Die 24 besten Zukunftsaktien: Bei diesen Unternehmen lohnt sich jetzt der Einstieg
Bei welchen Titeln können Anleger jetzt noch auf ein überdurchschnittliches Kursplus hoffen? Am ehesten dort, wo sich niedrige Bewertung mit hoher Marge und starkem Wachstum verbindet.
Düsseldorf. Eine gefühlte Konstante bleibt Anlegern seit Jahren erhalten: Es sind anscheinend immer die anderen, die rechtzeitig bei den richtig heißen Aktien dabei gewesen sind. Facebook kurz nach dem Börsengang gekauft – und seither mehr als 1500 Prozent Rendite gemacht. Bei Biontech rechtzeitig zur Zulassung des Coronaimpfstoffs eingestiegen – plus 160 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten.
Während in den Depots links und rechts die Party abgeht, steht man selbst sauertöpfisch daneben und blickt auf die paar Prozent Rendite, die das eigene wohlabgewogene ETF-Portfolio abwirft. So vernünftig. Und so freudlos.
Wachstumswerte hingegen sind die verheißungsvollen Funkelsteine des Aktienmarkts. Sollte man vielleicht selbst mal mutig sein und in solche Titel investieren? In Aktien, bei denen die Aussicht auf satte Umsatz- und Gewinnzuwächse besteht, die sich dann in Kursen niederschlagen, die deutlich stärker steigen als der Börsenschnitt?
Im Prinzip eine gute Idee, wären da nicht zwei Haken: Wachstumsaktien sind teuer. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – sofern es überhaupt Gewinne gibt – sind all die schönen Zukunftshoffnungen meist bereits in den Kurs doppelt und dreifach eingepreist.
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Und: Auf jeden Wachstumsstar kommen mindestens ebenso viele Loser. Während die Biontech-Aktionäre der ersten Stunde gern davon berichten, wie ihr Pioniergeist belohnt wurde, hört man eher selten von denen, die auf den einst ebenfalls aussichtsreichen Wettbewerber Curevac gesetzt hatten – minus 70 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten.
Wie aber wäre es, wenn sich Wachstumsaktien identifizieren ließen, die erstens noch günstig bewertet sind und zweitens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich liefern, was sie versprechen?
Das Handelsblatt hat sich auf die Suche nach solchen maßvoll bewerteten Wachstumsaktien gemacht – zu beiden Seiten des Atlantiks und in acht Branchen. Denn Wachstum gibt es nicht nur in der Technologie, sondern überall: in der Industrie, im Konsumsektor und in der Chemie. Wir haben dazu pro Branche die jeweils zehn nach Umsatz größten europäischen Konzerne mit den jeweils zehn größten US-amerikanischen Unternehmen verglichen, insgesamt also 160 Unternehmen bewertet.
Dabei ging es aber nicht um schiere Größe, sondern um drei anlegerrelevante Kennzahlen. Und das über einen längeren Zeitraum, der Boom, Talfahrt, Krise und Erholung samt neuerlichem Boom abdeckt.
Erstens: Welches Unternehmen ist in den vergangenen fünf Jahren am stärksten gewachsen? Dabei geht es um die Steigerung des Umsatzes. Nur wachsende Unternehmen schaffen die Voraussetzung für künftig steigende Gewinne und damit Kurssteigerungen.
Zweitens: Wer ist am profitabelsten? Hier geht es um die Nettoumsatzrenditen, also wie viel Reingewinn vom Umsatz übrig bleibt. Je mehr, desto besser sind die Voraussetzungen für künftige Investitionen und Ausschüttungen, die wiederum das Wachstum und die Kurse treiben.
Drittens: Wer ist gemessen am Unternehmensgewinn am niedrigsten an der Börse bewertet? Hier wird der Jahresnettogewinn in Relation zur Börsenbewertung gesetzt – es geht also um das klassische KGV. Je niedriger ein Unternehmen bewertet ist, desto attraktiver ist die Aktie. Das gilt vor allem im Zusammenhang mit den beiden anderen Kategorien: Wachstum und Profitabilität.
