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Wissen gegen Angst: Zum Umgang mit Desinformationen bei Brustkrebs

Brustkrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Falschinformationen über Brustkrebs können Menschen von notwendigen Vorsorgeuntersuchungen abhalten. Das kann zu einer späteren Diagnose und schlechteren Prognose führen.

Dank verbesserter Früherkennung und Fortschritten in der Therapie sind die meisten Brustkrebserkrankungen heute heilbar - dennoch sind neben vielen seriösen Informationen und wissenschaftlich belegten Theorien vor allem in den sozialen Medien auch zahlreiche Falschinformationen zu finden, die sich oft hartnäckig halten und zu Angst und Verunsicherung bei Betroffenen führen. Umfragen belegen, dass die meisten Deutschen häufig viel mehr Angst vor Krebs haben als vor Herzinfarkten, Schlaganfällen oder anderen lebensbedrohlichen Krankheiten. Statistisch ist allerdings belegt, dass nicht Krebs, sondern Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems in den Industrieländern die Haupttodesursachen darstellen. „Die Verbreitung von Falschmeldungen in den sozialen Medien gefährdet das demokratische System. Außerdem ist das immer brutalere Wettrennen um die Aufmerksamkeit und Zeit der Menschen wirklich besorgniserregend“, schreibt Ken Mogi in seinem Buch „Ikigai. Die japanische Lebenskunst“.

Zu den gängigen Krebsmythen gehören:

Aluminium löst Brustkrebs aus.

Ein Zusammenhang zwischen Aluminium und Brustkrebs ist nicht belegt. Dennoch kann eine erhöhte Aluminiumkonzentration im menschlichen Körper gesundheitsgefährdend sein. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft einen Zusammenhang zwischen Brustkrebs und aluminiumhaltigen Deos als sehr unwahrscheinlich ein. Schadstoffe scheidet der Mensch nicht über den Schweiß aus, sondern über Nieren und Blase oder den Darm. Auch die Hypothese von "Schlacken", die sich im Körper ansammeln und zu Krebs führen, wenn sie nicht ausgeschieden werden, gilt als widerlegt.

Brustkrebs betrifft nur ältere Frauen:

Auch junge Frauen unter 30 bekommen Brustkrebs. Das Risiko für Brustkrebs steigt allerdings mit dem Altern an.

Krebs ist ansteckend.

Krebs ist nicht übertragbar - auch nicht bei der Pflege von Patienten. Kommt ein Mensch versehentlich doch direkt mit Tumorgewebe in Kontakt, erkennt das Immunsystem die körperfremden Krebszellen und vernichtet sie.

Krebs wächst, weil man sich gestoßen oder verletzt hat.

Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass Stöße, Schläge, Blutergüsse, Quetschungen oder andere Traumata Krebs fördern (Ausnahmen: langjähriges Lymphödem, schlecht ausgeheilte Brandwunden).

Zu enge oder bügelhaltige Büstenhalter können Brustkrebs auslösen.

Ein Beweis für diese Behauptungen ließen sich nicht finden - obwohl Fachgesellschaften und Krebsinformationsdienste in USA, Kanada und Europa intensiv recherchierten, nachdem sie mit Anfragen besorgter Frauen überschwemmt wurden. Das Tragen von Büstenhaltern beeinflusst das Brustkrebsrisiko nicht, egal ob zu eng oder gut passend, mit Bügel oder ohne.

Nur familiär belastete Frauen bekommen Brustkrebs.

Die Mehrheit der der Brustkrebspatientinnen hat keine genetische Veranlagung für Brustkrebs.

Handystrahlung verursacht Brustkrebs.

Für das Bundesamt für Strahlenschutz bringt die Nutzung von Handys und Smartphones kein erhöhtes Krebsrisiko mit sich. Zwar kann ihre Strahlung das Körpergewebe erwärmen, sie ist aber nicht in der Lage, Atome oder Moleküle elektrisch aufzuladen – und kann damit weder das Erbgut verändern noch Krebs auslösen.

