Winterblues adé: So bringen Sie ihr Team motiviert durch die dunkle Jahreszeit
Das triste Wetter im Winter wirkt sich oft auf die eigene Stimmung aus – nun folgt auch noch die Zeitumstellung. Wie Sie dem Winterblues den Kampf ansagen.
Die Tage werden kürzer und grauer. Es ist stockdunkel, wenn Sie sich auf den Weg zur Arbeit machen – und rabenschwarz wenn Sie in den Feierabend gehen. Mit den sinkenden Temperaturen sinkt auch die Stimmung vieler Menschen. Gleichzeitig fehlt die Motivation, kurz vor Jahresende weiterhin Leistung im Job zu zeigen.
Um sich aus dem Tief zu holen, nutzt Kay Kevin Walzel die wenigen sonnigen Tage aus: „Wenn die Sonne scheint, gehe ich raus und versuche Vitamin D zu tanken. Das ist wichtig, um meine Akkus für den Endspurt aufzuladen.“
Walzel ist Teamleiter im Familienunternehmen Böllhoff. Die Firma ist auf Dienstleistungen für Verbindungselemente spezialisiert. Er weiß, dass es nicht immer leicht ist, bei tristem Wetter motiviert zu bleiben. Doch er sieht das Jahresende als persönliches Ziel an, das er erfolgreich abschließen will. So bleibt er motiviert.
Doch jeder habe mal einen schlechten Tag – auch er selbst, gibt er zu. Das ist normal. Trotzdem wolle er seinen Mitarbeitenden ein Vorbild sein und sich nicht verstellen. „Es bringt nichts, wenn ich nicht authentisch bin“, sagt Walzel. Er brennt für seinen Job und weiß deshalb, wie er seinen Team Freude an der Arbeit vermittelt – ohne das würde es nicht gehen.
Zum Jahresende kommen mehrere Faktoren zusammen, die die Stimmung trüben können. Der Tag-Nacht-Rhythmus kommt im Winter durcheinander. Der Körper schüttet durch die längeren Dunkelheitsphasen vermehrt das Schlafhormon Melatonin aus – gleichzeitig produziert der Körper weniger vom Glückshormon Serotonin. Das Zusammenspiel kann dazu führen, dass man sich antriebslos und müde fühlt. Außerdem ist die Intensität der Sonnenstrahlung zwischen Oktober und März geringer.
Dadurch wird weniger Vitamin ausgeschüttet. Ein Vitamin-D-Mangel kann die Stimmung in der kalten Jahreszeit zusätzlich drücken.
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Die unterschiedlichen Typen eines Teams
Der Teamkäpitän: Er übernimmt gerne die Vorbildfunktion, hält das Team zusammen und spornt die anderen an. Außerdem spricht er Bedenken an und präsentiert Lösungen für Probleme. Um ihn zu motivieren, kann der Chef ihm zusätzliche Verantwortung übertragen – sowohl hinsichtlich inhaltlicher Entscheidungen als auch beim Führen der restlichen Mannschaft. Sich immer wieder neu zu beweisen, ist seine zentrale Motivation.
**Der Top-Performer:**Er kann ständig Höchstleistungen abrufen, liebt Herausforderungen und reagiert schnell auf neue Anforderungen – auch unter Druck. Der Top-Performer erwartet regelmäßige Belohnungen für Erfolge. Diese können sowohl materieller Natur sein, aber auch Lob und Aufstiegschancen motivieren ihn.
**Der Schiedsrichter:**Er ist neutral und fair gegenüber allen Beteiligten, egal ob Kollegen, Kunden oder Lieferanten. Er hat die Gabe Emotionen und Fakten zu trennen. Dieser Typ fühlt sich besonders in Abteilungen beziehungsweise Betrieben wohl, die ihr Handeln an Unternehmenswerten ausrichten. Auch ihn motiviert eine gewisse Entscheidungsfreiheit, allerdings braucht er Richtlinien, an denen er sich orientieren kann.
