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Windpark und Biogas-Anlagen in Norddeutschland. - IMAGO/Joerg Boethling
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Energiepreise: Stromnetzentgelte sinken um bis zu 120 Euro pro Jahr

Die Bundesnetzagentur will Verbraucher entlasten, die besonders hohe Netzentgelte zahlen müssen. Über zehn Millionen Menschen profitieren – aber noch nicht sofort.

Berlin. Die Bundesnetzagentur will die Kosten für die Nutzung der Stromnetze innerhalb Deutschlands gerechter verteilen. Netzagentur-Präsident Klaus Müller sagte am Freitag bei der Präsentation seiner Pläne, „faire Netzentgelte“ für die Menschen und Unternehmen in Regionen mit einem starken Ausbau der erneuerbaren Energien seien das Ziel. „Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute. Wir wollen eine gerechtere Verteilung der Kosten erreichen“, sagte Müller.

Die gravierenden Unterschiede bei den Stromnetzentgelten innerhalb Deutschlands sorgen in einigen Bundesländern seit Langem für Unmut. Die Netzentgelte sind Bestandteil des Strompreises, sie werden über die Stromrechnung eingezogen.

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Überall dort, wo Windparks in großer Zahl in Betrieb gehen, müssen die Stromnetze entsprechend ausgebaut werden. Das ist Sache der regionalen Stromnetzbetreiber.

Die Kosten werden über die Stromnetzentgelte auf die Stromverbraucher in der jeweiligen Region umgelegt. In den Regionen, in denen viele Windparks oder auch große Freiflächen-Photovoltaikanlagen ans Netz gehen, zahlen die Stromverbraucher entsprechend hohe Netzentgelte.

Das will Müller nun ändern. Der Netzagentur-Chef schlägt ein gestuftes Modell vor: Zunächst wird ermittelt, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung betroffen ist.

Dazu soll eine Kennzahl ermittelt werden, deren Grundlage die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung bildet. Wenn die Kennzahl eines Netzbetreibers einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, kann die Mehrbelastung bundesweit verteilt werden. In den betroffenen Regionen sinken dann die Netzentgelte.

Brandenburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt profitieren besonders

Aktuell wären laut Bundesnetzagentur 17 Netzbetreiber berechtigt, ihre Mehrkosten auf alle Stromverbraucher zu verteilen. Sie versorgen demnach rund 10,5 Millionen Netznutzer, bei ihnen würden die Netzentgelte um bis zu 25 Prozent sinken.

Die Entgelte lägen damit meist unter und nur zum Teil noch leicht über dem Bundesdurchschnitt. Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden würde in den begünstigten Netzgebieten dadurch bis zu 120 Euro pro Jahr sparen.

Die Gesamtentlastung beträgt nach Angaben der Bundesnetzagentur, bezogen auf 2023, rund 608 Millionen Euro. Entlastet werden vor allem Netzbetreiber in Brandenburg (217 Millionen Euro), Schleswig- Holstein (184 Millionen) und Sachsen-Anhalt (88 Millionen). Auch in Mecklenburg-Vorpommern (44 Millionen), Bayern (40 Millionen) und Niedersachsen (26 Millionen) kommt es zu spürbaren Entlastungen. Geringere Entlastungen ergeben sich für einzelne Netzbetreiber in Baden-Württemberg, Hessen, im Saarland und in Rheinland-Pfalz.

„Alle Stromverbraucher in Deutschland finanzieren die Kosten solidarisch, indem diese bundesweit gleichmäßig verteilt werden“, heißt es in einer Mitteilung der Regulierungsbehörde. Der Entlastung der betroffenen Regionen stünden „überschaubare zusätzliche Kosten“ für alle Stromverbraucher gegenüber. Die Netzagentur beziffert diese Kosten für einen durchschnittlichen Haushalt auf 8,40 Euro pro Jahr.

Die Neuregelung soll ab 1. Januar 2025 gelten. Die Agentur hat heute ein Papier mit ihrem Konzept veröffentlicht und nimmt Stellungnahmen bis zum 31. Januar 2024 entgegen. Nach der Auswertung folgt eine weitere Konsultationsrunde – und schließlich die Entscheidung der Behörde.

Die Netzentgelte innerhalb Deutschlands unterscheiden sich bislang erheblich, wie eine Studie des Energie-Beratungsunternehmens Consentec im Auftrag des schleswig-holsteinischen Energieministeriums von Ende 2021 zeigt. Sie hat die Netzentgelte von 32 der insgesamt 900 Betreiber von Stromverteilnetzen genauer untersucht, die große Teile Deutschlands abdecken. Einige der Unternehmen betreiben Netze auf großen Flächen in eher ländlich geprägten Räumen, andere betreiben Netze in Großstädten.

Die Unterschiede sind groß. So zahlen Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden, die im Bereich des Unternehmens Schleswig-Holstein Netz wohnen, rund 500 Euro pro Jahr an Stromnetzentgelten. Bei SWM Infrastruktur, der Netztochter der Stadtwerke München, sind es dagegen nur rund 150 Euro. Für größere Abnehmer aus Gewerbe und Industrie geht es um entsprechend höhere Beträge.

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