Wer gut argumentiert, kann auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten mehr für sich herausholen.
Premium

So begründen Sie geschickt Ihre Gehaltserhöhung

Aus dem Handelsblatt-Archiv: Die Chancen auf eine Gehaltserhöhung sind derzeit eher begrenzt, doch es gibt Ausnahmen. Wann Chefs wirklich bereit sind, mehr Geld zu zahlen.

Stendal, Düsseldorf. In wirtschaftlich schlechten Zeiten mehr Gehalt für sich herauszuschlagen mag vielen Arbeitnehmern als wenig aussichtsreich erscheinen. Dabei stehen die Chancen auf mehr Geld nicht unbedingt schlecht – wenn man die Skills mitbringt, die bei Firmen gerade hoch im Kurs stehen.

Nicole Mai von der Personalberatung Russell Reynolds sagt: „Derzeit bezahlen Chefs mehr Gehalt, wenn Mitarbeiter Innovationen vorantreiben.“ Spezialwissen im Bereich Tech und KI sei gefragter denn je. Auch wer Risiken absichere, könne mit mehr Fixgehalt rechnen.

Für austauschbare Rollen wie Salesmanager sieht es hingegen gerade nicht so gut aus. „Da sind die Unternehmen zurückhaltender geworden“, sagt Mai. Diesen Trend hätten Angestellte und Führungskräfte bisher jedoch noch nicht realisiert.

Vor allem für High-Performer und Spezialisten ist derzeit also mehr Gehalt drin, für den Rest eher nicht.

Doch mit welchen Argumenten lassen sich Chefs und Chefinnen überzeugen? Das haben wir Vorgesetzte aus den unterschiedlichsten Branchen gefragt. Einen Tipp haben sie alle gemeinsam: Wenn der Mitarbeiter bereit ist zu wachsen, wächst auch das Gehalt.

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

Mariam El-Ahmad, Geschäftsführende Gesellschafterin der Rechtsanwälte Rotwang Law

Es kommt auf Expertise und Kompetenz an. - Foto: Rotwang Law
Es kommt auf Expertise und Kompetenz an. - Foto: Rotwang Law

„Ich stelle mir zuerst die Frage: ,Möchte ich einen Mitarbeiter um jeden Preis halten, oder kann ich verkraften, dass er das Unternehmen verlässt?' Denn eine Ablehnung wird mit Sicherheit einen Effekt haben. Wenn ich diese Entscheidung getroffen habe, dann möchte ich gute Argumente für eine Gehaltserhöhung hören. Jemand, der direkt und ausschließlich Umsatz generiert, kann nicht erwarten, dass er mehr verdient, als er Umsatz macht, wenn er keine zusätzlichen Qualifikationen mitbringt. Das wäre nicht wirtschaftlich.

Es kommt also auf Expertise und Kompetenz an und wie sich die Person entwickeln will. Als kleines Unternehmen haben wir strikte Personalbudgets. Die Performance ist ein erheblicher Faktor, der eine Gehaltserhöhung bei kleineren Betrieben rechtfertigt. Größere Unternehmen können sich aufgrund ihres höheren Budgets auch leisten, die Leistung nicht als maßgeblichen Faktor zugrunde zu legen. Die Person muss aber selbst nicht unbedingt Umsatz erzielen. Auch Mitarbeiter, die unserem Unternehmen durch ihre Persönlichkeit einen Mehrwert bieten, sind gefragt.

Ein Mitarbeiter, der zuverlässig und loyal ist, sich eigene Projekte überlegt, Probleme erkennt und löst, Verantwortung übernimmt und sagt: ‚Ich kümmere mich.‘ Das entlastet mich als Chefin, und es bringt unser Unternehmen weiter. Dann können wir auch über eine Gehaltserhöhung reden, weil es mir wichtig ist, solche Leute zu halten.

Als Chefin frage ich mich nie: ‚Was mache ich jetzt?‘ Sondern: ‚Was mache ich zuerst?‘ Für mich ist also ganz entscheidend: Wer mehr Produktivität und Effizienz ins Unternehmen bringt, verdient auch mehr Gehalt.“

Karsten Küber, Inhaber des Offenbacher Designstudios aroma:id

Verbesserungen im Geschäftsablauf identifizieren. - Foto: aroma:id
Verbesserungen im Geschäftsablauf identifizieren. - Foto: aroma:id

„Mehr Gehalt ist bei mir immer dann möglich, wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter sagt: ‚Chef, ich möchte dich entlasten und einen Teil deiner Verantwortung für unseren Unternehmenserfolg übernehmen.‘ Das kann ganz unterschiedlich aussehen: Entweder bringt jemand ganz eigene Ideen ein, wie wir neue Kunden akquirieren können, oder entwickelt ein umwerfendes Konzept für eine Designlinie, die für Unternehmen untrennbar mit unserer Agentur verbunden sein wird.

