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Zins-Kracher der ING! Direktbank ködert Kunden mit drei Prozent auf Tagesgeld

Mit ihrem Schritt setzt die ING Wettbewerber unter Druck. Noch zahlen viele Sparkassen und Volksbanken gar keine Zinsen auf Tagesgeld.

Im Wettbewerb um Kunden erhöht die Onlinebank ING Deutschland die Zinsen fürs Tagesgeld. Damit will die Bank Neukunden gewinnen. Aber auch diejenigen, die bereits ein Tagesgeldkonto bei der ING haben, bekommen auf neu eingezahlte Gelder ab sofort für sechs Monate drei Prozent Zinsen.

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Laut dem Vergleichsportal Verivox steht die ING damit an der Marktspitze. So hohe Tagesgeldzinsen erhalten Sparer demnach bei keiner anderen deutschen Bank.

Oliver Maier, Geschäftsführer bei Verivox Finanzvergleich, erwartet: „Das neue Angebot dürfte den Wettbewerb um die Spargelder der Anleger weiter anheizen.“ Als größte deutsche Direktbank sei die ING auch für viele andere Marktteilnehmer ein wichtiger Maßstab, an dem die Konkurrenten sich bei der Festlegung ihrer eigenen Konditionen orientierten.

Seit der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli 2022 müssen Banken keine Strafzinsen mehr berappen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, sondern verdienen daran. Der Einlagenzins, den die EZB den Geschäftsbanken zahlt, liegt derzeit bei drei Prozent. Einige Ökonomen gehen davon aus, dass die Zentralbank die Zinsen weiter anhebt.

Daher lässt sich mit Einlagen wieder Geld verdienen, und immer mehr Geldhäuser heben die Tagesgeldzinsen an. Mit besonders hohen Zinsen versuchen die Banken, vor allem Neukunden anzulocken. Auch ING-Deutschland-Chef Nick Jue erklärte, die Bank bekräftige mit der Zinsanhebung ihre Wachstumsambitionen.

Im Schnitt zahlen die Banken nur 0,27 Prozent

Zudem streben Banken an, dass ihr Einlagenwachstum mit der Kreditvergabe Schritt hält. Auch wenn das Geschäft mit Baufinanzierungen in Deutschland eingebrochen ist, dürften Geldhäuser sich mit mehr Einlagen für eine wieder anziehende Kreditnachfrage wappnen.

Oftmals ist der Unterschied zwischen EZB-Einlagenzins und Tagesgeldzinsen aber noch groß. Der Durchschnittszins beträgt Verivox zufolge aktuell 0,27 Prozent. Hier flossen die Daten von 674 Kreditinstituten ein, die das Tagesgeldangebot frei zugänglich auf ihrer Internetseite ausweisen.

In der jüngsten Verivox-Auswertung von Ende März zahlten 39 Prozent der Banken gar keine Zinsen auf Tagesgeld. Einen Monat zuvor hatte der Anteil der Kreditinstitute ohne Tagesgeldzinsen 55 Prozent betragen – darunter waren besonders viele Sparkassen und Volksbanken. Sie profitieren von treuen Kundinnen und Kunden, die nicht so rasch auf hohe Zinsangebote reagieren.

Eine Drei vor dem Komma – das gab es beim Tagesgeld allerdings schon lange nicht mehr. Die spanische Suresse Direktbank hatte kürzlich als erstes Geldinstitut diese Marke aufgerufen, wie das Verbraucherportal Biallo berichtete.

Dort gelte das Angebot allerdings nur für Neukunden und sei auf vier Monate begrenzt. Ab dem fünften Monat gebe es „immer noch überdurchschnittliche“ 1,75 Prozent pro Jahr, referierte Biallo.

Angesichts der über mehrere Jahre negativen Einlagenzinsen der EZB kosteten überschüssige Einlagen Banken zeitweise Geld. Viele Kreditinstitute reagierten darauf, indem sie ihrerseits Minuszinsen von Kunden mit höheren Einlagen verlangten. Häufig griffen diese Strafzinsen oberhalb eines Freibetrags von 100.000 oder 500.000 Euro.

ING-Zins gilt befristet, aber auch für Bestandskunden

Die ING Deutschland, die zuvor jahrelang unter dem Namen ING Diba Kunden mit relativ hohen Sparzinsen gelockt hatte, setzte verstärkt auf Hausbankkunden. Solche Kunden parken im besten Fall nicht nur Geld, sondern sorgen über Baufinanzierung, Verbraucherkredite oder Wertpapiersparen für Erträge.

Bei der ING gibt es die drei Prozent Zinsen jetzt auf neuen Tagesgeldkonten für Einlagen bis 50.000 Euro ab dem Zeitpunkt des Geldeingangs für sechs Monate. Bestandskunden bekommen den höheren Zins für jeden Euro Neueinlage bis 25. April – ebenfalls bis maximal 50.000 Euro.

Hinter den neuen Konditionen der ING steckt auch ein ehrgeiziges Ziel: Die Direktbank strebt nach einem Gewinnrückgang im vergangenen Jahr wieder deutlich stärkeres Kundenwachstum an. „Bei dem heutigen Zins ist jedes Wachstum profitabel“, hatte Vorstandschef Jue Anfang Februar gesagt. „Deshalb ist ein altes Ziel wieder zurück: zehn Millionen Privatkunden, aber jetzt für 2025.“

Diese Zielmarke hatte Jue kurz nach seinem Amtsantritt am 1. Juni 2017 schon einmal ausgegeben, später aber wegen des Niedrig- und Negativzinsumfelds kassiert. Ende 2022 zählte die ING Deutschland etwas mehr als 9,1 Millionen Kundinnen und Kunden.

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