Ein Knoten in der Brust bedeutet automatisch Krebs.

Viele Knoten sind gutartig (z. B. Zysten oder Fibroadenome).

Eine Krebs-OP macht alles noch schlimmer.

Die OP-Methoden haben sich in den letzten Jahren immer mehr verbessert. Chirurgen achten verstärkten darauf, gesundes Gewebe nicht mit Tumormaterial in Berührung zu bringen. Es wird intensiv untersucht, ob bei entnommenen Tumorgewebe ausreichend gesundes Gewebe als "Randsaum" und Sicherheitsabstand vorhanden ist. Dennoch können im Körper nicht sichtbare Krebszellen zurückbleiben. Deshalb verlässt sich die moderne Krebsmedizin häufig nicht mehr allein auf den Eingriff: Bei vielen Tumorarten erhalten Betroffene noch eine adjuvante Therapie (Chemotherapie oder Bestrahlung). Sie dient dazu, auch kleinste, mit bloßem Auge nicht sichtbare Tumorreste zu zerstören.

Das Mammographie-Screening hat keinen Nutzen und senkt nicht die Sterblichkeit.

Studien und wissenschaftliche Bewertungen (z. B. Bundesamt für Strahlenschutz BfS), belegen, dass die Teilnahme am Screening das Sterberisiko für Brustkrebs um 20-30 Prozent senkt. Das ist auch das Ergebnis einer Studie, die am 9. Juli 2025 bei einer Veranstaltung mit Bundesumweltminister Carsten Schneider und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in Berlin vorgestellt wurde. Es konnte jeder vierte Todesfall durch eine frühzeitige Diagnose vermieden werden. Der Nutzen des Mammographie-Screenings ist also weit größer als das sehr geringe zusätzliche Krebsrisiko, das mit der Anwendung von Röntgenstrahlung bei der Untersuchung verbunden ist.

Männer bekommen keinen Brustkrebs.

Auch Männer besitzen Brustdrüsengewebe und Milchgänge, die entarten können (ca. 1 % aller Brustkrebserkrankungen betrifft Männer).

Obst und Gemüse enthalten kaum noch Nährstoffe oder Vitamine.

Damit bewerben diverse Anbieter ihre Produkte (Vitamintabletten, Gemüsekonzentrate Nahrungsergänzungsmittel). Die meisten Menschen benötigen keine zusätzlichen Produkte. Zur Krebsvorbeugung werden Nahrungsergänzungsmittel nicht empfohlen. Zum Thema Ernährungsmythen hier der Link zum Bundeszentrum für Ernährung: www.bzfe.de/inhalt/fragen-mythen-fakten-1492.html.

Ein Schwangerschaftsabbruch erhöht das Brustkrebsrisiko.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hält es für möglich, dass diese Fehlinformation in den USA gezielt von Abtreibungsgegnern in Umlauf gebracht wurde.

Nach einer Sterilisation gibt es ein erhöhtes Krebsrisiko.

Das ist wissenschaftlich nicht belegt (ebenso wenig  ein Zusammenhang einer Krebserkrankung mit psychischen Faktoren)

Ein Mammakarzinom ist immer tödlich.

Eine Brustkrebsdiagnose ist kein Todesurteil. Die meisten Frauen, die die Diagnose Brustkrebs erhalten, überleben die Krankheit dauerhaft oder für einen langen Zeitraum. Die Überlebensrate bei Brustkrebs ist insbesondere davon abhängig, in welchem Stadium der Krebs entdeckt wird und wie aggressiv die Krebszellen sind. Ca. 90 Prozent der erkrankten Frauen können bei einem lokal begrenzten Tumor geheilt werden.

Wenn die Mutter Brustkrebs hatte, erkrankt auch die Tochter.

Zwar wird familiärer Brustkrebs auch als Risikofaktor für das Entstehen von Brustkrebs betrachtet, doch bedeutet es nicht, automatisch an Brustkrebs zu erkranken.