Oder die Mitarbeiterin identifiziert Verbesserungspotenziale im Geschäftsablauf, etwa, wie Kunden uns komfortabler erreichen können oder wir Designs den Kunden online und interaktiv vorstellen können. Wenn Mitarbeitende das Unternehmen weiterentwickeln wollen, eine Strategie entwickeln, wie wir mehr PS auf die Straße bekommen, wenn sie eigene Ideen einbringen – dann würdige ich das gern mit mehr Gehalt.“

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

Bruno Meissner, Gründer und Gesellschafter des Messebauers Meissner Expo

Interesse am Gesamterfolg des Unternehmens zeigen. - Foto: MEISSNER EXPO
Interesse am Gesamterfolg des Unternehmens zeigen. - Foto: MEISSNER EXPO

„Der Wunsch nach mehr Gehalt ist häufig verständlich, muss aber fast immer – leider – in das Gehaltsgefüge des Unternehmens eingebettet werden. Argumente für eine zusätzliche Gehaltserhöhung gründen nicht nur in der Teamfähigkeit, Resilienz und Ausbildung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters, sondern vor allem auch in der Leistungsbereitschaft.

Wer Interesse an Weiterbildung zeigt, sich mehr Verantwortung wünscht oder proaktiv Vorschläge zur Organisationsentwicklung macht, hat gute Chancen auf mehr Geld. Eine hohe Leistungsbereitschaft bedeutet dabei nicht unbedingt, möglichst lange im Büro zu sitzen, sondern großes Interesse an der positiven Entwicklung des Unternehmens zu zeigen. Wenn dieses „Mehr“ an Interesse am Unternehmen zu spüren ist und ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin solche Punkte im Mitarbeitergespräch anbietet, dann bin ich gern bereit, im Gehalt zuzulegen.“

Fabian Spielberger, Chef der E-Commerce-Holding Pepper Media (Mydealz.de)

Heute schon den Job machen, für den man in Zukunft bezahlt werden möchte. - Foto: Pepper Media Holding
Heute schon den Job machen, für den man in Zukunft bezahlt werden möchte. - Foto: Pepper Media Holding

„Für Gehaltsverhandlungen gibt es natürlich zahlreiche Herangehensweisen, und es kommt auch immer darauf an, ob man bereits in der Firma arbeitet oder neu anfängt. Wir versuchen, immer fair nach Markt zu zahlen, und passen in der Regel selbstständig Gehälter an, wenn sich die Aufgabenbereiche deutlich geändert haben.

Wer sich allerdings bei seinem Chef oder seiner Chefin die Zähne ausbeißt und nach wirklich starken Argumenten in der Gehaltsverhandlung sucht, dem gebe ich folgenden Tipp mit: heute schon den Job machen, für den man in Zukunft bezahlt werden möchte, und nicht die Bezahlung zu fordern für den Job, den man danach gern machen möchte.

Gerade in kleineren Unternehmen kann man häufig einfacher Chancen nutzen und Verantwortung tragen für Dinge, für die man vielleicht noch gar nicht qualifiziert wäre. Aber durch Leidenschaft, Einsatz und Verantwortungsgefühl kann man selbst wachsen und neue Themengebiete im Unternehmen erfolgreich führen. Macht man das dann gut, läuft die Gehaltsverhandlung mit Sicherheit um einiges leichter.“

Stephanie Lönne, Geschäftsführerin der Lönne Umweltdienste GmbH

Gutes Kundenfeedback als Schlüssel für eine Gehaltserhöhung.
Gutes Kundenfeedback als Schlüssel für eine Gehaltserhöhung.

„Zunächst stellen wir Mitarbeiter für eine bestimmte Abteilung ein, etwa für die Kanaldienstreinigung oder Abholung von Sonderabfall. Der Mitarbeiter wird dann auf seinem Fahrzeug von einem alteingesessenen Mitarbeiter angelernt. Von da aus kann sich jeder Mitarbeiter weiterentwickeln. Derjenige muss dann aber auch von sich aus kommen und sagen: ‚Ich will mehr lernen, wo könntet ihr mich noch gebrauchen?‘ Je breiter aufgestellt ein Mitarbeiter ist, desto wertvoller ist er für unser Unternehmen.

Es hilft also bei einer Gehaltsverhandlung, wenn Mitarbeiter ihr Wissen ausgebaut haben und sagen können: ,Ich habe gelernt, alle Fahrzeuge zu bedienen, ihr könnt mich ab sofort an jeder Ecke einsetzen.‘ Dabei ist mir wichtig, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei vergleichbarer Arbeit und Leistung auch vergleichbar bezahlt werden.

Manche Mitarbeiter sind außerdem echte Kundenlieblinge. Die können einfach gut mit anderen Menschen. Gerade wenn sie bei Privatpersonen zu Hause eingesetzt sind, weil zum Beispiel die Toilette verstopft ist, dann sollten sie einen guten Draht zu den Menschen haben.

Wenn wir über Jahre gutes Feedback von der Kundschaft bekommen und manche sogar gezielt nach einem bestimmten Mitarbeiter fragen, will ich dem natürlich auch etwas Gutes tun. Dann können wir gern über mehr Gehalt reden.“

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

Unser Sommer-Special: Jetzt das digitale Handelsblatt 6 statt 4 Wochen testen und Gewinnchance sichern

So begründen Sie geschickt Ihre Gehaltserhöhung

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen