Gernot Döllner, Vorsitzender des Audi-Vorstands, präsentiert den neuen Audi Q3 | © Audi AG
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Zwischen Chinakrise und Zollstreit: Wie Audi-Chef Döllner die Bilanz aufbessern will

Für Audi sah es in den vergangenen Jahren alles andere als gut aus. Absatz, Umsatz und Gewinn waren unter Druck. Jetzt soll es das neue Kompaktmodell Q3 richten.

Dieser Schuss muss sitzen: Den neuen Audi Q3 stellt Vorstandschef Gernot Döllner persönlich vor, und zwar nicht nur geladenen Journalisten, Influencern und Händlern, sondern auch Hunderten Mitarbeitern. Die Teilnahme an der aufwendigen Fahrzeugpremiere auf dem Audi-Forum in Ingolstadt wurde unter in der Belegschaft verlost. Beschäftigte aus dem Stammwerk, aber auch aus Neckarsulm und dem ungarischen Györ sind angereist, um sich die dritte Generation des Kompakt-SUV anzusehen. So will Döllner Vertrauen in die Zukunft der Marke zurückgewinnen.

Das ist auch bitter nötig, denn für Audi sah es in den vergangenen Jahren alles andere als gut aus. Absatz, Umsatz und Gewinn waren unter Druck. Der Umsatz sank 2024 um 5,4 Milliarden auf 64,5 Milliarden Euro, die Umsatzrendite von 9 auf 6 Prozent, der Absatz um über 100.000 Fahrzeuge auf 1,67 Millionen. Und selbst diese schwache Zahl ist noch geschönt. 47 Prozent der im vergangenen Jahr verkauften Neuwagen ging an Flottenbetreiber, Behörden, Autovermieter oder wurden von den eigenen Händlern zugelassen. Das zeigen Zahlen der Marktforschung Dataforce, wie das „Handelsblatt“ vergangene Woche berichtete.

Solche Sonderverkäufe blähen zwar den Absatz auf, ruinieren aber den Gewinn. Denn Autovermieter und Flotten verlangen hohe Preisnachlässe. Privatkunden machen nur noch 18 Prozent des Audi-Absatzes aus.

Die Kaufzurückhaltung der Endkunden lag auch an der veralteten Modellpalette. Viel länger als gewöhnlich mussten die Kunden auf neue Modelle warten. A6, Q5 und Q6 kamen erst mit mehrjähriger Verspätung auf den Markt, weil Cariad, die Softwareschmiede der Konzernmutter Volkswagen, das Betriebssystem der neuen Fahrzeuggeneration nicht fertig bekam.

Zusätzlich fällt der Absatz im stärksten Markt China, wo sich die Kunden vermehrt den heimischen Marken zuwenden. Die neue „Wortmarke“ sei in China gut angekommen, sagt Döllner. Audi bringt dort gemeinsam mit dem Joint-Venture-Partner SAIC ein Modell ohne die typischen vier Ringe auf den Markt. Döllner: „Entwickelt in China für China.“

War 2024 nur eine „Übergangsphase“?

2024 war nur eine Übergangsphase, sagt Döllner. Neben dem China-Audi, den neuen Modellen A6 und Q5 soll 2025 der Q3 den Absatz befeuern – möglichst ohne Sonderverkäufe. „Mit weltweit insgesamt mehr als 2 Millionen verkauften Fahrzeugen seit Einführung der ersten Generation ist der Audi Q3 eines unserer absatzstärksten Modelle“, sagt Döllner auf der Präsentation des Fahrzeugs. Das SUV soll Absatz und Gewinn wieder in Fahrt bringen.

Das Zeug dazu hätte der Kompaktwagen, denn er basiert technisch weitgehend auf dem VW Tiguan. Die Entwicklungskosten lassen sich also auf mehr Fahrzeuge verteilen. Auch im gemeinsamen Einkauf lassen sich Synergien heben. Zudem wird der Q3 im ungarischen Audi-Werk Györ gefertigt, wo die Arbeitskosten gerade einmal ein Drittel so hoch sind wie in Deutschland. Zusätzlich wird Audi den Q3 im nächsten Jahr auch im teuren Ingolstadt bauen, weil Györ voll ausgelastet ist. Im Stammwerk ist noch Platz.

Wie dringend Audi höhere Umsätze und Gewinne braucht, zeigt sich an der Preisgestaltung: Bei 44.600 Euro beginnt der neue Q3. Das Vorgängermodell war noch für unter 40.000 Euro zu haben. Hinzu kommt: Das Einstiegs-SUV Q2, mit 29.000 Euro geradezu ein Schnäppchen im Produktportfolio der Marke, läuft aus.

Der Handel sieht die Preisgestaltung skeptisch: „Ob wir genügend Kunden für so teure Autos haben? Das wird schwer“, sagt ein Audi-Händler, der namentlich nicht genannt werden will. „Die Autos sind sehr teuer geworden. Das machen nicht alle Kunden mit.“

Die Technik gibt es auch bei Škoda

Um den hohen Preis zu rechtfertigen, hat Audi den Q3 mit Technik vollgeladen. Schon das Einstiegsmodell ist hybridisiert: Ein 48-Volt-Motor unterstützt den Benziner. Der teurere Plug-in-Hybrid kann über 100 Kilometer elektrisch fahren und dann mit 50 kW wieder aufgeladen werden. Solche PHEV der dritten Generation sind derzeit der Renner am Automarkt.

Mit der Funktion „Trainiertes Parken“ kann der Q3 Parkmanöver lernen und so von der Grundstückgrenze bis ins Carport oder auf dem Firmenparkplatz zum eigenen Stellplatz selbständig fahren. Das hört sich beeindruckend an, aber viele dieser Funktionen gibt es auch bei den Konzernschwestern Volkswagen und Škoda, und das einige Tausend Euro günstiger.

Audi-Chef Gernot Döllner glaubt an die Strahlkraft der Marke, und die hat bisher oft gezogen: Im Mai war der Audi A6 mit 4442 Verkäufen auf Platz vier der Zulassungsstatistik. Und unter den beliebtestem Elektroautos in Deutschland stehen zwei Audi auf den Plätzen sechs (A6) und sieben (Q6). Sonderverkäufe seien zurückgefahren worden, hieß es.

Aber der Absatz im Heimatland spielt für die Marke keine so große Rolle mehr. Und neben China bereiten Döllner die USA Kopfzerbrechen. Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Zollkrieg belastet auch das neue Werk in Mexiko. Zunächst hat Audi alle Exporte in die USA gestoppt. Doch die Lager sind bald leer. Nun denkt Döllner über eine Fertigung in den USA nach.

Die Produktion sollte möglichst nahe an dem bereits bestehenden VW-Werk in Chattanooga stattfinden, so Döllner am Rande der Q3-Präsentation. Audi könnte auch das Werk mitbenutzen, das VW für sein US-Modell Scout errichtet. „Aber noch ist nichts entschieden“, sagt Döllner. Er hoffe darauf, dass der Zollstreit beigelegt werde.

Falls nicht, wird Audi auch in Nordamerika noch harte Jahre haben, die sich in der Bilanz widerspiegeln werden. Auch ein erfolgreicher Q3 wird diese Lücke kaum schließen können.

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Guido Reinking schreibt über Automobil, Wirtschaft & Management, Medien, Startup

Seit langem beobachte ich die Automobilindustrie als Journalist. Als Branchenexperte bin ich regelmäßig bei TV-Sendern und Mitglied in der Jury zum "German Car of the Year". Startups und IT-Unternehmen stelle ich mein Netzwerk in der Industrie zur Verfügung.

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