Silikonimplantate erhöhen das Brustkrebsrisiko.

Frauen mit Brustimplantaten haben nachweislich kein höheres Brustkrebsrisiko. Allerdings kann bei Brustimplantaten die Durchführung von Mammografien erschwert oder auch nicht möglich sein. Man kann dann einen Ultraschall oder ein Brust-MRI durchführen, um das Brustgewebe genauer zu untersuchen.

"Turbo-Krebs" wurde durch die Covid-Impfung ausgelöst.

Laut Onkologen und Virologen gibt es für die schnelle Ausbreitung aggressiver Tumorarten bislang keine wissenschaftlichen und klinischen Erkenntnisse. Auch gibt es diesen Begriff – und ein neues Krankheitsbild, das dazu passen würde - in der Medizin nicht.

Deutschland ist ein Vitaminmangelland.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung tritt zudem entschieden dieser Aussage entgegen. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen in Deutschland sei ausreichend versorgt (dazu auch die Daten der Nationalen Verzehrsstudie).

Zucker befördert Krebs.

Zucker allein löst keinen Krebs aus, kann jedoch Übergewicht und Diabetes fördern, die wiederum das individuelle Krebsrisiko erhöhen. Bisher gibt es keine Studiendaten, die darauf eine pauschale, einfache und für alle Patienten passende Antwort bieten würden. Die meisten Krebspatienten können nicht völlig auf Kohlenhydrate verzichten, um nicht an Gewicht zu verlieren. Betroffene sollten sich dann nicht durch gut gemeinte, aber nicht begründbare Diätwarnungen unter Druck setzen lassen.

„Man braucht nichts im Leben zu fürchten, man muss nur alles verstehen.“ (Marie Curie)

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung setzt Irrtümern und Desinformationen Fakten entgegen. Über das Stichwort "Mythen" oder themenbezogene Begriffe gelangt man unter www.dge.de zu einzelnen Informationen. Auch der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums hat eine Auswahl moderner Krebsmythen aufgeführt, Quellen recherchiert und nachgeprüft, was wirklich dran ist. Wer sich mit Studien beschäftigt, sollte sich einen Überblick über die Rahmenbedingungen von Studien verschaffen. Diese Fragen können dabei hilfreich sein: Wer hat die Studie durchgeführt? Wo wurde sie durchgeführt? Handelt es sich um eine bekannte Institution oder um bekannte Zentren? Wer hat die Studie finanziert? Was ist der Hintergrund der Studie? Warum wurde sie initiiert? Das Studienportal Brustkrebs bietet umfangreiche Informationen zu Zielen, Abläufen und Rahmenbedingungen aktueller Studien und Umfragen und listet auf, wo diese Studien durch Studienzentren, Kliniken oder Praxen durchgeführt werden.

Wissenschaftlich bestätigt ist …

  • ein Zusammenhang zwischen Brustkrebsrisiko und dem Körpergewicht und damit auch der Brustgröße: Frauen, die nach den Wechseljahren deutlich übergewichtig sind, müssen mit einer höheren Erkrankungswahrscheinlichkeit leben (für jüngere Frauen vor den Wechseljahren ist ein solcher Zusammenhang nicht vollständig bestätigt).

  • dass Stillen vor Brustkrebs schützt: Frauen, die länger als sechs Monate stillen, können ihr Brustkrebsrisiko senken (gilt nur für Nichtraucherinnen).

  • dass Mehrfachmütter - verglichen mit kinderlosen Frauen - ein deutlich geringeres Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken.

  • dass Sport das Krebsrisiko senkt: Forschende gehen davon aus, dass mindestens sechs Prozent aller Krebsfälle in Deutschland durch körperliche Aktivität verhindert werden könnten. Dies gilt vor allem für Darmkrebs sowie für Brustkrebs nach den Wechseljahren.

Die besten Präventionsmaßnahmen sind Aufklärung und Kommunikation, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und viel Bewegung.

Weiterführende Informationen:

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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