Der Empira-Chef rechnet mit einer Erholung am Immobilienmarkt. Foto: Empira
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„Wir brauchen eine Miete von 17 Euro pro Quadratmeter“

Der Wohnungsbau kommt laut Lahcen Knapp, Gründer des Immobilien-Investmentmanagers Empira, nur langsam in Gang. Mit Sorge blickt er auf eine brisante Entwicklung bei Gewerbeimmobilien.

Frankfurt. Der Wohnungsbau in Deutschland zieht nach Einschätzung von Lahcen Knapp, Gründer des Schweizer Immobilieninvestors Empira, wieder an – bleibt jedoch teuer. Im Gespräch mit dem Handelsblatt warnt Knapp, dessen Gesellschaft Immobilieninvestments in Höhe von rund zehn Milliarden Euro verwaltet, dass der Wohnungsmarkt angespannt bleibt. „Die Baubranche ist durch das große Tal der Tränen durch“, ist er überzeugt.

Der Neubau habe sich auf neuen, „gesünderen Niveaus“ stabilisiert. Doch sagt er auch, dass die Bautätigkeit nicht ausreiche, um den Wohnraumbedarf zu decken: „Die Wohnungskrise wird dadurch nicht gelöst.“ Zudem beobachtet Knapp eine brisante Entwicklung auf dem Markt mit Gewerbeimmobilien.

Dem Empira-Gründer zufolge ist es aktuell nicht möglich, neue Wohnungen für weniger als 3500 Euro pro Quadratmeter zu bauen. Hinzu kommen noch Kosten für den Grundstücksankauf, die sich schnell auf mehr als 1000 Euro den Quadratmeter belaufen können. Die Folge: Investoren wie Empira benötigen vergleichsweise hohe Mieten, um Neubauprojekte realisieren zu können. „Die Miete muss bei mindestens 17 Euro pro Quadratmeter liegen – darunter rechnet sich Neubau nicht.“

Mit staatlichen Fördermitteln lassen sich die Baukosten zwar drücken, sodass auch Mieten in Höhe von 15 Euro pro Quadratmeter zur Deckung von Baukosten und Renditeerwartungen von Investoren ausreichen können. Doch niedrigere Mieten hält er zumindest im Neubau für unrealistisch.

Ohnehin sei der Effekt staatlicher Zuschüsse auf die Neubautätigkeit begrenzt. Zwar rechnet Knapp damit, dass die seit Mai amtierende Bundesregierung neue Fördermittel für den Wohnungsbau bereitstellt. Auch soll der sogenannte KfW-55-Energiestandard für Neubauten wieder durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert werden – ein Programm, das der frühere Wirtschaftsminister Robert Habeck gestoppt hatte.

Neubauwohnungen in Berlin: Der Immobilienmarkt ist für ausländische Investoren attraktiv. Foto: dpa

Doch der Regelwirrwarr dämpfe die Nachfrage nach staatlichen Zuschüssen. „Das Problem an der Wohnbauförderung in Deutschland ist, dass jedes Bundesland und jede Kommune diese anders regeln.“ Bei Empira seien zwei Mitarbeiter in Vollzeit allein damit beschäftigt, die unterschiedlichen Förderprogramme in Deutschland im Blick zu behalten, berichtet Knapp. Es fehlten überregionale Programme, zudem änderten sich die lokalen Regeln häufig. „Das alles führt dazu, dass vorhandene Förderbudgets nicht abgerufen werden.“

Banken können Finanzierungsbedarf kaum auffangen

Mit Sorge blickt er zudem auf die „Flut von Fälligkeiten“ bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen. Nach Berechnungen der Analysehäuser AEW Research, Moody’s und MSCI beträgt das Volumen fälliger Gewerbeimmobilienfinanzierungen in Europa in diesem Jahr rund 130 Milliarden Euro. Im Jahr 2026 werden den Daten zufolge Darlehen mit einem Volumen von mehr als 180 Milliarden Euro fällig. Aus Sicht von Knapp zeichnet sich ab: „Banken allein können den Finanzierungsbedarf nicht auffangen.“

Die Experten von Empira warnen in einer aktuellen Studie: „Dies kann insbesondere problematisch sein, wenn sich die Finanzierungsbedingungen im Vergleich zur ursprünglichen Kreditvergabe verschlechtert haben – etwa durch gestiegene Zinssätze, strengere Kreditvergaberichtlinien oder eine allgemeine Marktunsicherheit.“

In die Lücke drängen Immobilienfinanzierungsfonds. Diese sammeln Geld bei institutionellen Anlegern wie Versicherungen und Pensionskassen ein und reichen Darlehen etwa an Immobilienprojektentwickler weiter. Sie machen den Banken im Immobiliengeschäft zunehmend Konkurrenz. „Noch sind Bankfinanzierungen etwas günstiger als Finanzierungen von Kreditfonds“, beobachtet Knapp. Er geht jedoch davon aus, dass sich die Zinskosten, die Banken und Kreditfonds aufrufen, immer weiter annähern.

Angesichts der hohen Nachfrage nach neuen Wohnungen sowie des rasant steigenden Refinanzierungsbedarfs bei Gewerbeimmobilien ist der Markt auf ausländische Geldgeber angewiesen. Immerhin: „Der deutsche Immobilienmarkt wird für ausländische Investoren wieder interessanter“, sagt Knapp. „Die Fundamentaldaten sprechen für den Standort.“

So sei der Kaufpreis pro Quadratmeter in Berlin im Vergleich zu allen anderen europäischen Hauptstädten immer noch am geringsten, die Mieten seien am tiefsten. „Gleichzeitig das Durchschnittseinkommen am höchsten.“

Lediglich die Wohnungsbaupolitik sorge für Verunsicherung, sagt Knapp. „Hätten wir eine verlässliche Politik anstatt Debatten um Mietendeckel und Enteignung, würde deutlich mehr Kapital nach Berlin fließen.“

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