geeignet.

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Jens Bergmann: Vom Ascheimer zur Abfall-Rakete. In: brand eins 12 (2017), S. 12.

Ausgezeichnet wohlfühlen. Mit K + S wohngesund bauen. Hg. von Krieger + Schramm GmbH & Co. KG. Dingelstädt 2022.

Gesünder Bauen und Wohnen – Ratgeber für Baufamilien und Renovierer. Hrsg. von Johannes Schwörer und Peter Bachmann. Fachschriften Verlag, Fellbach 2018.

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Matthias Krieger: Praxiswissen Eigentumswohnung: Was Sie vor dem Kauf einer Neubauwohnung wissen sollten. Business Village Verlag, Göttingen 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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