Wenn Gigawatt-Gigafactories wackeln
Der Aufbau einer Batteriezellindustrie in Europa soll eine verspätete Erfolgsstory werden. Unzählige Unternehmen haben angekündigt, hier Gigawatt-Gigafactories hochzuziehen. Bislang importieren die Elektroautohersteller ihre Akkuzellen vor allem aus Asien. Mehr Unabhängigkeit ist das Ziel.
Doch nun lässt die Euphorie über die vielen Werkspläne deutlich nach. Womöglich werden viele von ihnen gar nicht realisiert. Das Unternehmen ACC, hinter dem der Batteriekonzern Saft sowie Autohersteller stehen, „pausiert“ seinen Bau einer Batteriezellfabrik in Kaiserslautern. Das schwedische Akkuzell-Start-up Northvolt hat Schwierigkeiten, seine Kunden aus dem ersten Werk in Nordschweden zu bedienen, was bereits Fragen nach der nächsten geplanten Fabrik in Heide/Schleswig-Holstein aufwirft. BMW hatte einen Milliardenauftrag wegen Qualitätsmängel auf Eis gelegt. Es knirscht gewaltig zwischen den beiden. CEO Peter Carlsson betreibt Krisenmanagement. Und auch bestehende Werke in Europa wie von CATL oder SVolt laufen noch nicht auf Kammlinie.
Es gibt (mindestens) vier Gründe für die neue Unsicherheit:
1. Überkapazitäten.
Der Hochlauf der Elektromobilität stockt. Es werden aktuell weniger Kapazitäten benötigt als erwartet.
2. Lieferkette.
Aus verschiedenen Gründen laufen die Lieferketten nicht rund. Batteriezellfertiger fehlen entscheidende Teile oder gar Anlagen und Maschinen. Die Folge: Sie können nicht liefern.
3. Technologiefrage.
Die Werke müssen für die richtige Art von Zellen befähigt werden. Die technologischen Grundlagen der Batterien stehen aber auf dem Prüfstand. Von ACC heißt es, man müsse erst die Frage beantworten, welche Art von Batteriezell-Technologie der Markt erfordert.
4. Qualitätsmängel.
Die Abläufe in den gerade hochfahrenden Batteriezellfabriken müssen sich noch einspielen. Die Qualität stimmt noch nicht. Ausschussware entsteht.
Ankündigungen gibt es für den Bau von Zellfertigungskapazitäten über 10.000 Gigawattstunden bis zum Jahr 2030. Die meisten Prognosen taxieren den Bedarf allerdings auf nur 5000 Gigawattstunden – oder sogar weniger. In Schweden würden sie sagen: Det passar inte ihop. Das passt nicht zusammen.