Kurz gesagt: Es geht um die Frage, wer am stärksten wächst, am profitabelsten wirtschaftet und dazu möglichst niedrig bewertet ist. Lesen Sie hier die Zusammenstellung der 24 besten Zukunftsaktien.
Schwerindustrie: Nucor überragt alle
In den drei Kategorien Wachstum, Profitabilität und Bewertung überragt Nucor mit 58 von 60 möglichen Punkten alle Unternehmen in der Branche – und auch alle übrigen untersuchten Konzerne. Amerikas größter Stahlhersteller aus North Carolina ist der weltgrößte Betreiber von Mini Mills. Das sind Öfen, in denen gesammelter Schrott zu neuem Stahl geschmolzen wird.
Nucor ist damit der größte Schrottrecycler, um so den begehrten Werkstoff herzustellen. Die Idee zahlt sich aus und schlägt sich im rasanten Wachstum samt beispiellos hoher Profitabilität nieder. Obendrein kostet das Unternehmen und heruntergerechnet jeder Anteilschein an der Börse nur knapp den fünffachen Jahresnettogewinn.
Noch günstiger – bei deutlich geringerem Wachstum – ist zwar der europäische Wettbewerber Arcelor Mittal mit Konzernsitz in Luxemburg. Der Stahlkonzern kostet an der Börse nur gut das Zweifache des für 2021 prognostizierten Jahresnettogewinns. Keine andere Aktie unter den nach Umsatz Top 500 in den USA und Top 500 in Europa ist so günstig. Die niedrige Bewertung spiegelt aber die Sorge vieler Anleger wider, dass Arcelors Gewinne sinken, sobald die Stahlnachfrage nachlässt oder Energie teurer wird.
Teurer, aber mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 14 moderat bewertet ist die Aktie von Northrop Grumman. Der amerikanische Rüstungskonzern profitiert von weltweit steigenden Verteidigungsausgaben. Zuletzt verstärkte sich Northrop im zukunftsträchtigen Raumfahrtgeschäft. Der Bereich trägt rund die Hälfte zum Gesamtumsatz bei.
Konsum: Preiswert gibt es LVMH nicht
Kein Segment ist neben der Informationstechnologie so hoch bewertet wie der Konsum. Der Grund: In einer Welt ohne Zinsen suchen immer mehr Anleger nach vermeintlich sicheren Aktien, weil es mit Anleihen kein Geld mehr zu verdienen gibt und sie diese Sicherheit nun in der Konsumbranche vermuten. Hier finden sich viele konjunkturunabhängige Unternehmen, die mindestens stabile, meist aber stetig steigende Einnahmen und Gewinne bieten. Hinzu kommen attraktive Dividenden.
Diese Kriterien erfüllen die Sieger: Amerikas Baumarktkette Home Depot, der Lebensmittelkonzern Pepsico und ganz besonders LVMH, Europas wertvollstes Unternehmen. Alle drei ragen mit zweistelligen Nettoumsatzrenditen heraus und wachsen stetig, am stärksten LVMH.
Obwohl ausgerechnet diese Aktie noch etwas teurer als der ohnehin schon teure Durchschnitt ist, erfüllt Louis Vuitton Moet Hennessy (LVMH) am besten die Kombination aus starkem Wachstum, hoher Profitabilität und angemessener Bewertung. Hohe Spannen zwischen Herstellungskosten und Verkaufspreisen bescheren den Franzosen dauerhaft exzellente Margen.
Sorgen über höhere Einkaufs- und Produktionskosten angesichts steigender Preise gibt es nicht, weil sich nirgendwo so leicht höhere Preise durchsetzen lassen wie im Luxussegment. Vor allem die wachsende Kundengruppe der wohlhabenden Chinesen achtet wenig auf Kosten. Das gilt sogar in Krisenjahren wie 2020, als LVMH mit 10,5 Prozent eine stattliche Nettoumsatzrendite erwirtschaftete.