**Der Profi:**Er ist ein langjähriger Mitarbeiter, auf dessen Leistung man sich verlassen kann. Außerdem teilt er sein Wissen gerne, bringt so das gesamte Team voran. Auch der Profi will durch neue Aufgaben gefordert und gefördert werden. Motivieren Sie ihn, in dem Sie ihn als Mentor für neue Mitarbeiter oder Verbindungsmann zwischen verschiedenen Abteilungen einsetzen. Das zeigt, wie sehr Sie seine Erfahrung schätzen.
Der Neuzugang: Die meisten Neuen wollen schnell lernen und sich im Team einfügen. Sie bringen neue Ideen und wertvolles Wissen mit. Mit einem Einarbeitungsplan könnte der Vorgesetzte den Neuankömmling motivieren. Seine Rolle sollte darin ebenso geklärt werden, wie die übergeordneten Geschäftsziele. Regelmäßiges Feedback sind besonders für die Neuen wichtig.
Stress verstärkt die schlechte Stimmung im Büro
Neben den äußerlichen Einflüssen kann sich in den letzten Wochen des Jahres zusätzlich das Stresslevel erhöhen. Denn statt Besinnlichkeit stehen knappe Deadlines, spontane Aufgaben, Gehaltsverhandlungen und wichtige Abgabetermine auf der Agenda. Tim Reichel, Experte für Zeitmanagement, nennt es eine „Arbeitslawine“, die zum Jahresende auf Angestellte zurollt.
„Die einzelnen Faktoren verstärken sich gegenseitig. Durch eine schlechte Stimmung im Büro verstärkt sich der Stress und der Stress verschlechtert die Stimmung im Team“, beschreibt Reichel das Jahresendtief im Job.
Statt einer To-Do-Liste mit großen Aufgaben, gliedere ich die großen Aufgaben in kleine Schritte.Tim Reichel, Experte für Zeitmanagement
Für Führungskräfte bedeutet die dunkle Jahreszeit also doppelte Arbeit: Sie müssen nicht nur sich selbst motivieren, sondern auch ihre Mitarbeitenden zu Leistung anspornen. Doch wie schaffen es Chefs, das Team und sich selbst aus dem Winterblues zu holen?
Bevor Führungskräfte ihre Teammitglieder motivieren können, müssen sie bei sich selbst anfangen. Zeitmanagement-Experte Reichel setzt dabei auf kleine Erfolge und empfiehlt: „Statt einer To-Do-Liste mit großen Aufgaben, gliedere ich die großen Aufgaben in kleine Schritte. Die Liste wirkt dann vielleicht länger, aber man kann schneller etwas abhaken.“ Statt des Eintrags „Präsentation erstellen“ stehen also Aufgaben wie Struktur, Einleitung und Fazit auf dem Plan. Fortschritte werden schneller sichtbar und bringen Erfolgserlebnisse mit sich.
Statt die To-Do-Liste zu schreiben, sollte die Führungskraft dies bereits als letzte Amtshandlung am Vortag machen. So weiß sie, was auf sie zu kommt und spart sich am Morgen Zeit.
Die Konjunkturzyklen der Motivation
Mit der Motivation ist es wie mit dem Konjunkturzyklus: Es gibt Höhen und Tiefen. Nach intensiven Projektphasen kann es zu Motivationsrezessionen kommen. Auch für Tobias Nehren gleicht die Motivation einem ständigen Auf und Ab. Der Gründer und Geschäftsführer der Strategieberatung areto8 war schon in verschiedenen Führungspositionen tätig und hat Teams in verschiedenen Größen geführt.
