Persil-Hersteller Henkel will mehr als 2000 Mitarbeiter entlassen - vor allem im Management
Der Dax-Konzern will seine Konsumgütersparten zusammenlegen und rechnet mit hohen Einsparungen. Dafür müssen Tausende Mitarbeiter in zwei Phasen gehen.
**Düsseldorf.**Der Konsumgüterhersteller Henkel will sich im Zuge seines Konzernumbaus von mindestens 2000 Beschäftigten trennen. Das kündigte der Produzent von Persil, Pril und Pritt am Donnerstag an. In einem ersten Schritt sollen bis Ende 2023 rund 2000 Mitarbeiter vor allem aus Vertrieb und Verwaltung den Dax-Konzern verlassen müssen.
Wie viele Stellen in Deutschland wegfallen, ist noch unklar. Allerdings sitzt der Großteil der Henkel-Verwaltung in der Düsseldorfer Zentrale. In einem zweiten Schritt will Henkel auch in den Bereichen Produktion und Lieferkette die Kosten drücken, was ebenfalls zu Entlassungen führen wird. Eine konkrete Zahl nannte Henkel nicht.
Die Arbeitsplätze würden „überwiegend im Management“ abgebaut, erklärte Henkel-Chef Carsten Knobel auf Nachfrage. „Unser klares Ziel ist es, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.“ Durch den Schritt rechnet Henkel mit Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro.
Hintergrund der Entlassungen ist der Umbau der Konsumgütersparten von Henkel zur neuen Unternehmenseinheit „Consumer Brands“. CEO Knobel will das kriselnde Kosmetikgeschäft („Schwarzkopf“, „Dial“, „Syoss“) mit dem besser laufenden Wasch- und Reinigungsmittelbereich und seinen bekannten Marken wie Persil und Pril zusammenlegen. Von der neu formierten Einheit verspricht sich Knobel schnellere Entscheidungen, gezieltere Innovationen und mehr Wachstum.
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Der Konzern beschäftigt in den betroffenen Sparten 20.000 Mitarbeiter, 3000 davon in Deutschland. Im ersten Schritt muss also ein Zehntel der Mitarbeiter in den betroffenen Bereichen gehen. Insgesamt hat Henkel weltweit über 52.000 Mitarbeiter.
Mit dem Konzernumbau reagiert Knobel auf die Kosmetiksparte, die seit Jahren schwächelt. Analysten hatten immer wieder kritisiert, dass das Geschäft im Vergleich mit Konkurrenten wie L’Oréal zu klein und nicht profitabel genug sei. Zuletzt erzielte Henkel in dieser Sparte nur noch eine Marge von 9,5 Prozent. Wettbewerber wie Beiersdorf oder Unilever, die anders als Henkel auch Luxusprodukte und hochwertige Hautcremes im Angebot haben, erzielen hier deutlich zweistellige Werte.
Henkel steht nach dem Umbau auf zwei Säulen
Nach dem Umbau, der 2023 abgeschlossen sein soll, wird Henkel auf zwei etwa gleich großen Säulen stehen. Das neue, zusammengefasste Konsumgütergeschäft steht in den Zahlen von 2021 für 52 Prozent der Umsätze und für 45 Prozent der Gewinne vor Steuern und Zinsen (Ebit). Die Klebstoffsparte ist für Henkel deutlich profitabler als der Verkauf von Kosmetika oder Reinigungsmitteln. Im Klebstoffgeschäft gilt der Düsseldorfer Traditionskonzern als führend.
Henkel will auch sein Portfolio weiter auszumisten. Marken, die nicht profitabel sind oder nicht schnell genug wachsen, sollen eingestellt oder verkauft werden. Henkel überprüft im Konsumentenbereich derzeit Geschäfte mit einem Umsatzvolumen von bis zu einer Milliarde Euro. Allein in der Kosmetiksparte werden in diesem Jahr Marken in Höhe von 184 Millionen Euro eingestellt. Bis 2021 hatte das Unternehmen bereits Geschäfte von rund 500 Millionen Euro verkauft oder eingestellt, vor allem im schwächelnden Geschäft mit der Körperpflege.
