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Zeitenwende in der Elektromobilität: Worauf es jetzt ankommt

Mit dem Aus für den Verbrennungsmotor steht fest, dass die Zukunft in der Elektromobilität liegt. Die Vereinten Nationen formulieren in ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) detailliert, wie sie bis 2030 aussehen soll: Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle (SDG 11). Durch die Elektrifizierung werden nicht nur Fahrzeuge emissionsfrei sein - die gesamte Automobil-Wertschöpfungskette bewegt sich in Richtung Dekarbonisierung. Auch Ladeunternehmen reagieren auf die Notwendigkeit, Elektrofahrzeuge mit sauberer Energie zu betreiben, indem sie solarbetriebene Ladestationen installieren und Energie aus erneuerbaren Quellen beziehen. Mittlerweile unternehmen auch Batteriehersteller Schritte, um in ihren Herstellungsprozessen mehr grüne Energie zu nutzen. Die Analyse von Daten aus vernetzten Autos, demografischen Umfragen und anderen Quellen kann dabei helfen, die „nächsten Wellen“ von Elektrofahrzeuganwendern zu identifizieren, die als Reaktion auf Verbesserungen bei Fahrzeugreichweite, Ladegeschwindigkeit und Netzwerkdichte umsteigen werden. Der BCG-Prognose zufolge werden rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) im Jahr 2028 der beliebteste Typ von Leichtfahrzeugen sein, die weltweit verkauft werden. Zudem wird davon ausgegangen, dass die weltweiten BEV-Verkäufe bis zur Wende des Jahrzehnts die aller Arten von Hybridfahrzeugen zusammen übertreffen und die von Verbrennungsmotoren (ICEs) bei weitem übertreffen werden.

  • Etablierte Automobilhersteller müssen ihre gesamten Geschäftsmodelle überdenken.

  • Regulatorischer Druck in den westlichen Märkten, den Einsatz von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeugen einzudämmen: Ankündigung der Europäischen Union, den Verkauf neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten

  • Strengere Haltung der Europäischen Union zu Umweltvorschriften.

  • Wachsendes Umweltbewusstsein.

  • Steigender Kraftstoffpreise.

  • Herausforderungen und Risiken für die Einführung von Elektrofahrzeugen

  • Das Aufladen eines Elektrofahrzeugs dauert länger als das Auftanken eines Autos.

  • Für den CO2-Rucksack aktueller Batterien sind vor allem Nickel, Kobalt, Lithium und Granit verantwortlich, bei deren Abbau und Aufbereitung sehr viel CO2 erzeugt wird. Der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit sind regenerative Energie bei der Produktion und neue Typen von Zellen. Eine schon verfügbare Variante zur CO2-Einsparung sinmd Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP, Lithium-Ferrophosphat. Ab 2024 will die EU von den Herstellern einen Batteriepass sehen, der unter anderem den CO2-Fußabdruck ausweist (Basis für Grenzwerte, die für 2027 anvisiert sind).

  • Das Heizen und Kühlen des Innenraums eines Autos kann die Batterielebensdauer erheblich verkürzen.

  • Steigende Energie- und Materialkosten.

  • Eine unzureichende Infrastruktur könnte erhebliche Auswirkungen auf die Einführung von Elektrofahrzeugen haben.

  • Kreislaufwirtschaft: „Design for Environment“: Stoffkreisläufe schließen, Anteil an Recyclingmaterialien in den Autos zu erhöhen, Forschung an neuen innovativen und nachhaltigen Materialien; die Materialien sollen auch nach ihrer Nutzungsphase verwertet werden - Beispiel Batterien: Grundsätzlich sollte das Ziel sein, dass die Batterien einen maximal langen Lebenszyklus haben (auch Sicherstellung der Reparierbarkeit und Eignung für Second-Life-Anwendungen). Es braucht ambitionierte Ziele für das Sammeln, die Zweitnutzung und das Recyceln gebrauchter Antriebsbatterien sowie spezifische Ziele für die Rückgewinnung strategischer Schlüsselrohstoffe (z. B. Lithium, Kobalt und Nickel). Zudem wird ein Regelungsbedarf benötigt, um gebrauchte Antriebs-Batterien aus Elektrofahrzeugen als stationäre Batterien wiederzuverwenden.

  • Krieg und Wirtschaftssanktionen: Die Nickelpreise sind beispielsweise in die Höhe gestiegen und drohen die Knappheit des Metalls zu verschärfen.