Chemie und Pharma: Beachtliches Comeback
US-Riesen wie CVS Health, MC Kesson und Cigna wachsen stärker als die meisten europäischen Wettbewerber. Dafür überzeugen diese ausgerechnet in der Domäne, die üblicherweise den Amerikanern vorbehalten ist: überragende Profitabilität. Hier dominieren Konzerne wie Roche, Novartis, Sanofi und Lyondell Basell mit zweistelligen Umsatzrenditen.
Im Krisenjahr 2009 beantragte der niederländische Chemiekonzern Lyondell Basell Gläubigerschutz und nutzte die sich aus dem US-Insolvenzrecht eröffnende Chance, sich zu restrukturieren. Mit Erfolg. Der Konzern ist weltweit führender Anbieter von thermoplastischem Kunststoff, dem Polyethylen.
Beim weltweit viertgrößten Chemiekonzern überzeugt die hohe Umsatzrendite und zugleich niedrige Bewertung. Grund dafür ist, dass der Konzern mit seiner Produktpalette und ganz besonders mit seiner Petrochemie stark vom Lauf der Weltwirtschaft und dem Ölpreise abhängig . Das sorgt für Bewertungsabschläge.
Diese gibt es auch bei Bayer. Grund dafür ist der gemessen am Unternehmenswert überteuerte Kauf des umstrittenen Saatgutherstellers Monsanto für 60 Milliarden Euro. Der damit verbundene Rechtsstreit um den möglicherweise krebsverursachenden Unkrautvernichter Glyphosat könnte Bayer rund 15 Milliarden Dollar kosten.
Solange die US-Klagen nicht vom Tisch sind, bleibt der Kurs gedeckelt. Die Aktie notiert gut 65 Prozent unter ihrem vor dem Deal erreichten Allzeithoch. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut sieben zählt Bayer zu den preiswertesten Pharma-Aktien weltweit.
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Mobilität: Deutsche Domäne
Der Börsenstar Tesla wächst zwar am stärksten und ist inzwischen sogar profitabler als alle übrigen neun untersuchten Mobilitätskonzerne in den USA, wozu vor allem die kapitalschwachen Fluggesellschaften gehören. Das zeigt die Kennzahl Umsatzrendite.
Doch der Elektroautobauer ist mit gut einer Billion Euro an der Börse so hoch bewertet, als ob Tesla in Zukunft mindestens die Hälfte aller Autos verkauft – und das weltweit. Wer auf so viel Absatzerfolg nicht spekulieren möchte, setzt auf deutsche Premiumhersteller. Dazu zählt auch Volkswagen mit seinen großen und gewinnstarken Marken Audi und Porsche.
Beim Gesamtsieger BMW überzeugt vor allem die in der Branche rekordhohe Nettoumsatzrendite von gut neun Prozent. Der akute Chipmangel erhöht bei den Premiumherstellern sogar noch die Gewinne, weil sie sich auf hochpreisigere Modelle konzentrieren und angesichts der starken Nachfrage auf Rabatte verzichten.
Wer stärker auf Wachstum setzen und trotzdem keine überbewertete Aktie wie Tesla in seinem Depot haben möchte, schaut auf Tenneco. Der Zulieferer aus Illinois beliefert weltweit fast alle Autobauer, vor allem mit Stoßdämpfern.
Dem hohen Umsatzwachstum von fast 90 Prozent in den vergangenen fünf Jahren steht allerdings eine geringe Profitabilität gegenüber. Die sehr niedrige Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von nur viereinhalb spiegelt die Sorge wider, dass Zulieferer stärker unter der Umstellung auf Elektromobilität leiden als die Autobauer selbst. Die Aktie ist deshalb risikoreich.
IT: Die Großen bleiben vorn
Wer darauf spekuliert, kleinere und wachstumsstärkere Firmen lösten die etablierten US-Tech-Riesen ab, liegt falsch. Noch immer überzeugen Meta Platforms (Facebook), Microsoft und Alphabet (Google) mit rasanten Zuwächsen, die in überproportional stark steigenden Gewinnen und einer hohen Profitabilität münden. Das kompensiert die ambitionierten Aktienbewertungen an der Börse.
