Wie meistern Unternehmen die grüne Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft?
Wir befinden uns heute inmitten einer umfassenden, tiefgreifenden und schnellen Umwandlungsperiode, deren treibende Kräfte der demografische Wandel, Digitalisierung/Technologie, Nachhaltigkeit und Komplexität sind. Um die grüne Transformation richtig meistern zu können, muss zunächst alles auf den Prüfstand und neu überdacht werden: alte Denkmuster, Strukturen, Prozesse und Werte. Kein Unternehmen, keine Organisation, keine Stadt und Kommune ist davon ausgenommen. Die EU möchte in weniger als 30 Jahren ein 250 Jahre altes (auf Kohle, Öl und Gas bestehendes) Wirtschafts- und Gesellschaftssystem transformieren. Wie die Wege bis dahin aussehen, hat die Europäische Kommission kürzlich detaillierter skizziert: Aus drei Szenarien wählte die Europäische Kommission ein neues Zwischenziel für das Jahr 2040 aus: 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040 (verglichen mit den Emissionswerten von 1990). Ob dieser Vorschlag eine politische Mehrheit finden wird, bleibt fraglich. Auch ist die neue Empfehlung der Kommission noch kein Gesetzesvorschlag. Nach der Konstituierung des Parlamentes und der neuen Kommission wird wohl erst Anfang 2025 ein Gesetzesentwurf vorliegen.
Auch die Finanzierung ist noch unklar. Wo gemeinsame Investitionen fehlen, ist jedes Land selbst für die Umsetzung und Kosten verantwortlich. Es bedarf eines geeigneten Rahmens, der auch (verunsicherten) Unternehmen eine klare Orientierung bietet, Wirtschaft und Gesellschaft nicht überfordert und gleichzeitig die maximal möglichen Transformationsleistung fördert. Er findet sich kaum im Großen, sondern meistens vor Ort – im Kleinen, wo auch Netzwerke schon in kurzen Zeiträumen nachhaltig wirksam werden können. Dazu gehört auch die Allianz Industrie 4.0, ein vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg initiiertes und gefördertes Netzwerk, das gemeinsam mit Partnerorganisationen Kompetenzen aus Produktions- sowie Informations- und Kommunikationstechnik bündelt und den industriellen Mittelstand in Richtung Industrie 4.0 begleitet.
Die Netzwerkpartner sind zugleich ein Abbild jener „Träger“, die für SDG 11 (Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten) eine besondere Rolle spielen: Unternehmen, Einrichtungen der angewandten Forschung, Verbände, Kammern und Sozialpartner. Alle arbeiten daran, Baden-Württemberg als weltweit führende Region für Industrie 4.0-Technologien zu etablieren. Auch bwcon ist eine führende Wirtschaftsinitiative zur Förderung des Innovations- und Hightech-Standortes Baden-Württemberg und verbindet ca. 700 Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen mit insgesamt mehr als 6.000 Expertinnen und Experten.
Das bwcon-Netzwerk unterstützte auch die Mader GmbH & Co. KG, ein Spezialist für Druckluft und Pneumatik, bei seiner Transformation - von der traditionellen analogen Praxis zur disruptiven digitalen Innovation: Im Unternehmen waren bereits große Fortschritte in der internen Digitalisierung vorhanden, ebenso eine klare Vision für die Digitalisierung der Druckluftkette. Dennoch stellte die richtige Wahl der Cloud-Lösungen eine enorme Herausforderung dar. Deshalb organisierte bwcon einen Workshop, der dem Unternehmen ein fundiertes Verständnis für die Potenziale von Cloud-Lösungen vermittelte. Es folgte ein Matching-Prozess, bei dem Mader erfolgreich mit einem Technologie-Anbieter aus dem bwcon-Netzwerk zusammengeführt wurde. Zusätzlich unterstützte bwcon das Unternehmen bei der Suche nach Fördermitteln, wie die ESF Coachings BW und BMWi-Innovationsgutscheine (go Inno). Finanzielle Unterstützung kam vom Bundeswirtschaftsministerium beziehungsweise die L-Bank BW als Projektträger.
Einen Wendepunkt der Transformation markierte die Ausgründung von LOOXR. 2018 wurde die LOOXR GmbH gegründet und setzte die digitale Transformation mit einem innovativen, datengetriebenen Geschäftsmodellkonsequent fort. LOOXR ebnet Kunden einen Weg zu erheblichen Energie- und Betriebskosteneinsparungen. Durch das smarte, digitale Leckagemanagement-Tool, der Plattform Druckluft 4.0, der Prozessautomation LNC, sowie der A.Spare.Vision. Dies geschieht auf einem innovativen Pfad, der durchsmarte, transparente und effiziente Lösungen führt. LOOXR ermöglicht nicht nur erhebliche Einsparungen von bis zu 50 Prozent bei Energie- und Betriebskosten mittels digitaler Luft. Es beinhaltet auch das Management weiterer Industrietechnologien und die Entwicklung gebrandeter SaaS-Dienstleistungen. Als eigenständiges Unternehmen erweitert LOOXR das Angebot von Mader und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit beider Unternehmen.
Als “AirXperten” entwickelt und realisiert Mader ganzheitliche Konzepte für Kunden, die Nachhaltigkeit von Unternehmen transparent und vergleichbar machen. Die Digitalisierung der gesamten Prozesskette war unerlässlich, um den aktuellen Industrieanforderungen gerecht zu werden. Die symbiotische Beziehung bzw. nachhaltige Wechselwirkung zwischen Mader und seiner Tochtergesellschaft LOOXR zeigt sich als erfolgreicher Impulsgeber für Innovationen. LOOXR beeinflusst nicht nur das Geschäft vom Mutterunternehmen Mader positiv, sondern fungiert auch als zentraler Ansprechpartner bei Fragen zur Digitalisierung, die auf den Umwelt- und Klimaschutz einzahlt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert. Zugleich zeigt das Beispiel aber auch die urbane Innovationsfähigkeit aller Beteiligten, denn es wurden jene Innovationen erkannt und nutzbar gemacht, die nachhaltige Vorteile mit sich bringen und damit auch die Zukunftsfähigkeit und die Standortvorteile einer Region stärken.
Nachhaltige Innovationsstrategien und -ökosysteme: Wo stehen Unternehmen?
Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft: Einblicke und Ausblicke
Aus Mader wird LOOXR: Von der analogen zur digitalen Druckluft
Antriebskräfte der Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Innovation
Klimaneutralität und Ressourceneffizienz: Welche Rolle spielt Baden-Württemberg?
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.
Helen Landhäußer: Klimaneutralität durch Digitalisierung – von der Transformation analoger Technologien und GreenTech Unicorns. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.