„Jedes Smartphone kann überall auf der Welt Empfang haben“: Elon Musk verspricht Satelliten-Internet für alle
Dank einer neuen Technik sollen Smartphones das Satelliten-Internet von Starlink nutzen können. Musk setzt auf eine Kooperation mit der Telekom-Tochter.
San Francisco. Mit einer neuen Generation von Starlink-Satelliten soll bald jedes gewöhnliche Smartphone in der Lage sein, sich mit dem Weltraum-Internet zu verbinden. Damit soll es künftig keine Funklöcher mehr geben – zunächst in den USA, aber langfristig überall auf der Welt, kündigte Tesla-Chef Elon Musk am Donnerstagabend in den USA an.
„Künftig kann jedes Smartphone überall auf der Welt Empfang haben“, sagte Musk. Bislang waren für die Nutzung des Internets von Starlink spezielle Antennen nötig. Die neue Technik werde in Kooperation mit der Telekom-Tochter T-Mobile in den USA ausgerollt.
Die Bandbreite der neuen Technik sei begrenzt, schränkte Musk jedoch ein. „Sie werden Text-Nachrichten verschicken können“, versprach Musk. Bei besonders gutem Empfang sei möglicherweise sogar das Abrufen von Videos möglich.
Die Technologie sei jedoch nicht in der Lage, herkömmliche Mobilfunknetze zu ersetzen. Das neue Starlink-Netz sei in erster Linie darauf ausgelegt, in Regionen ohne jeglichen Empfang Konnektivität zu ermöglichen.
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Die Empfangsleistung der Technik betrage zwischen zwei und vier Megabit pro Sekunde je Funkzelle, sagte Musk. Nutzen mehrere Geräte dieselbe Funkzelle, müssen sie sich die Bandbreite teilen. Zum Vergleich: Der auf Internetgeschwindigkeiten spezialisierte Anbieter Ookla bezifferte die durchschnittliche Downloadrate im Mobilfunk in Deutschland im Juli 2022 mit rund 53 Megabit pro Sekunde.
Elon Musk und T-Mobile wollen Internet in entlegene Regionen bringen
„Diese Technik wird Leben retten“, sagte Musk. Künftig können Menschen auch in entlegenen Regionen um Hilfe rufen, wenn sie in Schwierigkeiten geraten: etwa ein Bergsteiger, der verunglückt, oder ein Reisender, der in ein Unwetter gerät. „Wir gehen davon aus, dass dafür kein Smartphone in die Luft gehalten werden muss, sondern dass die Geräte auch ganz normal in der Hosentasche oder im Auto Empfang haben werden“, sagte Musk.
„Ende nächsten Jahres wird die Betaphase starten“, kündigte T-Mobile-Chef Mike Sievert an. „Die Technik wird mit üblichen Smartphones funktionieren“, sagte Sievert. Starlink liefert die Satelliten. T-Mobile stellt das Mobilfunkspektrum bereit. Für Endkunden werde es keine Mehrkosten geben, sondern der Dienst werde in bestehende Verträge aufgenommen, versprach Sievert.
Musk kündigte jedoch an, dass die Technik nicht auf T-Mobile in den USA beschränkt bleiben soll, sondern weltweit ausgerollt wird. „Dies ist eine offene Einladung an Mobilfunk-Unternehmen in der ganzen Welt: Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf“, sagte Musk.
Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte auf Anfrage, dass die Kooperation zunächst auf die USA beschränkt ist und nicht für Deutschland oder andere Landesgesellschaften der Telekom gilt.
Sowohl für Starlink als auch für T-Mobile sei die Partnerschaft ein Gewinn, urteilte Don Kellogg von der Beratungsgesellschaft Recon Analytics. „Musk kann für Starlink ein neues Geschäft erschließen, und T-Mobile kann endlich Funklöcher schließen“, sagte Kellogg. Etliche Firmen hätten bislang versucht, Satelliten-Internet für einen Massenmarkt zu erschließen, seien aber gescheitert.
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„Das Besondere an dem Ansatz ist, dass er sich mit normalen Mobiltelefonen nutzen lassen soll“, sagte Kellogg dem Handelsblatt. Zunächst bleibe jedoch abzuwarten, ob die Versprechen von Empfang und Geschwindigkeit auch eingehalten werden könnten.
Starlink bietet mobiles Internet auf Basis von Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn. Aufgrund der vergleichsweise kurzen Distanz von rund 550 Kilometern ermöglichen die Satelliten vom „Low Earth Orbit“ (Leo) aus ein schnelles Internetsignal fast überall auf der Welt.