Das Erfolgsgeheimnis ist eine Mischung aus Monopol, Preis- und Weltmacht. So hat die vor 46 Jahren von Bill Gates gegründete Firma Microsoft eine so hohe Marktdurchdringung erreicht, dass es für neue Anbieter schwer ist, Anteile zu erobern. Die fehlende Konkurrenz macht aus Microsoft einen Beinahe-Monopolisten mit hohen Margen. Jahr für Jahr bleiben mehr als 20 Prozent vom Umsatz als Nettogewinn übrig.
Google und das soziale Netzwerk Facebook wirtschaften mit Nettoumsatzrenditen von rund 30 Prozent deutlich profitabler als Europas Technologiegrößen wie SAP oder Vodafone. Besser als alle anderen verstehen es die Amerikaner, mithilfe ihrer überwältigenden IT-Stärke traditionelle Branchengrenzen verschwimmen zu lassen und mit ihrem Siegeszug in der Digitalisierung die Gunst immer neuer Verbraucher zu erobern.
Facebook mit seinen täglich fast zwei Milliarden Nutzern profitiert ebenso wie Alphabet mit seiner Suchmaschine Google und ihrem rund 80-prozentigen Marktanteil von wachsenden Werbeeinnahmen. Bislang scheint niemand diese Dominanz aufbrechen zu können.
Rohstoffe: Unkorrekt, aber preiswert
Europa und vor allem Russland dominieren traditionell den Rohstoffsektor. Markenzeichen sind gewinnträchtige, hochprofitable und niedrig bewertete Öl- und Gasgiganten wie Rosneft und Gazprom. Doch ein Konzern überragt alle: Rio Tinto. Dank der weltweit steigenden Nachfrage nach Eisenerz, dem Grundstoff für Stahl, dürfte der britisch-australische Bergbaukonzern in diesem Jahr voraussichtlich gut 20 Milliarden Euro netto verdienen. An der Börse kostet der gesamte Konzern nur rund 93 Milliarden Euro. Mit einem sich daraus errechnenden Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund viereinhalb ist die Aktie sehr günstig.
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens steht der Konzern wie fast alle Unternehmen der Branche wegen seines Raubbaus an der Natur in der Kritik. Viele Fondsgesellschaften kaufen die Aktien nicht. Gegenüber Rio Tinto war die Abneigung besonders stark, als der Konzern 2020 eine heilige Stätte der Aboriginies sprengte, um dort Eisenerz abzubauen. Das kostete dem Vorstandschef den Job. Seitdem wirbt sein Nachfolger, der Däne Jakob Stausholm, um Vertrauen.
Zweitens ist der Konzern stark von der Weltkonjunktur abhängig. Drei von vier Euro erlöst Rio Tinto mit dem Verkauf von Eisenerz. Dessen Preise schwanken stark. Doch erst einmal sind die Aussichten gut.
Angesichts der hohen Gewinne hat Rio Tinto eine Sonderdividende von drei Milliarden Dollar angekündigt. Dies eingerechnet lockt der Minenbetreiber mit einer Dividendenrendite von 18 Prozent. Das ist Spitze unter allen untersuchten Aktien.
Versorger: Binnenmarkt macht stark
Dominion Energy, NRG Energy und Edison International ragen in der Versorgerbranche mit starken Wachstumszahlen heraus. Hierzulande dürften viele Anleger diese US-Unternehmen kaum kennen. Die Firmen profitieren vom Binnenmarkt und dem rasant wachsenden Stromverbrauch.
Ein starkes Umsatzplus und dazu eine attraktive Bewertung kennzeichnen die Nummer eins im Ranking, NRG Energy. Der US-Versorger aus Texas beliefert rund drei Millionen Privatkunden in 19 Bundesstaaten mit Strom. Dieser wird aus Gas, Kohle, Öl, Kernkraft und Wind erzeugt. In den vergangenen Jahren übernahm der 1992 gegründete Konzern gut ein Dutzend Energiefirmen des Landes. Dadurch wächst NRG besonders stark.
