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Nicht nur in der Filiale, sondern auch im Büro ermöglicht die Operations-Abteilung der Migros ab jetzt Teilzeitpensen. - Quelle: imago images/Geisser
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So motiviert die Migros Frauen, Papis oder Frühpensionierte für IT-Jobs

Migros Operations, die Technikabteilung der Migros, schreibt neu alle Stellen im Bereich von 60 bis 100 Prozent aus. Das bietet neue Möglichkeiten.

Was viele nicht wissen: Die Migros ist eine der grössten Technologiearbeitgeberinnen der Schweiz. «Wir sind fast 3000 Leute intern und noch einmal doppelt so viele extern», erzählt Rainer Baumann, Mitglied der Generaldirektion MGB und Leiter des Departements Operations.

Klar seien auch Google oder Grossbanken wie die UBS hier angesiedelt, doch im Unterschied zu diesen Grossfirmen ist der Hauptmarkt der Migros die Schweiz. Und entsprechend angewiesen auf Deutsch sprechende Mitarbeitende. «Auf einem bereits ausgetrockneten IT-Markt noch Deutsch sprechende IT-Talente zu finden, stellt eine grosse Herausforderung dar», so Baumann.

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Teilzeitarbeit für Frühpensionierte, Frauen oder Papis

Also waren Lösungen gefragt: «Wir suchten eine Möglichkeit, Leuten den Zugang zur IT zu bieten, ohne dass sie Experten sind oder dass sie sich zu 100 Prozent verpflichten.» Ersteres adressiert das Unternehmen mit einem Quereinsteiger-Programm, das laut Baumann sehr erfolgreich funktioniere.

Die grössere Schwierigkeit stellte aber Zweiteres dar: «Da ist beispielsweise der frühpensionierte System Engineer mit zwei Enkeln. Er besitzt das Wissen, wünscht aber, zwei Tage die Woche mit seinen Enkeln zu verbringen. Oder auch ein Mami oder ein Papi, die nicht mehr 100 Prozent arbeiten möchten», so Baumann. Um ihnen jetzt die Möglichkeit zu geben, schreiben sie alle ihre Stellen von 60 bis 100 Prozent aus, wie Baumann via Linkedin bekannt gab:

Linkedin-Post von Rainer Baumann, Leiter Departement Migros Operations. - Screenshot Linkedin
Linkedin-Post von Rainer Baumann, Leiter Departement Migros Operations. - Screenshot Linkedin

Die Frage, ob sie damit auch mehr Arbeitnehmerinnen anziehen wollen, beantwortet der Chief Operating Officer bewusst: «Rein rational gesehen arbeitet die weibliche Bevölkerung weniger als die männliche. Also bestehen da mehr Reserven – und die weiblichen Arbeitskräfte können sich genauso gut begeistern für Technologie wie die männlichen Pendants.» Die Entscheidung, Stellen im Arbeitspensum 60 bis 100 Prozent auszuschreiben, folgte also nicht «wegen Frauen», sondern stellte einen rational begründeten Schritt dar.

IT versus Detailhandel

Migros Operations bedient den technologischen Teil der Migros. Ob sein Departement gegenüber anderen Abteilungen der Migros-Gruppe mehr Freiheiten geniesse für solche Experimente, verneint Baumann. «Die Teilzeitarbeit ist bereits weit verbreitet im Detailhandel.»

Genau wie die Arbeit in einer Filiale basieren auch im IT-Bereich viele Arbeiten auf einer gewissen Routine. Entsprechend arbeiten mehrere Personen mit ähnlichen Profilen beim Unternehmen. Im Falle der IT liegt dann beispielsweise ein Backlog vor mit Aufgaben, die je nach Priorisierung erledigt werden müssen – von wem, ist egal. Wichtig ist, dass alle das nötige Wissen haben: «Mit drei Tagen die Woche hat man genug Praxis und ist nahe genug am Job. Deshalb starten wir jetzt mit der Regelung ab 60 Prozent.»

So reagieren andere Unternehmen

Ebenfalls zur Migros-Gruppe gehört der Retailer Denner. Auf Anfrage, ob eine Anpassung der Arbeitspensen für das Unternehmen infrage käme, antwortet Thomas Kaderli: «Bei den Mitarbeitenden im Verkauf und in der Logistik sind Teilzeitpensen ohnehin weit verbreitet», bei den Verwaltungsstellen bleibe es beim Pensum 80 bis 100 Prozent. Doch auch Denner vermerkt, dass zahlreiche Mitarbeitende heute in Teilzeit arbeiten möchten – im Verkauf wie auch in der Verwaltung.

Gleich klingt es auch beim ebenfalls zur Migros gehörenden Unternehmen Digitec Galaxus. Laut Stephan Kurmann bietet das Unternehmen gerade in der Logistik Teilzeitpensen von 40 bis 60 Prozent an: «Das bietet den Mitarbeitenden mehr Flexibilität, um Berufs- und Privatleben aufeinander abzustimmen. Vor allem für Mitarbeitende mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen kann dies ein Vorteil sein.»

Bei den «Bürostellen» schreibt Galaxus die Stellen wie Denner im Bereich von 80 bis 100 Prozent aus. «In Einzelfällen prüfen wir auch niedrigere Pensen, wenn die Rahmenbedingungen dies zulassen.» Kurmann betont, dass sie nebst Teilzeit weitere Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeit bieten: «Gleitzeiten, Homeoffice und Workation. Neue Ideen zur weiteren Flexibilisierung der Arbeitsmodelle werden bei uns laufend geprüft.»

Auch Konkurrent Coop betont, dass sie offen sind für Mitarbeitende, die Teilzeit arbeiten wollen: «Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, sowohl Vollzeit als auch Teilzeit zu arbeiten. Die Erfahrungen sind rundum positiv», so Mediensprecher Caspar Frey.

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