© Pixabay

Wie nachhaltig sind Produkte rund ums Rad?

Wer sein Leben nachhaltig ausrichtet, wird leider häufig an 100 Prozent gemessen – aber es ist nicht möglich, hundertprozentig ökologisch zu leben. Wichtiger ist es anzufangen, und dort ökologisch zu handeln, wo es im eigenen Rahmen möglich ist.

Auch auf diese Weise kommt eine nachhaltige Gesellschaft „in die Gänge“. Das Fahrrad steht auch symbolisch dafür, denn das komplett nachhaltige Rad gibt es bislang noch nicht. Abgesehen von wenigen Ausnahmen findet die Entwicklung und Endfertigung von Fahrrädern zwar in Deutschland statt – doch stammen Rahmen, Bremsen oder Schaltung fast immer aus Ländern wie Taiwan oder Japan. In der Regel umrunden die Materialien bereits mehrfach unseren Planeten, bevor sie im Werk zusammengesetzt werden. Dennoch ist das Fahrrad ein nachhaltiges Verkehrsmittel – gerade dann, wenn es ein Auto ersetzt.

Wenn es um Nachhaltigkeitsaspekte rund ums Rad geht, ist es empfehlenswert, sich an höchstmöglichen Standards zu orientieren, die an ökologische Produkte angelegt werden. „Relevant sind Aspekte wie verwendete Materialien, ressourceneffiziente Herstellung, sparsame recyclingfähige Verpackung, möglichst geringe gesundheitliche Belastung des Benutzers während des Gebrauchs, Energieeffizienz sowie die Recyclingfähigkeit bzw. problemlose Rückführung des Produktes in natürliche Kreisläufe“, sagt Claudia Silber, die beim Ökoversender memo die Unternehmenskommunikation leitet. Im Folgenden wird ein Überblick darüber gegeben, welche nachhaltigen Angebote und Hersteller es im Radbereich gibt – und was sich von ihren Produkten erwarten lässt.

Fahrradbekleidung

Der Niederländer AGU, der seit mehr als 50 Jahren im Bereich Fahrradbekleidung tätig ist, legt besonderen Wert auf eine ethische Produktion in Heimatnähe, um für den Transport so wenig CO2 wie möglich auszustoßen. Das eigene Greensphere-Label gewährleistet, dass umweltfreundliche Materialien wie recyceltes Polyester und organische Baumwolle zum Einsatz kommen.

Endura verzichtet vollständig auf den Kunststoff PTFE. Auch PFC hat Endura seit 2018 komplett aus ihren Produkten verbannt und übertrifft damit sogar die gesetzlichen Umweltanforderungen in den meisten Ländern. Für das Recycling wurden außerdem alle Laminat- und Glanzlacke von Verpackungen und Etiketten entfernt. Es werden jährlich eine Million Bäume gepflanzt, um den eigenen CO²-Fußabdruck komplett zu beseitigen.

Icebreaker bietet funktionale Outdoor-Bekleidung aus Merinowolle an. Damit auch die Schafzüchter vom ökologischen und sozialen Engagement des Unternehmens profitieren, werden langfristige Verträge abgeschlossen.

Isadore bietet eine große Auswahl an Kleidung aus recycelten Materialien und setzt dabei in vielen Produkten auf Merinowolle. Für die Herstellung wird auf lokale Partner aus Europa gesetzt. Auch werden alle Produkten nach OEKO-TEX und bluedesign-Standards produziert. Um Verpackungsmüll zu reduzieren, wird ein Trikot-Abonnement-Service angeboten. Alle Verpackungen sind biologisch abbaubar).

Local Outerwear setzt seit seiner Gründung im Jahr 2010 auf eine nachhaltige und faire Herstellung von Fahrradbekleidung. Es wird ausschließlich in Deutschland, Italien oder Portugal produziert. Die Stoffe stammen neben Spanien und Schweden ausschließlich aus den Produktionsländern. Die Bike-Ausrüstung wird klimaneutral mit DHL versandt.

Schöffel ist seit 2011 Mitglied der Fair Wear Foundation (FWF), die sich weltweit das Ziel gesetzt hat, bei ihren Partnern faire Produktionsbedingungen zu gewährleisten (neben Europa produziert das Unternehmen auch in Asien und Afrika). Alle Produkte sind frei von PFC und werden klimaneutral unter Verwendung 100% recycelter oder recycelbarer Materialien versendet. Um diese Entwicklung einer umweltfreundlichen Paketzustellung noch weiterzuverfolgen, engagiert sich Schöffel mit dem Projekt „VerPlaPos“ für die Beobachtung von Verbraucherreaktionen bei Plastik und dessen Vermeidungsmöglichkeiten im Verkauf. Auch recycelte PET-Flaschen und aus den Anfällen eines Kaffeesatzes produziert das Unternehmen im technischen Faserverbund Stoffe, die später als Grundlage für deine nachhaltige Fahrradbekleidung dienen.