In Europa überzeugt Iberdrola mit solidem Wachstum und fast viereinhalb Prozent Dividendenrendite – auch wenn die in diesem Ranking kein Kriterium war. Spaniens Versorger setzt mehr als die meisten Wettbewerber auf erneuerbare Energien. Bis 2025 will der Konzern um Vorstandschef Ignacio Galan knapp 35 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren, dazu 27 Milliarden Euro in den Ausbau der Netze. 2030 wird das Unternehmen laut firmeneigener Vorgabe klimaneutral sein.
Iberdrola profitiert vom Ziel der spanischen Regierung, grünen Wasserstoff zu exportieren. Das größte Einzelprojekt für grünen Wasserstoff vereinbarte Iberdrola mit dem spanischen Düngemittelproduzenten Fertiberia. Gebaut wird eine der weltweit größten Photovoltaikanlagen, mit 20 Megawatt Kapazität.
Logistik: Sonderkonjunktur beflügelt
Die weltweit hohe Nachfrage und knappen Transportkapazitäten treiben die Gewinne der Container-Schifffahrtsriesen außerordentlich. Hapag-Lloyd dürfte im laufenden Geschäftsjahr seinen Umsatz auf rund 22 Milliarden Euro steigern und damit gegenüber dem Vorjahr fast verdoppeln.
Weil die Kosten fast konstant bleiben, steuert die führende deutsche Container-Reederei 2021 auf einen Rekordnettogewinn von 8,5 Milliarden Euro zu – nach knapp einer Milliarde Euro im vergangenen Jahr. Der dänische Wettbewerber A.P. Moller Maersk dürfte gut 15 Milliarden Euro verdienen, nach zweieinhalb Milliarden Euro im Vorjahr. Die Nettoumsatzrenditen steigen bei beiden Konzernen im laufenden Jahr auf mehr als 25 Prozent.
Bei dem einen Ausnahmejahr dürfte es nicht bleiben, die Knappheiten werden auch 2022 andauern. Weltweit gibt es nicht genügend Containerkapazitäten, sie sind auf lange Zeit ausgebucht. Kostete der Transport eines 40-Fuß-Containers, wie er zwischen Asien und den USA am häufigsten verschifft wird, im Vor-Corona-Jahr 2019 weniger als 4000 Dollar, so werden Ende 2021 mehr als 20.000 Dollar verlangt.
Zwar sind die Aktienkurse beider Reedereien bereits kräftig gestiegen. Doch angesichts der noch stärker steigenden Gewinnerwartungen werden die Anteilsscheine gemessen am KGV preiswerter. Allerdings sollten Anleger bei Hapag-Lloyd Kursschwankungen aushalten können: Nur knapp vier Prozent der Anteilsscheine sind an der Börse breit gestreut.
Weitere Hintergründe zu unserer Aktien-Analyse:
Asien bleibt in diesem Vergleich außen vor, auch weil hier vor allem chinesische Aktien herausragen, wenn es um einen Kennzahlenvergleich geht. Doch auf chinesische Einzelaktien zu setzen birgt angesichts der Einflussnahme der Kommunistischen Partei auf Konzerne und nicht konforme Vorstandschefs enorme Risiken, wie der Fall Alibaba um Jack Ma gezeigt hat. Auch das Drama um einen möglichen Zahlungsausfall der Immobilienriesen Evergrande und Kaisa mahnt zur Vorsicht.
In jeder der drei Kategorien – Umsatzsteigerung, Profitabilität und Börsenbewertung – gibt es maximal 20 Punkte, ein Unternehmen kann also maximal 60 Punkte erreichen. Ein erstes Ergebnis: Niemand schafft die volle Punktzahl. Es gibt also kein Unternehmen, das schneller als alle Wettbewerber wächst, sie alle bei der Profitabilität aussticht und zudem noch am niedrigsten bewertet ist. Aber es gibt Unternehmen, die eine sehr attraktive Mischung aus diesen drei Faktoren erzielen.
