Erfolgreiches Debüt trotz schlechten Marktumfelds: Porsche-Aktie notiert über Ausgabepreis
Schon der Ausgabepreis der Porsche-Aktie lag am oberen Ende der Preisspanne. Am ersten Handelstag geht es weiter aufwärts. Damit ist der Börsennewcomer ein Kandidat für den Dax.
Frankfurt. Der Börsengang der Porsche AG beginnt an diesem Donnerstag erfolgsversprechend. Der erste Kurs des Sportwagenbauers lag bei 84,00 Euro, nach einem Ausgabepreis von 82,50 Euro. Der Stuttgarter Luxusautohersteller wurde dadurch mit 75 Milliarden Euro bewertet. In einem schwachen Börsenumfeld gab die Aktie dann kurz nach, erholte sich aber schnell wieder.
Mit einem Emissionsvolumen von 9,4 Milliarden Euro ist der Porsche-Börsengang der weltweit größte Initial Public Offering (IPO) des dritten Quartals und der drittgrößte im bisherigen Jahresverlauf. In Europa ist das Porsche-Börsendebüt demnach sogar die größte derartige Transaktion seit elf Jahren: Ein höheres Emissionsvolumen hatte zuletzt der Glencore-Börsengang im Jahr 2011, zeigen Berechnungen der Wirtschaftsberatung EY (Ernst & Young).
Die Vorzugspapiere aus dem Besitz des bisherigen Alleineigentümers Volkswagen konnten bis zum Mittwochmittag gezeichnet werden. Die ursprüngliche Spanne hatte von 76,50 bis 82,50 Euro gereicht. Doch bereits am Montag hatten die begleitenden Investmentbanken signalisiert, dass die Emission zum Höchstpreis erfolgen würde.
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Das bedeutet, dass Zeichnungsaufträge der Investoren unter dem oberen Limit nicht zum Zuge gekommen sein dürften und zeigt eine hohe Nachfrage an. Ein Insider des Börsengangs sagte dem Handelsblatt dazu: „Porsche ist eine Marke von globaler Bedeutung in Verbindung mit herausragender finanzieller Performance. Ein sogenanntes ‚trophy asset‘, welches selbst in dem momentan schwierigen Marktumfeld hohe Nachfrage von Investoren anzieht.“
Er sieht deshalb Spielraum für Kursgewinne deutlich über der Preisspanne: „Das hohe Interesse der Long-only-Investoren zeigt, dass Anleger die Aktie nicht wegen kurzfristiger Gewinne, sondern aufgrund der festen Überzeugung des langfristigen Erfolgs kaufen.“ Long-only-Investor ist die Bezeichnung für einen Profi-Anleger, der nur Positionen hält, die bei steigenden Kursen an Wert gewinnen.
Weitere Nachfrage könnte durch einen möglichen baldigen Aufstieg von Porsche in den deutschen Leitindex Dax entstehen. Sicher ist dieser allerdings noch nicht. Entscheidend dafür ist nicht der vollständige Börsenwert, sondern der Wert der frei handelbaren Aktien im Streubesitz. Dieser liegt zum Ausgabepreis bei knapp 9,4 Milliarden Euro, da nur ein Viertel der Vorzugsaktien in den freien Handel kommen wird.
Das Grundkapital der Porsche AG besteht aus 911 Millionen Aktien. Davon sind jeweils die Hälfte stimmberechtigte Stammaktien und stimmrechtslose Vorzugsaktien. Der bisherige Alleineigentümer Volkswagen verkauft jeweils ein Viertel der Stämme und der Vorzüge, also jeweils bis zu 113,9 Millionen Stück.
Das könnte für den Dax-Aufstieg im Dezember reichen, wenn die Deutsche Börse turnusgemäß die Zusammensetzung ihrer Indizes überprüft. Im Dezember legt die Börse dabei besonders strenge Kriterien an. Demnach steigt ein Unternehmen nur dann in den Dax der 40 größten Unternehmen auf, wenn es bei der Marktkapitalisierung mindestens auf Rang 33 der derzeit rund 240 Unternehmen liegt, die sich prinzipiell für die Notierung in einem Index eignen.
Nach Berechnungen der Stifel Europe Bank kämen die Vorzugsaktien von Porsche bei einem Ausgabepreis von 82,50 Euro auf Rang 32 dieser Liste und würden in den Dax einziehen. Weichen würde dafür laut Stifel aktuell der Onlinemodehändler Zalando.