  • Eine unzureichende Ladeinfrastruktur könnte in den nächsten Jahren dazu führen, dass die Einführung von Elektrofahrzeugen in führenden Märkten wie den USA ins Stocken gerät.

  • Globale Automobilhersteller müssen kostengünstige und nachhaltige Lieferketten aufrechterhalten, um die starke Nachfrage nach Hybrid- und Verbrennungsfahrzeugen zu decken. Stahl und Aluminium sind nach der Batterie weitere wichtige Hebel, um den CO2-Fußabdruck der Fahrzeuge zu senken. Deshalb sollte mit den Lieferanten konsequent daran gearbeitet werden, die CO2-Emissionen in der Lieferkette zu reduzieren.

  • Reichweitenangst – die Angst der Autofahrer, dass sie ohne Strom sein könnten, wenn sie eine lange Strecke zurücklegen und keine Ladestation finden.

  • Sicherstellung, dass genügend Strom für Elektromobilität, die Produktion von Wasserstoff und die Erfordernisse der Industrieproduktion bereitstehen.

  • Steigende Verbrauchernachfrage: Insbesondere Akteure in der Batterielieferkette und Anbieter von Ladeinfrastruktur versuchen, mit der Nachfrage Schritt zu halten. Um auf diesem Markt zu gewinnen, müssen Automobilhersteller Wege finden, Probleme in ihren Lieferketten zu lösen. Sie müssen einen innovativen Ansatz verfolgen, enger mit anderen Akteuren zusammenarbeiten und effektive Ökosysteme aufbauen.

  • Das Verständnis darüber, wie sich der Ladevorgang für Elektrofahrzeuge auf ihren Alltag auswirken könnte, ist noch sehr begrenzt.

  • Versorgungslücken und -risiken: Versorgungsknappheit bei den Metallen, die für die Herstellung von Elektrofahrzeugbatterien benötigt werden, darunter Lithium und Nickel. Das Schließen von Versorgungslücken bei diesen Metallen und die Eindämmung von Preissteigerungen werden davon abhängen, dass die Hersteller neue Produktionsstandorte entwickeln, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.

  • Lange Vorlaufzeiten für die Etablierung neuer Produktionsprojekte.

„Die Reaktionen von Behörden lassen sich in keinen Businessplan integrieren und sind dem Kapitel Naturkatastrophen zuzuordnen“, sagt der Schweizer Unternehmer Wim Ouboter, der die Mikromobilität revolutioniert hat und die genannten Herausforderungen und Probleme kennt. Er verweist auch auf den Handel mit CO2-Zertifikaten als einem wichtigen Bestandteil der Incentivierung von Elektrofahrzeugen. „Der Emissionshandel ist ein Instrument der Umweltpolitik mit dem Ziel, Schadstoffemissionen mit möglichst geringen volkswirtschaftlichen Kosten zu reduzieren. Ein CO2-Zertifikat berechtigt dazu, innerhalb einer bestimmten Periode eine Tonne Kohlendioxid zu produzieren. Am Ende des festgelegten Zeitraums muss das Unternehmen nachweisen, dass seine gesamten Emissionen durch Zertifikate abgedeckt sind. Auch Herstellern von L7e-Fahrzeugen sollte dies unserer Meinung nach ermöglicht werden.“ Zudem setzt sich das Unternehmen für eine Kaufpreisförderung ein von Leichtelektrofahrzeugen von rund 2000.- Franken ein, wie es sie bereits in Italien, Spanien und Frankreich gibt.

  • Elektrofahrzeuge erfüllen zunehmend wichtige Kundenanforderungen wie Anhängelast und geringen Wartungsaufwand.

  • Die Marketingabteilungen von Unternehmen beleuchten beispielsweise, wie die Batterie eines Fahrzeugs als Notstromgenerator für das Haus dienen kann.

  • Sinkende Betriebskosten und Anreize (Rückgang der Batteriepreise, die 30 bis 40 Prozent der Herstellungskosten eines Elektrofahrzeugs ausmachen)

  • Elektromobilität kann fossile Kraftstoffe für mobile Anwendungen langfristig ersetzen und so einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten.

  • Sie erhöht vor allem in Großstädten und Mega-Cities durch ihre lokale Emissions- und Lärmfreiheit die Lebensqualität in urbanen Ballungsräumen.