Mit dem eigenen Nachhaltigkeitslabel Green Shape kontrolliert der Outdoorausrüster VAUDE die Materialien für die spätere Fahrradbekleidung auf Umweltfreundlichkeit und bedenkliche Substanzen. Verstärkt setzt das Unternehmen, das ebenfalls Mitglied der FWF ist, auf Hanf und Bio-Baumwolle. Green Shape ist außerdem durch den Grünen Knopf, dem staatlichen Siegel für nachhaltige Produktion, faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen, zertifiziert. Bei den Produkten setzt die Marke verstärkt auf Recycling- und Naturmaterialien als Alternative zu erdölbasiertem Material, das Umwelt und Klima schont. Ziel des Unternehmens ist es, bis 2024 Produkte klimaneutral herzustellen. Produziert wird nur unter Berücksichtigung strengster Anforderungen im eigenen Unternehmen oder aber in zertifizierten Produktionsstätten, die sich im baden-württembergischen Tettnang und in Bim Son/Vietnam befinden. Zudem wird mit sorgfältig ausgewählten Lieferanten in Asien und Europa zusammengearbeitet.

Fahrradhelme

In Deutschland gibt es zwar keine Helmpflicht, doch ist unbestritten, dass Fahrradhelme Kopfverletzungen bei Stürzen und Unfällen verhindern. Alle Helme, die hier zugelassen sind, müssen hohe Sicherheitsstandards erfüllen, bevor sie auf den Markt kommen. Nachhaltige Helm-Alternativen sind allerdings schwer zu finden. Das Problem am herkömmlichen Helm ist das Styropor – es wird sehr energieintensiv hergestellt und lässt sich nicht zersetzen oder abbauen. Häufig sind sie aus Kunststoff und haben Plastikvisiere. In Schweden wurden schon nachhaltige Alternativen entwickelt: ein Helm aus natürlichen Rohstoffen, wie Holz, Zellulose-Schaum und Papier oder der Airbag Fahrradhelm Hövding. Der Holzhelm von Cellutech ist mit abbaubaren Zellulose-Schaum gefüttert. Er ist jedoch noch nicht auf dem Markt erhältlich.

Auch in den USA wurden Alternativen entwickelt. Das Start-up Coyle Tree Pieces stellt beispielsweise Helme aus Holzabfällen her und polstert diese mit Kork. Allerdings haben diese Helme einen langen Transportweg nach Europa. Eine weitere Alternative aus New York ist der faltbare Helm Eco Helmet aus Papier, der komplett recyclebar ist. Die Helme von Urge, einem französischen Unternehmen, bestehen ebenfalls aus recyceltem Materail. Produziert werden sie in China, allerdings ohne gesundheitsschädliches Carbon.

Fahrradrahmen

Konventionelle Fahrradrahmen werden zum größten Teil in Asien hergestellt. Ein Rahmen legt hierbei mit dem Flugzeug oder dem Schiff einen Weg von mehr als 15.000 km zurück. Die Verwendung des ursprünglichen Werkstoffs Stahl begünstigt vor allem die Materialrückführung, da sich dieser gegenüber Carbon und Aluminium deutlich besser verarbeiten, reparieren und verwerten lässt. Im Schadensfall kann Stahl als Wertstoff eingeschmolzen werden und erneut verwendet werden. Viele Fahrradunternehmen versuchen dadurch den Produktlebenszyklus zu schließen.

Fahrradschläuche

Schwalbe produziert hochwertige, lange haltbare Fahrradschläuche aus 100 % recycelbaren Materialien und verfolgt den Ansatz eines nachhaltigen Produktdesigns von der Entwicklung bis zur Entsorgung. Das Unternehmen engagiert sich seit vielen Jahren in diversen gemeinnützigen Projekten, darunter FAIR RUBBER Produkte, fair gehandelter Kautschuk, für den das Unternehmen pro Kilo einen Aufpreis zahlt, mit dem die Lebensbedingungen von Kleinbauern und deren Familien verbessert werden. Der GREEN COMPUND Laufflächen-Gummi mit Polymeren garantiert zudem eine Verwendung ausschließlich nachwachsender und recycelbarer Rohstoffe.

