Marina Rinaldi war das erste High-Fashion-Haus, das Kleidung ab Größe 40 designte. - Antonio Berardi

Wie Marina Rinaldi seit 40 Jahren Body Positivity feiert und der Zeit damit lange voraus war

Die italienische Brand, die zum Max-Mara-Konzern gehört, kleidet seit 40 Jahren Frauen ab Kleidergröße 40 ein – und das mehr als erfolgreich. Mit den höchsten Ansprüchen an Stil und Qualität überzeugt das Label. Mittlerweile ziehen viele große Modehäuser nach und bieten Größen über einer 40 an. Doch geht das so leicht? Was gibt es zu beachten? Wie designt man für diese Gruppe Frauen? All diese Fragen stellte VOGUE der Managing Director Lynne Webber.

Lynne Webber im Vogue Interview zu Marina Rinaldi

Wer ist Marina Rinaldi?

Die echte Marina Rinaldi war die Urgroßmutter des Gründers des Modekonzerns Max Mara. Sie war wie eine Vorläuferin dessen, was die Mission der Marke ist: Frauen zu stärken. Unser Ziel bei Marina Rinaldi ist es, Frauen frei in ihren Modeentscheidungen zu machen, und dafür war sie ein absolutes Vorbild. In den 1850er-Jahren eröffnete sie ein Atelier für Frauen, um ihnen einen Job zu geben und somit wirtschaftliche Unabhängigkeit in einem Bereich zu haben, der für Frauen sehr problematisch war.

Precious Lee während des Shootings für die Marina Rinaldi Kampagne - Antonio Berardi
Precious Lee während des Shootings für die Marina Rinaldi Kampagne - Antonio Berardi

Was ist die DNA der Marke Marina Rinaldi?

Marina Rinaldi entstand innerhalb der Marke Max Mara gleich zu Beginn der 80er-Jahre. Der Gründer der Max-Mara-Gruppe hatte diese Intuition, dass die Marke eine bestimmte Population von Frauen besser kleiden könnte und sich als Marke nur dem widmen würde. Die DNA der Marke besteht also darin, dass der gesamte kreative Prozess, unser Designprozess von der italienischen Größe 50 ausgeht. Unsere gesamte Auswahl wird von dieser Größe aufwärts und nicht abwärts bestimmt. Wir fangen nicht mit einer kleinen Größe an und entwickeln diese dann weiter. Wir fangen schon innerhalb dieses Größenbereichs an, und das ist extrem wichtig, denn so können wir sicherstellen, dass die Kleidung gut sitzt und zu den verschiedenen Körperformen passt, und zwar mit einer hochwertigen Verarbeitung.

Langsam, aber sicher beginnen High-Fashion-Marken, ihre Kollektionen auf mehrere Größen auszuweiten. Marina Rinaldi macht das schon seit 40 Jahren. Warum glauben Sie, dass sich die Modeindustrie gerade jetzt verändert?

Die Dinge haben sich in den letzten – sagen wir acht oder neun – Jahren dramatisch verändert. Das liegt unter anderem an der rasanten Zunahme der Nutzung und des Einflusses von Social Media. Einer ganzen Gruppe von Frauen, die vorher unsichtbar war, wurde endlich eine Stimme gegeben. Jetzt sind sie in der Lage, sich selbst auszudrücken: ihre Wut, ihre Komplexe, ihre Schwierigkeiten. Es gibt endlich eine Plattform, um zu kommunizieren und das mit allen zu teilen. Es war also an der Zeit, über Inklusivität zu sprechen. Wir sollten uns daran erinnern, dass die Kleidergröße nur eines der Tabus ist, unter denen wir in der heutigen Gesellschaft leiden. Ich denke, dass die vielen Stimmen zu diesem Thema viele Marken und viele Luxusmarken dazu gebracht haben, dies endlich zu berücksichtigen und zumindest eine Geste in Richtung dieses Wertes der Inklusivität zu machen. Ich denke, wir haben noch einen langen Weg vor uns, denn es geht nicht darum, eine Größe mehr hinzuzufügen oder ein kurviges Model auf den Laufsteg zu haben. Wir müssen uns voll und ganz auf diese Bevölkerung einstellen. Bei vielen Marken ist es so, dass die Kundinnen in die Läden gehen und nur aus zwei Größen wählen können und nicht mehr. Wir sind auf dem richtigen Weg, es liegt aber noch ein großes Stück vor uns.

Die Unterschiede beim Design für kleine im Vergleich zu größeren Größen

Worin liegt Ihrer Meinung nach der Unterschied – sofern es einen gibt – bei dem Design für kleine im Vergleich zu größeren Größen?

Was sich aus den Gesprächen mit unseren Kundinnen herauskristallisiert hat, ist, dass alle Frauen bunte, leuchtende, gedruckte Muster lieben. Daher war es sehr wichtig, von dem schwarzen Kleid wegzukommen und auf Farben zu setzen und uns auch verschiedenen Stilen anzunehmen. Wir haben viele Frauen, die ihre Körperform betonen und zeigen wollen. Sie wollen ihren Körper nicht verstecken. Also ist es für uns wichtig, figurbetonte Teile und Kleider im Sortiment zu haben. Es geht nicht darum, eine Frau mit einer bestimmten Größe zu kleiden, sondern verschiedene Persönlichkeiten. Und das ist sehr, sehr wichtig! Das ist der Grund, warum wir eine so große Kollektion haben. Wir haben über 800 Styles pro Saison, denn als Marke, die sich einer bestimmten Community widmet, können wir nicht nur auf einen Stil setzen. ...
Das vollständige Interview finden Sie hier.

Interview: Lea Egerer

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