  • Es lässt sich die Nachhaltigkeit des Energiesystems verbessern, wenn Unternehmen erneuerbare Energien und Elektromobilität effektiv in ihre Systeme einbinden. Strom, Wärme und Mobilität werden in Zukunft sehr eng verflochten sein.

„Normale E-Autos weisen vor allem wegen der enormen Batterie für mehr Reichweite ein hohes Gewicht auf. Diese emittiert in der Produktion mehr CO2 und verbraucht deutlich mehr Strom“, sagt Wim Ouboter. Elektromobilität vereint für ihn nicht nur die Aspekte Stadt und Umwelt besser, „sondern ist nunmehr auch zum lustvoll spielerischen Ausdruck neu gewonnener Lebensfreude geworden.“ Leichtelektrofahrzeuge haben zwar nicht die gleichen Sicherheitsstandards, würden sich technisch aber immer mehr an normale Autos annähern. Bis 2040 müssen alle neuen Leichtfahrzeuge in China Elektrofahrzeuge sein, damit das Land sein Netto-Null-Ziel für 2060 erreichen kann. Japan ist aufgrund des hohen Anteils an Hybridfahrzeugen in seinem Fuhrpark auf gutem Weg, bis 2050 gesamtwirtschaftliche Netto-Treibhausgasemissionen von Null zu erreichen, muss sich aber klare Ziele für emissionsfreie Fahrzeuge setzen, um dies zu bleiben. Unterdessen haben der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und mehr als 25 führende Unternehmen in Indien gefordert, dass bis 2030 30 Prozent der im Land verkauften Neuwagen vollelektrisch sein sollen. BCG prognostiziert, dass der Anteil der Elektrofahrzeuge in Indien steigen wird. Die Analyse der Daten von 10.000 Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (ICE) in Texas basierte auf Daten, die von einem führenden Anbieter von Informationen zu vernetzten Fahrzeugen erworben wurden. Es repräsentiert 15 Millionen Fahrten mit 10.000 vernetzten Personenkraftwagen in ganz Texas – einem der größten US-Bundesstaaten mit einer robusten Mischung aus städtischen, großstädtischen, vorstädtischen und ländlichen Gebieten.

  • Der Zugang zu privatem Laden ist der entscheidende Faktor, um die Bereitschaft eines ICE-Fahrers für ein Elektrofahrzeug zu erhöhen. Mittelklasse-Elektrofahrzeuge reichen aus, um die Bedürfnisse der meisten Fahrer zu erfüllen.

  • Durch den Umstieg auf Elektrofahrzeuge mit höherer Reichweite und einer Reichweite von 400 – 500 km sparen 20 Prozent der Autofahrer Zeit beim Aufladen von Elektrofahrzeugen im Vergleich zum Tanken eines Autos.

  • Trotz begrenzter öffentlicher Lademöglichkeiten sind 50 Prozent der texanischen Fahrer bereit, auf ein 500-km-Elektrofahrzeug umzusteigen. Grund ist, dass viele in Einfamilienhäusern leben, in denen es möglich ist, eine private Ladestation zu installieren.

  • Auch wenn die Reichweite von Elektrofahrzeugen auf 300 km gesenkt wird, zeigen die Simulationen immer noch, dass über 50 Prozent der privaten Ladefahrer bereit sind, von einem Verbrennungsmotor zu wechseln.

  • In Simulationen unter dem öffentlichen Ladeszenario sind nur 3 Prozent der Fahrer bereit für Elektrofahrzeuge, selbst mit einem Elektrofahrzeug mit relativ hoher Reichweite (500 km).

  • Die potenzielle Verbreitung des Heimladens im Bundesstaat könnte erklären, warum die Netzdichte (Verfügbarkeit öffentlicher Lademöglichkeiten) die Verbreitung von Elektrofahrzeugen in Texas in naher Zukunft nicht einzuschränken scheint. In Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte ist die Netzdichte tendenziell geringer.

  • Da privates Laden der wichtigste Motivationsfaktor für die Eignung für Elektrofahrzeuge ist, liegt die Priorität für Infrastrukturplaner darin, die Schaffung von Ladestationen zu Hause und am Arbeitsplatz zu unterstützen.

  • Um die beschriebenen Herausforderungen zu bewältigen, ist ein koordiniertes Vorgehen unerlässlich.