Henkel-Chef Knobel sieht durch den Umbau einerseits Synergien. So müssten nicht mehr wie bislang Vertriebler aus beiden Firmenbereichen mit den gleichen Kunden verhandeln. Henkel will mit der neuen Sparte, die dann für zehn Milliarden Euro Umsatz steht, auch leichter Akquisitionen tätigen können, die bislang weder zu dem einen noch zu dem anderen Bereich passen.
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„Es ist nicht der große Befreiungsschlag“
Andererseits hat Henkel durch den Umbau „den klaren Anspruch, unser Wachstum zu steigern“, so Knobel. Er rechnet durch das Einstellen nicht-profitabler Geschäfte mit steigenden Margen. Dieses Geld will er in bestehende Marken investieren, um diese zu stärken – und damit die Relevanz von Henkel im Handel. Er hofft dadurch, einfacher Preiserhöhungen durchsetzen zu können. Knobel spricht gar von einem „positiven Wachstumskreislauf, der sich selbst trägt“.
Firmenbeobachter sind skeptisch. Für sie ist die Zusammenlegung eine Defensivmaßnahme mit Vorteilen auf der Kostenseite, die nicht gleich zu steigenden Umsätzen führt. „Es ist nicht der große Befreiungsschlag“ sagt Jella Benner-Heinacher, die Henkel für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) beobachtet.
Damit Knobels Plan aufgehe, müsse Henkel zunächst signifikant Marktanteile gewinnen. Für die Expertin wirkt das Vorgehen vielmehr wie eine „Restrukturierung des Konsumentengeschäfts“.
Analysten empfehlen dem Konzern schon länger, den Kosmetikbereich durch große Zukäufe zu stärken – oder komplett auszusteigen, womit sich Henkel allerdings auch aus Traditionsgründen schwer tut. Für Benner-Heinacher ist die Veräußerung und Einstellung der Marken allerdings „der Einstieg in den Ausstieg aus dem Kosmetikgeschäft“.
Analysten sehen in der neuen Zweiteilung auch die Chance für eine Aufspaltung in eine Klebstoff- und eine Konsumgüterfirma und versprechen sich davon steigende Erlöse. Doch diesen Plänen erteilte Knobel wiederholt eine Absage: „Ganz klar: nein“.
Der Henkel-Chef strebt für die Sparte Consumer Brands ein organisches Umsatzwachstum von drei bis vier Prozent an. Das Ziel für das bisherige Konsumentengeschäft von Henkel lag bei zwei bis drei Prozent. Die bereinigte Umsatzrendite soll in der neuen Sparte auf einen Wert im mittleren Zehn-Prozent-Bereich ansteigen. Im Kosmetikgeschäft lag diese im abgelaufenen Jahr bei 2,1 Prozent, bei Wasch- und Reinigungsmitteln belief sie sich auf 12,1 Prozent.
Henkel kämpft mit steigenden Kosten und den Folgen des Russlandrückzugs
Zuletzt hatte Henkel 2008 im Zuge eines Sparprogramms rund 3000 Beschäftigte weltweit entlassen. Damals verwies das Management etwa auf steigende Rohstoffkosten.
Unter diesen leidet Henkel gerade wieder massiv: Erst vergangene Woche musste der Konzern eingestehen, im laufenden Jahr geringere Gewinne als geplant zu erzielen. Henkel rechnet wegen steigender Rohstoffpreise und Mehrkosten für Logistik mit zusätzlichen Kostenbelastungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro.
Schon in der Covidkrise kämpften Henkel und Konkurrenten mit steigenden Kosten für Rohstoffen und lückenhaften Lieferketten. Der Krieg in der Ukraine und die dadurch steigenden Energiepreise haben die Lage nochmals verschärft.
Ohnehin steht Henkel unter Druck: Mitte April hatte Henkel nach langem Zögern seine Tätigkeiten in dem Land beendet. Henkel war wie kein anderer Dax-Konzern in Russland investiert, erzielte dort fünf Prozent seines Konzernumsatzes, rund eine Milliarde Euro, und beschäftigt in elf Werken 2500 Mitarbeiter.
Vergangene Woche kündigte Henkel an, sich aus dem mit Russland verbündeten Belarus zurückzuziehen. Vor allem wegen des Rückzugs aus Russland rechnet Henkel mit „signifikanten Auswirkungen“ auf die Finanzen, kann diese aber noch nicht näher beziffern.
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