Bei diesen „Green Jobs“ haben Fachkräfte gerade gute Chancen
Energieversorgung, Automotive, Bau: Überall fehlt Personal, das Unternehmen fit für die grüne Transformation macht. Diese Berufsprofile sind gefragt – und das lässt sich verdienen.
Berlin. Im Berufsalltag etwas gegen den Klimawandel beitragen: Wer einen Job sucht, in dem das möglich ist, hat derzeit gute Chancen. Denn überall – ob auf dem Bau, in der Automobilbranche oder im Energiesektor – mangelt es an Fachkräften.
Konsequent fortgesetzt könnte die Nachhaltigkeitstransformation laut einer Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung bis zum Jahr 2040 zu 600.000 zusätzlichen Jobs in Deutschland führen. Eine Studie im Auftrag der Grünen kommt sogar auf einen Bedarf von mehr als 760.000 Arbeitskräften im Jahr 2035 – 40 Prozent davon in Berufen, in denen bereits heute ein Mangel herrscht.
Die Möglichkeiten, von diesem Fachkräftemangel zu profitieren, sind zahlreich. Doch wo ist die „grüne Fachkräftelücke“ am größten? Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit in den Unternehmen wirklich? Welche Jobprofile sind besonders gefragt? Und in welchen Branchen kann man gut verdienen?
Fest steht: Der Bedarf ist groß – und wird weiterwachsen. „Unternehmen aus nahezu allen Bereichen müssen sich transformieren“, sagt Markus Janser, der am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die Effekte der Umwelt- und Klimapolitik auf den Arbeitsmarkt erforscht. Sie alle suchen dementsprechend Fachkräfte mit sogenannten Green Skills. Beschäftigte also, die über ein bestimmtes Know-how verfügen, mit dem sie zur ökologischen Transformation beitragen können.
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Fachkräftemangel: Wo die grünen Fachkräfte fehlen
Laut einer Umfrage der Personalberatung Hays unter rund 800 deutschen Führungskräften hat das Thema Nachhaltigkeit für 69 Prozent der Unternehmen einen hohen bis sehr hohen Stellenwert. Viele Firmen (ebenfalls 69 Prozent) wollen mit einer grüneren Art zu wirtschaften ihr Image aufpolieren. 61 Prozent gaben auch die Erwartungen ihrer Kunden als Grund an. Als weitere Treiber für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen wurden unter anderem regulatorische Anforderungen, Wettbewerbsvorteile oder das Unternehmensleitbild genannt.
Auf die Frage nach den größten Hürden waren sich die teilnehmenden Führungskräfte einig: Vor allem der herrschende Fachkräftemangel und fehlendes Know-how bremsen die grüne Transformation.
„Nahezu alle Unternehmen haben enorme Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden“, sagt Paul Endres, Head of Green Business bei Hays. So hat mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen nicht ausreichend Personal, um das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben. 35 Prozent gaben zudem an, stark bis sehr stark vom Fachkräftemangel betroffen zu sein. Unternehmen im ländlichen Raum haben hier größere Schwierigkeiten als ihre Konkurrenz in Großstädten.
Vor allem im MINT-Bereich, sagt Endres, hätten Unternehmen Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden. Denn: Viele offene Stellen im Bereich Nachhaltigkeit erfordern spezifische Kenntnisse, die laut dem Personalberater in den klassischen Bildungsprogrammen nicht ausreichend vermittelt werden. „Damit wird die Lücke zwischen nachgefragten und vorhandenen Skills immer größer.“
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Nachhaltigkeit: Diese Berufsprofile sind besonders nachgefragt
Besonders groß ist der Mangel in den Unternehmen laut der Hays-Umfrage bei den Auszubildenden. Stark betroffen ist zum Beispiel die Baubranche (77 Prozent), in der ein überdurchschnittlich großer Bedarf an Handwerkern und Handwerkerinnen mit Green Skills besteht. Vor allem im Hoch- und Tiefbau sowie in der Energietechnik gib es laut Berater Endres hier viele Jobs. Ebenso seien Kenntnisse über nachhaltige Baustoffe und Kreislaufwirtschaft wichtig.