  • Der Ausbau der Ladestationen sollte sicherstellen, dass immer ein Ladegerät verfügbar ist: Hersteller bauen vorgefertigte Ladestationen, um die Installationszeiten zu verkürzen. Autohersteller und Energieversorger arbeiten gemeinsam an Pilotprojekten, um die Netzkapazität und -flexibilität zu erhöhen, sodass Besitzer von Elektrofahrzeugen ihre Fahrzeuge zum Laden zu Hause oder zum Rückverkauf überschüssigen Stroms ins Netz nutzen können.

  • Mit der Einführung elektrofahrzeugspezifischer Stromtarife, intelligenterer Fahrzeugarchitekturen und gemeinsamer Standards dürften die Kosten für das Laden von Elektrofahrzeugen sinken.

  • Öffentliche Ladenetze können die Bereitschaft von Elektrofahrzeugen in drei Schlüsselbereichen verbessern:

  • Dichte (Reduzierung der Entfernung, die zum Erreichen der Ladepunkte erforderlich ist)

  • Geschwindigkeit (Reduzierung der Zeit, die zum Laden eines Fahrzeugs benötigt wird)

  • Anzahl der Ladepunkte (Reduzierung der Wartezeit auf ein verfügbares Ladegerät).

  • Verbesserungen der Netzwerkdichte und der Ladegeschwindigkeit: Beispielsweise ist die Verbesserung der Ladegeschwindigkeit von besonderem Wert für die Förderung der Bereitschaft von Hin- und Rückfahrtfahrern, da diese ihre Autos während der Fahrt (häufig auf Autobahnen) häufiger aufladen müssen als die anderen Archetypen.

  • Durch Innovation bringen Autohersteller auch das Aufladen von Elektrofahrzeugbatterien auf die nächste Stufe. Sie entwickeln neue Batteriewechsel- und Battery-as-a-Service-Modelle.

  • Um die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu verbessern, gründen Automobilhersteller und Batteriehersteller sowie Kathodenlieferanten Joint Ventures und investieren in Minen. Das gewährleistet Versorgungssicherheit.

  • Politische Entscheidungsträger sollten Anreize mit der Aufhebung regulatorischer Beschränkungen verbinden, um es Menschen und Organisationen zu erleichtern, die erforderliche Technologie einzurichten. Beispielsweise sollten geschlossene Wohnanlagen dazu ermutigt werden, Ladegeräte für Elektrofahrzeuge zuzulassen.

Das Netzwerk aus zertifizierten Beraterinnen und Beratern für Elektromobilität und alternative Antriebe hat es sich zum Ziel gesetzt, einheitliche Standards für Beratungsleistungen rund um nachhaltigen Verkehr sowie die dafür erforderliche Infrastruktur festzulegen und zu kommunizieren. „Die technischen und bürokratischen Herausforderungen für Unternehmen, Kommunen und die öffentliche Hand sind groß. Mit unserer geballten Expertise wollen wir Lösungen für die vielfältigen Fragestellungen der Mobilitätswende bieten“, sagt Andreas Varesi, der mit Lisa Bohm zum Geschäftsführenden Vorstand gehört. Die Erfahrung der Verbandsmitglieder zeige, dass seitens Netzbetreibern, Fachbehörden und Kommunen viel Unwissenheit darüber herrsche, wie der Masterplan Ladeinfrastruktur II als Leitlinie für den Hochlauf der Elektromobilität sinnvoll umzusetzen sei.

Auch viele Unternehmen seien mit den bürokratischen Vorgaben – wie in Förderrichtlinien – bei der Umsetzung moderner Mobilitätslösungen aus Sicht des Verbandes häufig überfordert. Jedes Projekt sei anders, immer wieder stießen Akteure auf neue Widerstände und Hindernisse. Als Bundesverband sehe man sich in der Verantwortung, dass die Klimaneutralität im deutschen Mobilitätssektor mithilfe der Einbindung erneuerbarer Energien erreicht wird. Derzeit gebe es vorwiegend noch zu teure Einstiegsmodelle, bei vielen Herstellern eine fehlende alternativ angetriebene Modellvielfalt sowie eine häufig schleppend verlaufende Digitalisierung und rückständige Vertriebskanäle. „Das alles schreckt viele Konsumenten derzeit noch vom Wechsel auf die Elektromobilität ab“, so der BBNM-Vorstand.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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