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Wie steht es mit der Nachhaltigkeit bei Fahrradmarken?

Starke Marken, die neben klaren Botschaften auch eine nachhaltige Substanz haben, stiften Sinn, markieren Bereiche, ziehen Grenzlinien.

An ihnen scheidet sich nicht nur das Gewöhnliche vom Ungewöhnlichen, sondern auch das Vertrauenswürdige und Qualitative vom Marktschreierischen und Umsatzgetriebenen. Wo beides fehlt, wird Sinnvermittlung dort simuliert, wo nichts ist außer einer werblichen Botschaft und dem Preis. Nachhaltige Marken, die unter akzeptablen Umweltschutz- und Sozialbedingungen produziert werden, sind zugleich jüngere Ableitungen alter menschlicher Werte wie Verlässlichkeit, Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Solidität und Sicherheit. Deshalb sind sie auch in rezessiven Phasen standhafter, denn die Kunden halten ihnen die Treue. Zugleich bleiben sich selbst treu, ohne sich dem Zeitgeist und den veränderten Ansprüchen der Konsumenten zu verweigern.

Auch wenn es ernüchternd klingen mag, dass es DAS nachhaltige Fahrrad noch nicht gibt, so stimmt doch die Tatsache hoffnungsvoll, dass das Fahrrad per se ein nachhaltiges Verkehrsmittel ist. Nachfolgend werden einige gute Ansätze beispielhaft vorgestellt: Der US-Hersteller Trek bezeichnet sich mit Giant als „größten Hersteller der Welt“. Die DDR-Traditionsmarke Diamant, die zum Unternehmen gehört, wird wie alle Trek-Fahrräder in Taiwan produziert. Trek unterstützt „World Bicycle Relief“. Die internationale Hilfsorganisation hat die Vision, dass Entfernungen kein Hindernis mehr sein sollen, um die Schule zu erreichen, Kranke zu versorgen, einer Arbeit nachzugehen und Geschäfte voranzutreiben. Durch Spenden finanziert, wird das sogenannte Buffalo-Fahrrad von der Organisation hergestellt und verteilt. So werden Menschen in Afrika mobil. Specialized versucht nach eigenen Angaben (The Big S auf der Homepage), einen kleinstmöglichen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. World Bicycle Relief wird ebenfalls unterstützt. Cannondale gehört zu den größten Fahrradherstellern der Welt und ist seit 2008 Teil des kanadischen Dorel-Konzerns. Dorel orientiert sich an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit. Auf die Rahmen gibt Cannondale eine lebenslange Garantie.

Utopia Velo hat seinen Sitz im Saarland, wo auch produziert wird. Die Rahmen kommen aus den Niederlanden. Die Modelle eignen sich für große und schwere Personen bis 200 kg. Angeboten wird auch eine eigene Gebrauchtwagenbörse. Patria produziert in Leopoldshöhe alles aus einer Hand. Auch E-Bikes und Lastenfahrräder werden hier gebaut. Über einen Konfigurator kann das eigene Wunschrad zusammengestellt werden. Das 2017 gegründete Bike Start-Up Urwahn baut ökologische E-Bikes mit einem puristischen Design, die zudem technologisch hochwertig und regional gefertigt werden. Der Rahmen ist aus 3D-gedruckten Verbindungselementen aus Stahl und tiefgezogenen CrMo-Stahlrohren zusammensetzt. Durch den 3D-Druck können rasch Änderungen vorgenommen werden. Dieses Vorgehen ermöglicht auch Einzel- und Maßanfertigungen. Im Vergleich zu konventionellen Verfahren ist dies auch ressourcenschonender. Es entsteht fast kein Ausschuss. Zudem gibt es keine Lieferengpässe, weil die Produktion des Stahlrahmens vollständig in Deutschland erfolgt. Auch wird eine Vielzahl der Premiumkomponenten von deutschen Herstellern bezogen.

2009 wurde die Marke mika amaro in Köln gegründet. Das Ziel des Unternehmens sind qualitativ hochwertige Urban Bikes mit einem klaren Design. Im Gegensatz zu Aluminium oder Carbon wird auf hochwertigen Stahl gesetzt. Er benötigt in der Gewinnung und Herstellung deutlich weniger Energie als Aluminium, auch sind die direkten Umweltauswirkungen geringer. Zudem sind in der Regel Stahlrahmen deutlich haltbarer, weil sie durch ihre bessere Elastizität weniger leicht Schaden nehmen. Die Rahmen mit einem dünnen Rohrdurchmesser gesetzt. Dieser kombiniert mit dem wartungsfreien Riemenantrieb die Vision des Unternehmens von schönen, hochwertigen und innovativen Stadträdern.

