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Der frühere US-Präsident Barack Obama ist für einen charismatischen Führungsstil bekannt. - Foto: AP
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So können Führungskräfte mit Souveränität überzeugen

Wer charismatisch führt, motiviert Mitarbeiter hält sie länger. Experten erklären, wie Sie Ihr Auftreten verbessern können.

Berlin. Charismatische Führung ist für Unternehmen ein großes Potenzial, sagt der Wirtschaftspsychologe Florian Becker – dem allerdings hierzulande noch immer wenig Beachtung geschenkt werde. Untersuchungen zum Thema Mitarbeitermotivation hätten gezeigt, dass es erfolgversprechender ist, Mitarbeitende mit Überzeugungskraft und emotionalen Werten zu motivieren als nur mit finanzieller Vergütung.

„Das Prinzip Geld gegen Leistung funktioniert heute nicht mehr“, sagt der Wirtschaftspsychologe, der seit zwei Jahrzehnten zu den Themen Führung, Motivation und Teamarbeit forscht. „Gerade die jüngeren Generationen sehen in Geld heute nicht mehr ihren Lebenssinn. Sie wollen anders motiviert werden.“

In der Wirtschaft, so Becker, gewinne heute das Unternehmen, das es schaffe, seine Mitarbeiter emotional mit dem Unternehmen zu verbinden und so eine Arbeitsbereitschaft entfache, die neben der Bezahlung funktioniere. Dabei hilft charismatische Führung.

Unternehmenschefs wie der Apple-Mitgründer Steve Jobs haben das schon früh erkannt. In Deutschland dagegen werde die Rolle der Chefs als Motivator oft ignoriert. Dabei sei Charisma keine angeborene Fähigkeit – sondern könne erlernt werden. Wirtschaftspsychologe Becker und die Charisma-Expertin Christiane Deters erklären, wie.

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1. Führungsstile: Lernen Sie den guten Auftritt als Führungskraft

Ob Barack Obama, Martin Luther King oder der langjährige Apple-Chef Steve Jobs: Charismatische Personen eint, dass sie den perfekten Auftritt beherrschen und sehr gute rhetorische Fähigkeiten haben. Obama, King und Jobs fanden stets die richtigen Worte, um ihre Visionen, ihre Ziele oder Produkte zu beschreiben.

Die Juristin und Charisma-Expertin Christiane Deters zeigt in ihrem Buch „It’s all about Charisma“ am Beispiel Barack Obamas die enorme Wirkung von brillanter Rhetorik, einer fein abgestimmten Körpersprache, einer angenehmen Stimme und einer äußeren Gesamterscheinung auf.

Charismatische Personen eint, dass sie den perfekten Auftritt beherrschen und sehr gute rhetorische Fähigkeiten haben. - Foto: imago images/ZUMA Wire
Charismatische Personen eint, dass sie den perfekten Auftritt beherrschen und sehr gute rhetorische Fähigkeiten haben. - Foto: imago images/ZUMA Wire

„Unsere Wirkung ist das, was andere wahrnehmen können“, sagt Deters. „Eine charismatische Ausstrahlung wirkt durch Köpersprache, Mimik, Gestik, durch das gesprochene Wort und durch die gesamte äußere Erscheinung – also Dinge, an denen eine Führungskraft arbeiten kann.“

Eine gute Rhetorik und den perfekten Auftritt könne sich jeder in Seminaren oder im Einzeltraining erarbeiten, auch für die Körpersprache und die äußere Erscheinung gebe es verschiedene Workshops und Beratungen.

2. Entwickeln Sie als Führungskraft eigene Visionen

Starke kommunikative Fähigkeiten laufen ins Leere, wenn dahinter kein Ziel steht. Während Helmut Schmidt einst konstatierte, wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen, halten Experten diese heute für unabdingbar, um ein Unternehmen zu führen und Mitarbeitende nachhaltig zu motivieren.

