Wie nachhaltig ist die Nutzpflanze Hanf?
Hanf gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt.
Sie soll schon 4000 vor Christus in asiatischen Ländern für die Herstellung von Kleidung und Öl verwendet worden sein. In der Landwirtschaft wird sie der Gattung der Faserpflanzen zugeordnet: Die Fasern werden aus den Stängeln der Pflanze gewonnen und zu unterschiedlichsten Produkten verarbeitet: Hanfseile, Baustoffe, Papier, Möbel oder Textilien. Schon in China wurden vor 12.000 Jahren die Vorteile der langen, reißfesten und widerstandsfähigen Hanffasern entdeckt, aus denen Textilien und Papier hergestellt wurde. Im 12. Jahrhundert beschäftigte sich die Mystikerin Hildegard von Bingen mit der Heilkraft dieser Pflanze. Im Jahr 1455 soll Gutenberg seine erste Bibel auf Hanf gedruckt haben. In späteren Zeiten wurde die Pflanze auf ihre berauschende Wirkung reduziert und im 19. Jahrhundert tabuisiert - bis zum vollständigen Verbot. Neue Maschinen unterstützten die Baumwollverarbeitung, und durch den Fortschritt der Pharmaindustrie verlor Cannabis bald auch seine medizinische Bedeutung. Die Baumwoll-Lobby und der US-amerikanische Marihuana-Tax-Act von 1937 führte zu ihrer Kriminalisierung. In Deutschland wurde die Pflanze durch eine Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes ab 1982 verboten. Erst 1996 wurde den Landwirten hier der Anbau von Nutzhanf wieder erlaubt - allerdings nur bestimmte, zugelassene Sorten und unter strengen Auflagen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Dieser Nutzhanf ist arm an Tetra-Hydro-Cannabinol (THC) und eignet sich deshalb nicht für die Weiterverarbeitung zu Drogen. Landwirte verweisen allerdings darauf, dass es schwer ist, zugelassenes Saatgut zu erhalten, denn häufig wird der THC-Grenzwert (<0,2%) überschritten. Auch ist die Qualität der in Deutschland nicht zugelassenen Textilhanf-Konkurrenz z. B. aus China besser. Hier wurde die Hanf-Produktion nie unterbrochen: Auch die Produkte des „Hanfhauses“ kommen von dort und sind nach dem „Global Organic Textile Standard“ (GOTS) für biologisch erzeugte Naturfasern zertifiziert. Die Hälfte des deutschen Bio-Hanfs stammt von Bio-Landwirten.
Die ökologischen Vorteile von Hanf:
• Die robuste Kulturpflanze gedeiht bei fast jedem Klima, ist fast überall anbaubar und wächst schnell.
• Anbau, Ernte und Verarbeitung kommen ohne schädliche Pestizide und Herbizide aus.
• Die Wurzeln der Pflanze sind sehr tief, so dass sie auch aus entfernten Bodenschichten Wasser holen kann.
• Sie schützt sich selbst gegen Schädlinge und kann die Böden regenerieren.
• Die Hanfpflanze ist gut geeignet für Fruchtfolgen und Humusbildung.
• Alles von der Pflanze - von den Samen über die Blätter bis hin zu den Stängeln - kann verwertet werden.
Biologische Felder weisen deutlich mehr Diversität und eine höhere Zahl von Insekten auf als konventionelle. Dies hat positive Auswirkungen auf den Vogelbestand und das Gleichgewicht der Natur. Ökologischer Hanf hat auch eine deutlich bessere Qualität und bringt höhere Erträge. Nachhaltig ist der Anbau allerdings nur dann, wenn vor Ort oder in der Nähe eine Anlage zur Verarbeitung bereitsteht, weil ansonsten viele umweltbelastende Kilometer zurückgelegt werden müssten.
Die Hanfpflanze ist sehr vielseitig einsetzbar.
Samen, Öl oder Tee aus Hanf gehören im Handel heute zu den Basics. Hinzu kommen Müslifrüchte, Limonaden Kekse, Schokoladen, Brotauftriche oder Pasta-Soßen. CBD ist eines von über 100 Cannabinioden der weiblichen Hanfpflanze und wird mit einer speziellen Extraktion aus der Blüte gewonnen. Mit Hilfe dieses Verfahrens wird das psychoaktive Delta-9-Tetrahypocannabinol (THC) abgespalten und reines (nicht psychoaktives) CBD gewonnen. Mit zusätzlichen akkreditierten und validierten THC Analyseverfahren wird nachgewiesen, dass kein THC-Gehalt mehr in den CBD-Produkten vorhanden ist. Ohne diesen Prozess gilt die Blüte der weiblichen Hanfpflanze als Betäubungsmittel, deren Konsum in Deutschland verboten ist.
CBD zum Einnehmen
CBD wird zunehmend auch als Nahrungsergänzungsmittel im gesundheitlichen Bereich eingesetzt, es soll schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken, Stress reduzieren, den Körper beruhigen und die Stärkung des Immunsystems unterstützen. Die Einnahme von CBD in Kapselform oder als Hanföl gilt als sicher. Die Öle werden durch ein spezielles Pressverfahren gewonnen, das sicherstellt, dass alle wichtigen Inhaltsstoffe erhalten bleiben.
Lebensmittel
Hanfsamen verfeinern viele Gerichte. Einige der Inhaltsstoffe sind Calcium, Magnesium, Eisen, Kalium, Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren. Sie können mit oder ohne Schale, roh, gekocht oder geröstet verzehrt werden. Auch Tee aus Hanf unterstützt die körperlichen Abwehrkräfte. Er hat eine beruhigende Wirkung bei Schlaflosigkeit und reguliert den Stoffwechsel.
Naturkosmetik
Hauptwirkstoff der meisten Hanf-Naturkosmetik-Produkte (Balsam, Venengel, Faltencremes, Hanföl) ist ebenfalls das CBD. Als fettliebende Substanz wird es über die Haut im Körper aufgenommen. Durch die äußerliche Anwendung kommen die entzündungshemmenden, antibakteriellen und schmerzlindernden Eigenschaften von CBD zur Geltung. CBD hemmt auch die Aktivität der talgbildenden Zellen in Talgdrüsen. Die natürlichen Hautbarrieren können wiederhergestellt werden. Durch die natürliche Regenerierung des Hautimmunsystems funktionieren Produkte mit CBD ebenfalls gut als Anti-Aging-Mittel (Quelle: memolife).
Hanftextilien
Kleidung aus Hanf gab es schon vor mehreren tausend Jahren: Hanffasern wurden aus den Stängeln der Pflanze gewonnen und daraus nachhaltige Stoffe hergestellt. Ebenso wie Leinen fühlen sich Stoffe aus Hanf kühlend auf der Haut an. Besonders für Allergiker ist das atmungsaktive Material geeignet, da keine Chemikalien verwendet werden. Hanftextilien sind eine umweltschonende Alternative zu konventioneller Baumwolle, denn ein Kilo Hanffasern benötigt nur etwa 300 bis 500 Liter Wasser und für denselben Ertrag nur halb so viel Fläche wie Baumwolle. Das Material ist langlebig und widerstandsfähig, antibakteriell, schmutzabweisend und viermal reißfester als Baumwolle. Textilien aus Hanffasern gewähren außerdem einen schnellen Feuchtigkeitstransport und sorgen für einen angenehmen Tragekomfort. Dank der natürlichen Unterbindung von Geruchsbildung müssen die Textilien nicht so oft gewaschen werden (dadurch wird auch Wasser eingespart). Baumwolle wächst im Gegensatz zu Hanf nur in einigen Regionen. Die Folge sind längere Transportwege und intensivere Bewässerung (gilt auch für Bio-Baumwolle). Dennoch sind Hanftextilien noch immer ein Nischenprodukt in der Bekleidungsindustrie, denn es fehlt an effizienten Techniken, um Hanffasern zu Garn zu verarbeiten. Im Internet finden sich einige Onlineshops, die ökologische Hanfprodukte verkaufen (z.B. memolife oder Avocadostore).
Weiterführende Informationen:
Die DNA der Natur nutzen: Warum die Textilbranche zunehmend auf nachhaltige Materialien setzt
Monika Herbst: Alle stürzen sich auf Hanf. In: SCHROT& KORN 3 (2020), S. 39-43.
Alexandra Hildebrandt: Gut in Mode: Wissenswertes über nachhaltige Bekleidung und Textilien. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Andrea Ritter: Hanf oder Baumwolle? In: stern (25.2.2021), S. 68.