Vor allem zum Jahresende sei ihm ein Motivationsgefälle aufgefallen: „Ab dem 15. Dezember geht die Energie herunter. Das hängt damit zusammen, dass viele Ansprechpartner bereits im Urlaub sind und der Kopf schon bei den Feiertagen.“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie der Engagement-Plattform Workday Peakon Employee Voice. Dort gaben 53 Prozent der Befragten an, dass sie in der Vorweihnachtszeit unproduktiver sind und bis zum 16. Dezember sich bereits gedanklich in den Urlaub verabschiedet haben. Für die Umfrage wurden 8000 Angestellte in Deutschland befragt.
Dass es mal zu einer Tiefphase, kommt sieht Nehren nicht als problematisch an. Wichtig sei es, diese Zeit vernünftig zu nutzen. Führungskräfte sollten sich beispielsweise zusammensetzen und über die Strategie sprechen. Ist sie so sinnvoll? Was läuft gut? Was schlecht? Zudem habe er über die Jahre gelernt, dass feste Strukturen gegen den Winterblues helfen könnten. „Ein morgendliches Meeting, in dem man aktuelle und kommende Aufgaben abgleicht, kann sehr helfen,“ findet Nehren.
„Menschen dürfen auch mal einen Scheißtag haben“
Gebe es mal einen ruhigen Tag, spreche auch nichts dagegen, seine Mitarbeitenden früher in den Feierabend zu schicken, um damit die Motivation wieder anzukurbeln. Zudem glaubt Nehren an einen Zweiklang aus klaren Anforderungen für Ergebnisse und wann diese zu liefern sind und zugleich Rücksicht, weil „Menschen auch mal einen Scheißtag haben dürfen.“ Wichtig sei es, das zu akzeptieren und sich direkt mit seinem Team auseinanderzusetzen.
„Ein gutes Miteinander im Team ist das wichtigste“, sagt Lukas Hosch. Er ist Führungskraft bei dem Personalberatung LHH. Das Unternehmen unterstützt Firmen bei der Besetzung von Schlüsselpositionen und dem strategischen Aufbau von Teams. Hosch selbst sind drei Teams mit insgesamt elf Mitarbeitenden unterstellt. Mehrere Jahre lang spielte er Handball. Dadurch habe er vieles gelernt, was seinen Führungsstil heute unterstützt. Allen voran, wie man den Teamgeist stärkt.
Sein Motivationslevel sei weniger an die Jahreszeit gekoppelt. „Wenn ich einen schlechten Tag habe, kann ich es gut verstecken. Wenn es dann doch mal aufkommt, fragen mich meine Mitarbeitenden danach und eben auch andersrum“, sagt er.
Um sein Team zu motivieren, führt Hosch wöchentlich Einzelgespräche mit seinen Teammitgliedern. 30 Minuten nimmt er sich für jedes Gespräch Zeit. Alle vier Wochen gehen die Gespräche sogar eine Stunde. Dabei geht es nicht darum die Zwischenstände von Projekten zu überprüfen, sondern um zu erfahren, wie es ihnen geht. Je nach Person fallen die Gespräche unterschiedlich aus. Dennoch gehe es auch oft um Persönliches.
Hosch selbst habe eine hohe intrinsische Motivation. Dass das nicht bei jedem so ist, musste er erstmal verstehen. „Ich bin eher ein rationaler Mensch. Nur weil ich keine Motivation von außen brauche, heißt es nicht, dass alle im Team so ticken.“
Allgemein sei sein Schlüssel für eine gute Führung Verständnis. Gerade zum Jahresende hin werden die Kapazitäten knapp. Der Urlaub ist bei einigen Angestellten Monate her oder die regnerischen Tage drücken die Stimmung. „Die verringerte Motivation ist dann eine völlig normale Reaktion“, sagt er.
Persönlicher Austausch als Motivation
Mit dem regelmäßigen persönlichen Austausch schlägt Hosch einen vorbildlichen Weg ein. Denn mit der guten Kommunikation baut er Nähe zu seinen Mitarbeitenden auf. Er kann ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie bei Fragen und Bedenken zu ihm kommen können. Zudem kann er die Gespräche zum Jahresende nutzen, um das Jahr Revue passieren lassen. Statt neue Ziele zu definieren, soll dann darauf geschaut werden, was gut lief und wo es noch hakt.