IAB-Experte Janser sieht ebenfalls im Bausektor viele Chancen für Fachkräfte mit ausgeprägten Green Skills. Beschäftigte werden hier nicht nur für den Wohnungsbau oder die energetische Sanierung von Gebäuden gebraucht, sondern auch für den Ausbau von Infrastruktur wie Schienen für die Bahn oder für den Bau von Windparks. „Da besteht eine riesige Nachfrage.“
Bei den akademischen Berufen werden laut der Hays-Umfrage vor allem Fachkräfte aus den Bereichen Organisation, Management und Verwaltung sowie aus den MINT-Fächern gesucht. Besonders hoch ist der Bedarf an Akademikern aus diesen beiden Bereichen in der Wasserversorgung. Und auch bei Finanzdienstleistern und Versicherungen (75 Prozent) fehlen überdurchschnittlich viele Fachkräfte mit Verwaltungs- und Organisationshintergrund.
Talente mit einem Abschluss in einem MINT-Fach sind dagegen in der Automobilsparte (50 Prozent) besonders begehrt – zum Beispiel für Aufgaben in der Umweltschutztechnik (22 Prozent). Für die Produktion von nachhaltigeren Autos suchen die Unternehmen laut den Daten von Hays zudem verstärkt nach technischen Ausbildungsberufen etwa aus der Mechatronik (17 Prozent) oder der IT (13 Prozent).
Energieversorgungsunternehmen bieten ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten sowohl für Akademiker als auch für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Nach Angaben von Hays sind bei Ausbildungsberufen im technischen Sektor vor allem Kompetenzen in den Bereichen Automatisierung (19 Prozent), regenerative Energietechnik (17 Prozent) und Kraftwerkstechnik (17 Prozent) gefragt.
Bei den Akademikern werden unter anderem Organisations- und Verwaltungstalente gesucht, die sich um Themen wie nachhaltiger Einkauf (26 Prozent) oder Umweltrecht (24 Prozent) kümmern. Im MINT-Bereich haben vor allem Beschäftigte mit Kenntnissen in der Umweltschutztechnik (22 Prozent) und Biologen (17 Prozent) oder Chemikerinnen (17 Prozent) gute Chancen.
Ein wichtiger Baustein für die Energiewende ist laut Berater Endres die Nutzung von Wasserstoff. „Gesuchte Berufsprofile umfassen Ingenieure für Wasserstofftechnologie, Projektmanager für erneuerbare Energien und Fachleute für Umwelt- und Sicherheitsmanagement.“
Branchenübergreifend sind zudem berufserfahrene Experten gefragt, die sich im Bereich Corporate Sustainability auskennen – und sich beispielsweise um die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen der neuen EU-Richtlinien kümmern können.
IAB-Experte Janser sieht vor allem auch einen großen Bedarf an Fachkräften aus dem Bereich Informatik. „Einige wichtige Handlungsfelder der grünen Transformation hängen auch stark mit der digitalen Transformation zusammen“, sagt Janser. Mithilfe von Datenanalysen lassen sich zum Beispiel Prozesse optimieren und Umweltbelastungen verhindern. Durch eine digitale Steuerung können Energiesysteme effizienter arbeiten und stärker vernetzt werden. Oder man nutzt KI, um Lieferketten zu überwachen und nachhaltige Produktionsweisen zu gewährleisten.
Gute Gehälter: In diesen Berufen verdienen Sie über 60.000 Euro
Ein gutes Gehalt gibt es laut Berater Endres zum Beispiel für grüne Ingenieure. Sowohl ein Elektroingenieur, der auf die Entwicklung von elektrischen Antriebssystemen spezialisiert ist, als auch ein Batterieingenieur oder ein Bauingenieur, der sich um die Integration von erneuerbaren Energien in Bauprojekten kümmert, bekommen nach Angaben des Personalexperten mehr als 60.000 Euro im Jahr. Bei einem Elektroingenieur liegt das Gehalt demnach zwischen 67.000 Euro und 90.000 Euro. Ein Batterieingenieur bekommt zwischen 70.000 und 96.000 Euro.
Ebenso verdienen Energieberater gut. Laut Berater Endres sind hier bis zu 84.000 Euro brutto pro Jahr drin. Bei einem Verkehrsplaner, der sich zum Beispiel auf die Optimierung von Routen und Infrastruktur konzentriert, liegt das Gehalt laut Endres zwischen 60.000 und 85.000 Euro.
Stark nachgefragt und sehr lukrativ ist auch der Job als Chief Sustainability Officer (CSO). Diese sorgen dafür, dass vom Einkauf über die Produktion bis zum Kundenservice alles im Unternehmen umweltfreundlich und sozial gerecht organisiert ist und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Für einen Nachhaltigkeitsvorstand eines großen mittelständischen Industrieunternehmens sind aktuell laut Experten zwischen 200.000 und 300.000 Euro Bruttojahresgehalt drin.
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