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Ende des Immobilien-Booms? Auf diesen vier Feldern sieht Großinvestor Blackstone noch Potenzial

Der Finanzinvestor sieht weiterhin Chancen in dem Markt. Auch andere Adressen wie ABG Real Estate rüsten sich für Gelegenheiten.

Die Kunst eines guten Deals hat Blackstone-Präsident Jonathan Grey erst kürzlich erläutert: Beim Investieren gehe es stets darum, etwas zu sehen, was andere nicht sehen oder sie anders sehen. Nun hat der US-Finanzinvestor offensichtlich eine neue attraktive Gelegenheit ausgemacht: den wackeligen europäischen Immobilienmarkt. „Es stimmt, dass die Investoren im Moment vorsichtiger sind“, sagte James Seppala, Chef der Real-Estate-Sparte Europa bei Blackstone, im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Aber für uns von Blackstone könnten die nächsten 18 Monate als Investor sehr interessant sein. Wir sind sicherlich auf der Suche nach neuen Investitionen.“

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Seppala räumte zwar ein, dass man sich in einer unsicheren Zeit mit widersprüchlichen Daten und Trends befinde. „Es gibt berechtigte Gründe, vorsichtig zu sein: Das Zinsumfeld hat sich verändert, und das makroökonomische Bild ist herausfordernd – natürlich auch aufgrund der Tatsache, dass in Europa Krieg herrscht.“

Dennoch setzt der Investor, der zu den großen privaten Immobilienkäufern zählt, im wichtigen europäischen Markt weiterhin auf Wachstum. Die Fundamentaldaten von Immobilien in einer Reihe von Sektoren seien so stark wie nie zuvor. „Ich bin mir also nicht sicher, dass wir auf den Immobilienmärkten einen Wertverlust erleben werden“, sagte der Top-Manager.

So hat der Großinvestor vor allem vier Felder ausgemacht, die noch interessant sind. „Ich bin optimistisch, was beispielsweise Logistik-, Mehrfamilien-, Life-Science- und hochwertige Büroimmobilien betrifft, auch wenn das Umfeld schwierig ist“, sagte Seppala. „Wir konzentrieren uns sehr darauf, unsere Investitionen in diesen Sektoren in den nächsten 18 Monaten zu erhöhen.“

Vor allem der Bereich Logistik hat sich zuletzt zu einem Liebling von Investoren entwickelt. Die deutschen Industrie- und Logistikimmobilienmärkte verzeichneten nach Zahlen des Immobilienberaters Colliers in der ersten Jahreshälfte 2022 einen Rekordflächenumsatz. Bei Büros habe sich das Transaktionsgeschehen dagegen bereits deutlich verlangsamt, wie BNP Paribas Real Estate vorrechnet.

Transaktionen gehen stark zurück

Viele Investoren sind insbesondere wegen der steigenden Zinsen und Baukosten an den Kapitalmärkten derzeit abwartend bei neuen Immobilieninvestments. Der Krieg in der Ukraine, der anhaltende Inflationsschub und deutlich gestiegene Finanzierungskosten bremsten den deutschen Immobilieninvestmentmarkt bereits im Frühjahr aus. Das Transaktionsvolumen sank im zweiten Quartal binnen Jahresfrist um rund ein Drittel auf 11,6 Milliarden Euro, wie aus jüngsten Daten des Immobiliendienstleisters CBRE hervorgeht.

Laut Ulrich Höller, geschäftsführender Gesellschafter der ABG Real Estate Group, hat das beispiellose Zusammentreffen mehrerer Krisen alle Akteure überrascht. Auch sein Unternehmen halte verkaufsreife Projekte wie das Berliner Bürogebäude Voltair nun erst mal zurück.

Doch gegen Jahresende sollte sich die Zurückhaltung vieler Investoren lösen und der Markt wieder in Gang kommen, hofft der Topmanager. Vor allem Projektentwickler müssten derzeit jedoch neu rechnen, für einige werde es finanziell sehr eng werden. Für solide Firmen würden sich hieraus auch Kaufgelegenheiten ergeben, meint der Experte.

„Ich glaube, wir werden eine aktive Rolle im nächsten Jahr spielen, wenn sich die Situation besser einschätzen lässt“, sagte Höller in Frankfurt. Er geht davon aus, dass die Immobilienfirma ihr betreutes Projekt-Portfolio, das derzeit rund 2,6 Milliarden Euro umfasst, um mehr als eine Milliarde Euro aufstocken werde.

Derzeit seien größere Deals dagegen gar nicht möglich, weil schlicht das Interesse der übrigen Investoren fehle. So waren nach den Daten des Analysehauses Colliers zuletzt keine Großtransaktionen mehr zu beobachten. Im ersten Halbjahr sei kein Objekt für mehr als 200 Millionen Euro gehandelt worden, stellten die Experten fest.

Blackstone erwartet keinen Crash

Dennoch sehen die Großinvestoren keine Gefahr, dass der Markt massiv einbrechen könnte. „Ich sehe keine bedeutsame Neubewertung, wie sie in früheren Krisen stattgefunden hat“, betonte Seppala von Blackstone. In früheren Krisen habe es in der Regel sowohl eine übermäßige Bautätigkeit als auch eine übermäßige Verschuldung gegeben. „Heute gibt es weder das eine noch das andere“, sagte er. Die Banken seien weitaus gesünder, der Verschuldungsgrad sei weitaus geringer, es stehe immer noch viel Kapital zur Verfügung. Das Angebot sei gedämpft und gehe weiter zurück.

Doch einfacher werden die kommenden Monate nicht. Für Immobilien-Ökonom Günter Vornholz von der EBZ Business School in Bochum ist klar: „Meiner Meinung nach ist die Party an den Immobilienmärkten erst einmal für geraume Zeit vorbei.“ Die Marktteilnehmer müssten sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen – „und das dauert seine Zeit“.

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