Es gibt viele Hebel, die Führungskräfte umlegen können, um ihr Team anzuspornen. Das weiß auch Gina Tiede, spezialisierte Personalberaterin für Führungskräfte bei LHH. So sei es besonders wichtig, im Jahresendspurt extra Druck und Stress zu vermeiden. „In den letzten oft stressigen Wochen sollten sich Führungskräfte aktiv vor das Team stellen und priorisieren, welche Aufgaben und To-Dos auch wirklich noch bis Jahresende erledigt werden müssen“, rät sie.
Zudem sei es wichtig den Fokus auch mal auf das Positive zu lenken und die geleistete Arbeit wertzuschätzen. Statt auf schlechte Zahlen oder ein schlecht gelaufenes Projekt zu schauen, sollte vielmehr auf die erreichten Ziele geblickt werden.
Die Adventszeit gilt als Zeit der Besinnung. Sie kann genutzt werden, um etwas an die Belegschaft zurückzugeben. Doch was wünschen sich die Mitarbeitenden?
In der Umfrage von Workday Peakon Employee Voice zeigt sich, dass die Angestellten in Deutschland ganz spezielle Vorstellung von einer Motivationsspritze haben. 52 Prozent von den Befragten wünschen sich, wenn sie zu Weihnachten einen Wunsch freihätten, eine Gehaltserhöhung. Ein zusätzlicher Urlaubstag folgt an zweiter Stelle. Punkte, die nur bedingt umsetzbar sind.
Geld ist oft nur eine kurzfristige Motivation. Viel wichtiger sei Ausrichtung auf eine Vision für das Team an der sich alle orientieren können, findet Tobias Nehren. „Meine Aufgabe als Führungskraft ist es, den Menschen einen Sinn in ihrer Arbeit zu geben.“ Die Mitarbeiten fänden nur Antrieb, wenn sie wüssten, warum sie etwas tun. Deshalb rät Personalberaterin Tiede: „Es ist wichtig den Mitarbeitenden für das kommende Jahr eine klare Vision mitzugeben und ein gemeinschaftliches Verständnis zu schaffen, von dem, was man gemeinsam erreichen möchte.“
Welche Ziele strebt das Unternehmen im kommenden Jahr an? Welchen Teil kann das Team dazu beitragen? Und welchen Anteil haben die einzelnen Teammitglieder? Fragen, die bereits im Vorjahr geklärt werden sollten. „Wenn die Mitarbeitenden dann in den Urlaub gehen, haben sie eine klare Vorstellung davon, wohin die Reise in den bevorstehenden Monaten geht“, erklärt Tiede.
Das Jahresende dient auch dazu, das Wir-Gefühl im Team zu stärken. Events wie ein gemeinsamer Weihnachtsmarktbesuch nach der Arbeit oder ein gemeinsamer Feierabend-Glühwein können dem Team ebenfalls einen Motivationsschub verleihen.
Weihnachstfeier auf der Kartbahn
Das weiß auch Kay Kevin Walzel. Er lässt sein Team mitentscheiden, was sie zu ihrer Weihnachtsfeier veranstalten wollen. Im vergangenen Jahr ging es statt ins Restaurant oder in die Kneipe auf die Kartbahn. „Das Event war ein Erfolg. Die Jungs haben noch Tage später darüber gesprochen“, erinnert sich Walzel.
Und noch eine weitere Tradition pflegt er zusammen mit seinem Team. Während seine Mitarbeitenden die Werkstätten aufräumen und putzen, bringt er sein Büro auf Vordermann. Papiere werden abgeheftet, der Schreibtisch freigeräumt und nicht genutzte Sachen beseitigt. Dazu sagt er: „So starten wir ohne Altlasten ins neue Jahr.“
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