Überraschung in der Industrie
Zweites Ergebnis: Stark zu wachsen und viel Potenzial zu haben ist kein Vorrecht junger Unternehmen, die frisch an die Börse gekommen sind. Viele bekannte Adressen wie LVMH im Konsum, Lyondell Basell in der Chemie und Iberdrola bei den Versorgern zählen zu sehr aussichtsreichen Wachstumsaktien.
Aber es gibt auch Überraschungen, wie die traditionelle Industrie beweist. Kennen Sie etwa Nucor? Der US-Konzern produziert Stahl aus Schrott, ist damit der größte Recycler in der stromintensiven Branche und wächst mit seinem Geschäftsmodell außergewöhnlich stark.
In der Summe sind die US-Unternehmen in der Kombination aus Wachstum, Profitabilität und Bewertung erfolgreicher: Im Gesamtranking erreichen sie 2336 Punkte – gegenüber 2248 Punkten für die europäischen Wettbewerber.
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Das war im Prinzip so zu erwarten. US-Aktien entwickeln sich nahezu durchgehend besser als europäische. Im Aufschwung steigen die Kurse amerikanischer Konzerne etwas mehr, im Abschwung fallen sie dagegen etwas weniger stark als die ihrer europäischen Gegenüber.
Nach diesem Muster weitet sich der Kursunterschied zu beiden Seiten des Atlantiks auf Sicht von Monaten, Jahren und Jahrzehnten immer mehr aus, sodass der US-Vorsprung inzwischen gigantisch anmutet: Die 500 größten US-Konzerne sind umgerechnet knapp 32 Billionen Euro wert, Europas Top 500 bringen es auf zwölf Billionen Euro. Amerikas wichtigster Index, der S&P 500, hat sich in den vergangenen fünf Jahren glatt verdoppelt, Europas vergleichbarer Stoxx 600 schaffte gerade mal ein Plus von 20 Prozent.
Gemessen daran ist der Vorsprung der US-Wachstumsstars in unserer Auswahl mit gerade einmal 88 Punkten recht überschaubar. Grund dafür: Die stark gestiegenen Kurse an der Wall Street haben dazu geführt, dass US-Unternehmen fast durchweg höher als ihre europäischen Wettbewerber bewertet sind. Geht es um die Top 3 in jeder Branche, also die attraktivsten Aktien in jedem Segment, dann stellen die USA und Europa jeweils zwölf Topperformer. Die attraktivere Bewertung gereicht Europa in vielen Fällen zum Vorteil.
Hingegen schaffen die Amerikaner es besser, dass bei ihnen mehr Netto vom Brutto übrig bleibt. Kein Wunder, denn mit einer Nettoumsatzrendite von fast sechs Prozent wirtschaftet Corporate America im Schnitt mehr als doppelt so profitabel wie Europa. Nie war der Renditevorsprung größer.
Überaus deutlich ist Amerikas Vorsprung erwartungsgemäß in der IT. Die Handelsblatt-Auswahl dominieren die alten Bekannten Meta Platforms (Facebook), Microsoft und Alphabet (Google). Rasante Umsatzzuwächse, die in überproportional stark steigende Gewinne münden, kompensieren hier die ambitionierten Aktienbewertungen an der Börse. Kein Europäer schafft es unter die Top 3 der IT-Wachstumsstars, trotz deutlich günstigerer Bewertung.
In den übrigen sieben Branchen ist das Rennen enger. Bei den oft in der Kritik stehenden Rohstoffunternehmen dominieren sogar die Europäer. Nicht weil sie nachhaltiger wirtschaften, darum ging es in dieser Auswahl nicht, sondern weil sie stärker wachsen, profitabler und niedriger bewertet sind. Und im Bereich Mobilität schlägt BMW sogar den Börsenstar Tesla, der nach allen gängigen betriebswirtschaftlichen Kriterien an der Börse klar überbewertet ist.