Das deutsche Unternehmen my Boo GmbH fertigt mit seinem Partner Yonso Project, einem sozialen Projekt in Ghana, Fahrräder mit Rahmen aus Bambus an. Dieser ist so stabil wie Stahl, so leicht wie Aluminium und komfortabel wie Carbon. Bambus wird nach dem Schlagen über mehrere Monate aufwändig getrocknet, damit er fest und widerstandsfähig wird. Danach folgt die Auswahl. Nur die geeignetsten Stangen werden für den Bau verwendet. Die Bambusrohre werden so präpariert, dass sie perfekt in die Einspannvorrichtung passen. Mit Hilfe von Harz werden sie an den Aluminiumkomponenten fixiert. Nach dem Austrocknen sind die Verbindungen sehr stabil. Die Hanf-Verbindungsstücke tragen zur Steifigkeit bei. Zum Schluss folgt der aufwendige Abschliff per Hand, damit auch die Optik stimmt. Die Einzelteile werden am Kieler Standort zu einem voll funktionsfähigen Fahrrad zusammengesetzt. Auch Lackierung und Prüfung der Bambusrahmen erfolgen in Deutschland (Quelle: memolife). Jedes Fahrrad ist ein Unikat. Die Kosten liegen zwischen 1800 und 3800 Euro.

Das my Boo Bambusfahrrad "my Pra EQ" ist ein Cityrad mit komfortabler Geometrie und Sitzposition (Nexus 7-Gang Nabenschaltung). Das Bambusfahrrad "my Daka" hat eine sportliche Shimano SLX 11-Gang Kettenschaltung mit MTB-Übersetzung. Das "my Volta" ist das erste E-Bike aus Bambus. Es hat einen integrierten Mittelmotor, der den Fahrer kraftvoll und leise unterstützt. Selbst starke Steigungen sind so kein Hindernis mehr. Durch den tiefsitzenden Mittelmotor hat das Fahrrad einen optimalen Schwerpunkt. Mit dem leistungsstarken Akku kann eine Strecke von bis zu 120 km zurückgelegt werden. Das Bambusfahrrad ist nach allen EN-Normen geprüft - auch für Pedelecs, die den Radfahrer mit einem Elektromotor unterstützen. Mit regenerativem Strom betrieben fahren sie leise, bequem und schadstofffrei. Das elektrisch betriebene Fahrzeug ordnet sich durch die systembedingt begrenzte Reichweite in das Gesamtangebot ein. Pedelecs machen etwa 95 Prozent aller verkauften Elektroräder aus. Mit den Erlösen ermöglich My Boo in Ghana Kindern den Zugang zu Bildung auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben (Quelle: memolife).

Die Manufaktur My Esel aus Österreich fertigt Fahrräder, die einen Rahmen aus Birken-, Eschen- und Nussbaumholz haben. Auch E-Bikes (E-Esel) werden in sechs verschiedenen Ausführungen angeboten: als City-Rad, E-Tour, E-Tour Komfort, E-Cross, E-Cross und Comfort Mountain-Bike. 18 Jahre war My-Esel-Mitgründer Heinz Mayrhofer Produktentwickler bei Fischer Ski, dem Weltmarktführer im nordischen Skisport und einem der größten Skihersteller der Welt. Dank einer eigens entwickelten 4-Fachversieglung sind die My Esel Rahmen zu 100 % wetterfest und verlieren nicht an Steifigkeit. Die anschließende Grundierungsbeschichtung sorgt für eine UV-Beständigkeit und sehr gute Nasshaftung. Im letzten Arbeitsschritt wird das Rad mit einer Schicht vergilbungsfreiem Lack besprüht. Diese Schicht weist nach Herstellerangaben eine Witterungs- und UV-Beständigkeit, hohe Kratzfestigkeit, hohe Blockfestigkeit und eine hohe Chemikalienbeständigkeit auf. Die Verbindungsstellen beim E-Bike aus Holz sind aus Alu oder Carbon. Gegen Aufpreis wird der E-Esel auf Wunsch auch maßgefertigt. Die Reichweite beträgt bis zu 110 Kilometer.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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