„Charismatische Führungspersonen müssen wissen, was sie tun, warum sie es tun und was das große übergeordnete Ziel ist“, sagt Wirtschaftspsychologe Florian Becker. „Sie brauchen eine klare Vision von der Zukunft ihres Unternehmens.“ Diese dürfe auch ruhig emotional und übertrieben sein.

Christiane Deters nennt Martin Luther King als Beispiel für eine charismatische Persönlichkeit, die sich vor allem durch eine starke Vision ausgezeichnet habe. King habe eine klare Vorstellung von der zukünftigen Wirklichkeit gehabt. Dieser Vision lagen gleichzeitig konkrete Ziele zugrunde, die durch bestimmte Strategien umgesetzt werden sollten. Außerdem habe er die nötige innere Kraft gehabt, um sich bei der Umsetzung seiner Ziele und seiner Strategien den Widerständen zu stellen.

Wer mit Charisma führen will, braucht also eine Vision. Florian Beckers Tipp: Überlegen Sie sich einen ideologischen Überbau, der über das konkrete Unternehmensziel hinausgeht. Es ist zu wenig, wenn Sie nur gute Batterien produzieren wollen – ihre Vision könnte sein, für eine CO2-freie Welt zu kämpfen. Geben Sie Ihren Mitarbeitenden diese Mission und schwören Sie sie bei jeder Gelegenheit darauf ein. Erarbeiten Sie einen Plan zur Erreichung der konkreten Unterziele und wappnen Sie sich gegen Rückschläge, bleiben Sie flexibel und gleichen Sie gegebenenfalls Ihren Überbau an aktuelle Situationen an.

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3. Haben Sie im Job Vertrauen in sich selbst

Charismatische Führungskräfte zeichnen sich durch großes Selbstvertrauen aus. Das tiefe Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten strahlt Sicherheit aus und hilft dabei, andere Menschen zu überzeugen: die eigenen Mitarbeitenden, aber auch Investoren. „Die Ideen von Elon Musk würden belächelt werden, wenn andere sie aussprechen würden“, sagt Wirtschaftspsychologe Florian Becker. Doch Musk sei ein genialer Verkäufer, der vor Selbstbewusstsein strotze.

Und auch wenn Charisma eine Eigenschaft ist, die manche von Geburt an eher an sich zu haben scheinen, kann es trainiert werden. „Am Ende wird nicht jeder ein Barack Obama oder Steve Jobs, doch es gibt genug Möglichkeiten, als Führungskraft an seinem Selbstbewusstsein zu arbeiten“, sagt Becker.

"Seine Ideen würden belächelt werden, wenn andere sie aussprechen würden." - Foto: dpa
"Seine Ideen würden belächelt werden, wenn andere sie aussprechen würden." - Foto: dpa

So können Führungskräfte ein begleitendes Coaching in Anspruch nehmen, in dem sie Optimismus und Achtsamkeit trainieren. Sie sollten auf ein gesundes Körpergefühl achten, lernen, gut zu kommunizieren, und sich immer wieder selbst reflektieren.

So liefen Manager auch nicht Gefahr, durch übersteigertes Selbstbewusstsein unverantwortliche Risiken einzugehen. „Die Kunst ist der dosierte Einsatz von Selbstbewusstsein“, sagt Florian Becker. „Es reicht ein Blick in die Geschichte der Menschheit, um zu sehen, dass Führungspersonen Menschen durch ihre Macht zu unrealistischen Unternehmungen bewegt haben, an denen sie am Ende nur scheitern konnten.“

4. Werden Sie als Führungskraft auch emotional

Der Einfluss von charismatischen Führungspersonen beruht auch darauf, dass sie die Fähigkeit besitzen, Menschen emotional zu erreichen. Dass sie sie nicht mit rationalen Argumenten abholen, sondern deren Gefühle ansprechen.

Christiane Deters führt das Beispiel Willy Brandt an, der die herausragende Fähigkeit der Beziehungsintelligenz besessen habe. „Willy Brandt besaß ein Talent, ein Gespür und eine Brillanz im Umgang mit Menschen und war in der Lage, weise zu kommunizieren“, sagt Deters. An verschiedenen politischen Handlungen könne man ablesen, dass er stets den Dialog und Kompromiss suchte und um Annäherung und Versöhnung bemüht war.