Ankerinvestoren sorgen für Stabilität
Vier bekannte Ankerinvestoren haben sich bereits im Vorfeld verpflichtet, Porsche-Aktien zu zeichnen. Sie garantieren damit fast 40 Prozent des geplanten Erlöses und haben für eine Stabilisierung im derzeit volatilen Börsenumfeld gesorgt. Ein Fünftel der Emission wird auf den Staatsfonds aus Katar entfallen. Der norwegische Ölfonds und der US-Vermögensverwalter T. Rowe Price wollen ebenfalls dabei sein, genauso wie eine staatsnahe Holding aus Abu Dhabi.
Neben Fonds und anderen institutionellen Kapitalgebern konnten auch Privatanleger in Deutschland die Porsche-Vorzugsaktien zeichnen. Organisiert wird der Börsengang von den US-Investmentbanken Bank of America (BofA Securities), Citigroup, Goldman Sachs und JP Morgan. An der Platzierung beteiligt sind auch die Deutsche Bank und die Commerzbank. Die Deutsche Telekom hatte mit ihrem Börsengang 1996 insgesamt 9,65 Milliarden Euro erlöst. Porsche würde sich auf dem zweiten Platz einreihen.
Durch seinen Börsengang rettet Porsche zudem die bisher maue IPO-Bilanz in Deutschland. Ohne die Emission hätte es im dritten Quartal dieses Jahres gar keinen Newcomer auf dem Kurszettel gegeben.
Möglicherweise erwägen im vierten Quartal 2022 und im ersten Vierteljahr 2023 nun weitere Kandidaten Börsengänge. Ein Investmentbanker sagte dem Handelsblatt: „Porsche kann der Eisbrecher für die IPO-Saison werden. Entscheidend ist die Entwicklung der Aktie in den ersten Wochen nach dem IPO. Wenn die positiv ausfällt, nehmen sich andere Kandidaten ein Herz und starten den Deal.“
IPO-Welle ist nicht zu erwarten
Zukünftige Börsengänge dürften noch stärker als bisher vom Unternehmensprofil und insbesondere der Ertragskraft der Emittentin abhängen. Malte Hopp, der das Kapitalmarktgeschäft von Citi in Deutschland und Österreich verantwortet, schränkte im Vorfeld der Transaktion ein: „Eine breitere Welle an IPOs ist erst dann zu erwarten, wenn wir die Spitze der Inflation hinter uns gelassen haben.“
Börsengänge können auch in einem volatilen Marktumfeld erfolgreich sein. Die Kandidaten seien für Investoren interessant, wenn sie einige Kriterien mitbringen. Thorsten Pauli, Chef des Aktienmarktgeschäfts im deutschsprachigen Raum bei der BofA, zählt auf: „Eine starke Marktstellung, Preissetzungsmacht, Skalierbarkeit des Geschäftsmodells und eine hohe Cash Conversion. Zudem sollten sie eine niedrige Verschuldung aufweisen und in attraktiven Zukunftsmärkten tätig sein.“ Die Cash-Conversion-Rate bildet das Verhältnis zwischen Cashflow und Nettogewinn ab.
Für Unternehmensberater und Bankmanager ist klar, dass die Anforderungen gerade an Newcomer aus dem Technologiesektor gestiegen sind. Börsenkandidaten aus dieser Branche bräuchten heute eine Aussicht auf das Erreichen der Gewinnschwelle und realistische Bewertungen angesichts des Kursverfalls an den Börsen. Schließlich wollten Investoren, dass die Kurse nach einem IPO langfristig steigen. Wichtig sei auch eine klare Strategie, um Nachhaltigkeitsziele und mehr Diversität zu erreichen.
Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY, gibt zu bedenken: „Eine durchgreifende Verbesserung der Lage auf dem weltweiten IPO-Markt ist derzeit noch nicht in Sicht.“ Allerdings gelte, dass bekannte Marken mit hoher Profitabilität und einer nachhaltigen Unternehmensgeschichte im Umfeld der digitalen Transformation und von Nachhaltigkeit auf großes Investoreninteresse stießen.
Wann sich das IPO-Fenster wieder für alle öffne, hänge von vielen Faktoren ab. Voraussetzung sei, dass sich die großen Unsicherheiten auflösen und die Volatilität in wichtigen Kapitalmärkten zurückgeht.
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