Fahrradtaschen (und ihre Geschichten)

Hartmut Ortlieb, der Anfang der achtziger Jahre in Irland mit dem Rad unterwegs war, fragte sich, warum es keine wasserdichten Radtaschen gibt, denn die Ware in Lastkraftwagen wird ja auch nicht nass. So nähte er auf der Nähmaschine seiner Mutter sein erstes Paar Satteltaschen aus Lkw-Plane. Kletterfreunde aus Franken erfuhren davon und meldeten ebenfalls Bedarf an. 1982 fertigte er in Nürnberg eine Kleinserie. So entstand die Firma Ortlieb. Das Prinzip wasserdicht ist bis heute geblieben - verändert hat sich das Befestigungssystem. Die Radtaschen der neuesten Generation "Plus" lassen sich ohne Werkzeug auf den Gepäckträger eines Rades anpassen. Produziert wird nach wie vor in Deutschland, der Firmensitz liegt in Heilsbronn. Auch in den USA ist Ortlieb mittlerweile vertreten.

Die Firmengeschichte der Marke CHROME reicht bis ins Jahr 1995 zurück: Damals trafen in Boulder/Colorado Fahrradkuriere, Skater und Surfer in einer Garage zusammen, organisierten sich eine alte Juki-Nähmaschine, Lkw-Planen sowie reißfestes Nylon und besorgten sich ausgediente Autosicherheitsgurte vom Schrottplatz. Es gab auf dem Markt keine Kuriertaschen, die ihren Ansprüchen nach Unverwüstlichkeit, Funktionalität, verlässlichem Sitz und lässigem Look erfüllten. Und so kreierten sie ihre eigenen Bags. Die Nachfrage stieg, und Chrome Industries wurde gegründet. Aus dieser Zeit stammt auch das heutige Markenkennzeichen: der kultige Buckle-Steckverschluss mit dem markanten Logo. Die Wurzeln des Unternehmens liegen im Fahrradkurier-Bereich. Inzwischen stellt es Taschen, Textilien und Schuhe her. Die meisten Produkte werden jedoch in Fernost hergestellt. Bei den Bags werden je nach Einsatzgebiet unterschiedlichste Stoffe verwendet – von widerstandsfähigem Nylon, Polyester, Cordura und TPE Tarp (Lkw-Plane) bis hin zu BLCKCHRM 22X-Nylon. Das Thema Nachhaltigkeit zeigt sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Auswahl der weltweiten Fertigungs- und Logistikpartner, Verwendung von recycelten Materialien etc.). Eines der wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien ist die Langlebigkeit eines Produkts und dessen Qualität.

Das 2018 gegründete Düsseldorfer Start-up Valkental produziert E-Bike-Rucksäcke. Die wasserdichte und schmutzfeste Außenhülle ist aus umweltfreundlichem TPU-Material hergestellt – klimafreundlich und recyclebar. Nachhaltige Fahrradtaschen, beispielsweise aus PVC-freiem Planenmaterial, bietet auch FAHRER Berlin (aus recycelten Materialien wie Lkw-Planen) oder der Outdoor-Spezialist VAUDE an, wo sie klimaneutral in Deutschland hergestellt werden. Die Radtaschen-Linie „Aqua“ ist ein erfolgreiche VAUDE Klassiker „Made in Germany“. Sie sind aus robustem, PVC-freiem, wasserdichtem Planen-Material. Unter dem Motto „Obereisenbach lässt grüssen“ produziert VAUDE seit Sommer 2017 auch die Radtaschenkollektion „Comyou“ in der neuen Manufaktur.

Fahrrad-Wandhalterungen

Bei der nachhaltigen Herstellung von Fahrradhalterungen werden nur Materialien aus der Natur entnommen werden, die auch wieder zurückgegeben werden können. Ausgewählte Anbieter sind unten aufgeführt.

Routenplaner und Rad-Computer

Die Funktionen von modernen Routenplanern gehen längst über die eigentliche Funktion eines reinen Navigations-Tools hinaus. Die Funktionen der Navigations-Apps werden ständig erweitert. Dazu gehören beispielsweise die App Komoot, Bikemap, die Offline-Karten bietet, mit denen man auch ohne eine mobile Datenverbindung an ein Ziel navigieren lassen kann oder die App Naviki. Mit Radbonus lassen sich auch Punkte sammeln, die für geradelte Kilometer bei nachhaltigen und grünen Shops gegen Prämien eingetauscht werden können. Die App Zeopoxa wurde vor allem für sehr ambitionierte Rad-Sportler entwickelt. Der Strava-Routenplaner ist ein Analyse-Tool (z. B. Überprüfung der relativen Leistung während des Fahrradfahrens). GPS Radcomputer bilden eine Alternative zwischen Fahrrad-Navis und gewöhnlichen Tachometern, die Funktionalitäten beider Geräte kombinieren. Sie lassen sich mit Fitness-Apps und Sensoren verbinden und zeichnen gefahrene Strecken zur späteren Auswertung auf. Vor allem für Mountainbiker und Rennradler sind GPS Radcomputer nützlich.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

Artikelsammlung ansehen