Auch für Führungskräfte eines Unternehmens ist Beziehungsintelligenz ein wichtiger Faktor. Deters empfiehlt, die Beziehung zu Mitarbeitenden zu pflegen. Ihnen sollte die Sachorientierung nicht wichtiger sein als die Bedürfnisse und Gefühle der Menschen, die Sie führen.

Also suchen Sie regelmäßig das Gespräch mit Ihren Mitarbeitenden, seien Sie ehrlich interessiert. Loben Sie, hören Sie aufmerksam zu. Sparen Sie nicht mit aufrichtiger Wertschätzung und Anerkennung, bedanken Sie sich! „Einer Führungskraft schadet nicht, in passenden Momenten auch mal Emotionen zu zeigen“, sagt Deters. „Auch leidet die Professionalität nicht, wenn ihr ab und zu mal ein Lächeln über die Lippen huscht.“

5. Charismatischer Führungsstil: Seien Sie dramatisch, wenn es passt

Nicht zu unterschätzen ist die Kraft von symbolischen Gesten. „Führungskräfte sind Vorbilder und können mit bestimmten Gesten nachhaltige Zeichen setzen“, sagt Florian Becker. Mahatma Ghandi lief 400 Kilometer zu Fuß, um symbolisch Salz am Strand zu holen und so gegen das Monopol Englands auf das lebensnotwendige Salz zu demonstrieren. Donald Trump, Steve Jobs und Marc Zuckerberg ließen sich nur einen symbolischen Dollar Gehalt auszahlen.

„Führungskräfte können sich ihre Präsenz und Vorbildfunktion zunutze machen und mit kreativen, unkonventionellen Aktionen Zeichen setzen, um ihrer Vision Nachdruck zu verleihen“, sagt Becker. Es gebe unzählige Möglichkeiten für symbolische Gesten mit Schlagkraft: in einer Krisensituation in Meetings Präsenz zeigen, die sonst nicht im Kalender der Führungskraft stehen. Auf Gehalt verzichten, wenn es knapp wird. Vor einem Mahnmal auf die Knie fallen. Man müsse nur ein Gespür dafür entwickeln, welche Geste in welcher Situation passt.

6. Seien Sie als charismatische Führungskraft anspruchsvoll und aufmerksam

Auch wenn es Vorteile hat, stets realistische Ziele anzusetzen, punkten charismatische Führungskräfte vor allem durch hohe Leistungserwartungen an ihre Mitarbeitenden. Die Einstellung „Wir wollen nicht nur ein Unternehmen unter vielen sein, sondern das beste“ könne Mitarbeitende stark motivieren, sagt Florian Becker - und ziehe Menschen an, die selbst sehr ambitioniert sind.

Die Kunst bestehe darin, Mitarbeitende nicht durch Überforderung oder Unterforderung zu demotivieren. „Führungskräfte sollten anspruchsvoll sein und erfahrenen Mitarbeitenden ausreichend Selbstständigkeit und Freiheiten zugestehen, aber auch deren Grenzen im Blick behalten“, sagt Becker.

Positives Feedback sollte mit konstruktiver Kritik gepaart werden, immer wieder das große Ganze in den Blick genommen und gleichzeitig deutlich gemacht werden, wie sich die untergeordneten Aufgaben auf diesen Weg einfügen.

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Wir leben in einer Zeit der technologischen Durchbrüche, der geopolitischen Spannungen und der ökonomischen Unsicherheit. In dieser Zeit ist es für Deutschland und Europa wichtiger denn je, über ihre Zukunft nachzudenken. Reporterinnen und Reporter des Handelsblatts haben zahlreiche namhafte Ökonominnen, CEOs und Unternehmer gefragt, was passieren muss, damit die deutsche Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt. Sie haben die Erfolgsgeschichten anderer Länder analysiert und Orte besucht, an denen unsere Zukunft heute schon begonnen hat. Das Ergebnis: ein Zukunftsplan für dieses Land.

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