Starlink zählt bereits 400.000 Kunden
Die Tochterfirma von Elon Musks Satelliten-Unternehmen Space X bietet ihre Dienste in mehr als 30 Ländern an, darunter auch Deutschland. Kunden müssen dafür eine Satellitenschüssel erwerben und zahlen anschließend ein monatliches Entgelt. Es liegt derzeit in den USA bei 110 Dollar im Monat sowie 599 Dollar für die Hardware-Ausstattung. Im Mai gab Starlink bekannt, weltweit mehr als 400.000 zahlende Kunden zu haben.
Nachdem Starlink die Dienste zunächst vor allem für Privathaushalte angeboten hatte, bekam die Firma in den USA kürzlich die Freigabe für eine erweiterte Nutzung auch auf Booten oder in Wohnmobilen. Zudem bietet Starlink mittlerweile einen Businesstarif mit verbesserter Hardware und höherer Leistung. Dafür verlang Starlink 500 Dollar im Monat.
Je mehr Nutzer Starlink in einer Region zählt, desto stärker können Internet-Geschwindigkeiten sinken. In den USA berichtete Ookla, dass die durchschnittliche Downloadrate von Starlink-Nutzern von 105 Megabit pro Sekunde (Mbps) im letzten Quartal 2021 auf durchschnittlich 91 Mbps im ersten Quartal 2022 gefallen sei. Geschäftskunden verspricht Starlink hingegen Download-Raten von bis zu 350 Mbps.
Zuletzt hatte Starlink einen Rückschlag erlebt. Die Telekommunikationsbehörde FCC hatte der Firma Subventionen in Höhe von rund einer Milliarde Dollar aberkannt, mit der Haushalte im ländlichen Raum der USA mit Internet versorgt werden sollten. Starlink sowie Rivale LTD Broadband hätten der Behörde nicht überzeugend darlegen können, dass sie die versprochenen Dienste auch liefern könnten, teilte die FCC mit.
US-Behörde streicht Starlink Milliarden-Subvention
FCC-Vorsitzende Jessica Rosenworcel sagte: „Wir können es uns nicht leisten, Unternehmen zu subventionieren, die nicht die versprochenen Geschwindigkeiten liefern oder die Anforderungen des Programms wahrscheinlich nicht erfüllen werden.“ Rosenworcel fügte hinzu, dass die Technologie von SpaceX „vielversprechend“ sei, betonte aber, dass Starlink sich noch in der „Entwicklungsphase“ befinde.
Für Starlink geht es auch darum, ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Der Betrieb des Netzes ist teuer.
Die Satelliten müssen alle fünf bis sieben Jahre ersetzt werden, weil sie aufgrund der niedrigen Umlaufbahn durch die Gravitation der Erde absinken und verglühen. Insgesamt geht Musk von Investitionen von 20 bis 30 Milliarden Dollar aus.
Die Kosten für die Antennen für die Endkunden werden derzeit auf mehr als 1000 Dollar geschätzt. Der Preis soll „in der nächsten Generation der Endgeräte“ auf 500 Dollar fallen, wie Musk sagte. Später solle er auf 300 oder 250 Dollar sinken.
Die Kooperation mit T-Mobile und anderen Mobilfunkunternehmen dürfte Starlink neue Einnahmequellen erschließen. Der Fokus auf stationäre Antennen könnte deutlich an Bedeutung verlieren.
Amazon und die EU wollen eigenes Satelliten-Internet schaffen
Zudem dürfte Musk damit auch versuchen, den Vorsprung zum Amazon-Gründer und Rivalen Jeff Bezos auszubauen. Denn dieser arbeitet an einem Konkurrenz-Netz zu Starlink. Amazon hatte kürzlich angekündigt, 3236 Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn zu schicken. 2024 will Amazon das Internet per Satellit anbieten, 2028 soll es voll funktionsfähig sein.
Starlink hat allerdings einige Jahre Vorsprung. SpaceX brachte seit 2018 schon mehr als 2000 Satelliten in die Umlaufbahn.
Auch die EU arbeitet an einer europäischen Antwort auf Starlink, weil Elon Musk den Ukrainern zu Beginn des Kriegs die Dienste seines Satellitennetzwerks Starlink zur Verfügung stellte. Der Internetservice aus dem All erlaubt es ukrainischen Soldaten, auch an den entlegensten Abschnitten der Front mit ihren Kommandeuren Kontakt zu halten. Die EU konnte nichts Vergleichbares bieten.
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton schlug den Aufbau eines eigenen europäischen Weltall-Internets vor: „Secure Connectivity Initiative“ lautet der Arbeitstitel. Die Pläne hängen allerdings noch weit hinter denen von Starlink und Amazon zurück.
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