Das starke Gewinnwachstum dürfte die Märkte weiter nach oben treiben.James Beaumont, Investmentmanager Natixis
Über alle Branchen hinweg gilt: In Europa haben sich die Aktienkurse in der Vergangenheit zwar deutlich schwächer entwickelt. Doch das muss nicht so bleiben, denn für Anleger zählt die Zukunft. Geht es um Wachstum und Dynamik, dann liegt Europa vorn, wie Handelsblatt-Berechnungen zeigen: Die 500 größten Unternehmen des Kontinents erhöhen derzeit ihre Gewinne so stark wie noch nie.
Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres stiegen die Nettogewinne auf 308 Milliarden Euro – nach einem Verlust von 13,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Mit Blick auf das laufende Gesamtjahr prognostizieren Analysten für Europas Konzerne im Durchschnitt einen Gesamtnettogewinn von gut 640 Milliarden Euro. Das wäre so viel wie noch nie.
Starke Prognosen für 2022
Daran gemessen ist die Dynamik in Amerika etwas schwächer: Die 500 Topkonzerne des Landes erhöhten ihre Gewinne im ersten Halbjahr von 201 auf 552 Milliarden Euro. Im dritten Quartal legten die Gewinne je Anteilsschein um rund 40 Prozent zu. Im Gesamtjahr dürften die Konzerne rund 1,1 Billionen Euro Nettogewinn einfahren – nach 611 Milliarden Euro im Vorjahr.
„Die Auftragsbücher der Industrieunternehmen sind prall gefüllt, und auch beim Konsum von Dienstleistungen besteht bei einem Abflauen der Pandemie noch Luft nach oben“, sagt der Chefanlagestratege der Deutschen Bank, Ulrich Stephan, und prognostiziert: „Das sind gute Aussichten für die Aktienmärkte im neuen Jahr.“
Doch wie lange können die Börsen überhaupt noch zulegen? Seit dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 haben sich die Aktienkurse weltweit verdoppelt. Das zeigt der MSCI-World-Chart mit den 1600 größten Unternehmen. Fast im Wochenrhythmus erreichten wichtige Börsenindizes wie Dow Jones, S&P 500, Nasdaq in den USA und der Dax in Deutschland in diesem Jahr Rekordhochs.
Die neue Coronavariante Omikron brachte die Kurse zwar kurzzeitig zum Sinken. Doch wie so oft scheinen sich all jene Anleger zu belohnen, die jeden Rücksetzer mutig zum Einstieg oder Nachkaufen nutzen – statt die große Trendwende zu wittern und alles zu verkaufen.
Auch diesmal bleiben die meisten Experten optimistisch. „Ein Blick auf die Bilanzergebnisse des dritten Quartals zeigt, dass diese Entwicklung auch fundamental unterlegt ist“, sagt der Leiter des Fondsmanagements der Bank Merck Finck, Marc Decker.
Und auch 2022 ist nach Ansicht des Vermögensverwalters James Beaumont von der Investmentgesellschaft Natixis keine Trendwende in Sicht: „Das starke Gewinnwachstum dürfte die Märkte weiter nach oben treiben, da sich die Erträge und Margen weltweit verbessern.“ Solange die Weltwirtschaft boomt und die Unternehmen nicht in der Lage sind, die hohe Nachfrage restlos zu befriedigen, ist ein Abschwung in der Realwirtschaft nicht in Sicht.
Die Börsenhistorie lehrt vor allem eines: Zu früh auszusteigen birgt das Risiko, den weiter steigenden Kursen hinterherzuschauen – und womöglich irgendwann reumütig zu noch höheren Preisen wieder einzusteigen.
In einer so fortgeschrittenen Hausse wie der derzeitigen ist es allerdings besonders wichtig, auf die richtigen Aktien zu setzen: auf solche, die die Hoffnung auf weiteres Wachstum mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht enttäuschen. Die Handelsblatt-Auswahl bietet gute Chancen, dass dieses Börsenkunststück gelingt – und es endlich mal die anderen sind, die neidisch auf das eigene Depot schauen.
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