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Wer sein Gehalt beim aktuellen Arbeitgeber schlecht verhandelt hat, fühlt sich oft wie in einer Zwickmühle. - Foto: Matthew Henry on unsplash
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„Ich habe mein Gehalt schlecht verhandelt. Ist eine Beförderung der Ausweg?“

Eine Datenexpertin hat die Chance, Führungsverantwortung zu übernehmen. Doch sie hadert mit der eigenen Motivation. Was Coach Claudia Kimich ihr rät.

Regelmäßig präsentieren wir Ihnen an dieser Stelle eine Frage zu Job, Gehalt oder Karriere – mit einer Antwort eines unserer renommierten Experten. Wenn Sie auch eine Frage an den Handelsblatt-Karrierecoach haben, schicken Sie uns eine Mail an karrierecoach@handelsblatt.com – wir leiten Ihre Frage anonymisiert an unsere Experten weiter.

Das Problem diese Woche:

Saskia N. (Name geändert) hat ihr Gehalt bei ihrem jetzigen Arbeitgeber aus ihrer Sicht schlecht verhandelt. Die Datenexpertin hat mehrere Jahre Berufserfahrung und liegt bei 60.000 Euro brutto Jahresgehalt. Um mehr zu bekommen, hat sie in Feedbackgesprächen regelmäßig signalisiert, dass sie eine Position mit mehr Verantwortung haben möchte.

Ihr Arbeitgeber hat ihr nun eine Teamleiter-Stelle auf Probe angeboten. Sie ist jedoch unsicher, ob sich der Aufwand lohnt. Fragen nach ihrem zukünftigen Gehalt ist der Chef bisher ausgewichen. Soll sie die Führungsposition weiterhin anstreben, um ihr Wunschgehalt zu bekommen? Was sind Alternativen?

Karrierecoach Claudia Kimich antwortet:

Liebe Saskia, die erste Frage, die sich mir stellt, ist: Streben Sie generell eine Führungsposition an? Für mich klingt es so, als ob dieser Karriereschritt hauptsächlich wegen des Gehalts für Sie interessant ist. Beleuchten wir diese Entscheidungsgrundlage genauer:

  • Wie wichtig ist Ihnen Ihre jetzige Aufgabe?

  • Wie sehr wollen Sie eine Führungsposition jetzt oder später?

  • Aus welchen Gründen wollen Sie Führung übernehmen?

Mein Tipp, wenn das Gehalt Ihre Hauptmotivation für den Führungsjob ist: Lassen Sie es! Es gibt in dieser Berufswelt jede Menge Vorgesetzte, die wegen ihres fachlichen Könnens ins Management aufgestiegen sind. Wenn der beste ITler aber zum Chef befördert wird, verliert das Unternehmen oft nur einen guten ITler und gewinnt einen schlechten Chef.

Machen Sie sich deshalb eine ausführliche Pro-und-Kontra-Liste, damit Sie die Vor- und Nachteile schwarz auf weiß vor sich liegen haben. Bedenken Sie dabei auch, ob und – wenn ja – wie Sie Ihrem Anspruch an sehr gute Leistung in der neuen Position gerecht werden.

Drei klare Verhandlungsziele setzen.
Drei klare Verhandlungsziele setzen.

Hartnäckig nachfragen – und auf Antworten pochen

Wenn Sie sich entscheiden, die neue Position anzutreten, stiefeln Sie erst mal Ihrem Chef auf die Füße. Fordern Sie Antworten auf Ihre Fragen und bleiben Sie hartnäckig. Kündigen Sie an, dass Sie sich erst entscheiden, wenn Sie Antworten haben und die Jobbeschreibung Ihre Voraussetzungen erfüllt.

Sich bei Gehalt und Stelle drei Ziele setzen

Setzen Sie sich drei klare Ziele. Dabei gibt es zwei Bereiche, den finanziellen und inhaltlichen. Das sind Ihre Voraussetzungen für das Antreten der Stelle.

Das Wichtigste ist das Minimal-Ziel, Ihre Schmerzgrenze, unter der ist das Thema erledigt. Das heißt: Sie schlagen die Führungsaufgabe unter schlechteren Bedingungen aus. In Ihrem Fall könnte diese Grenze, da Sie anfangs schlecht verhandelt haben, gut und gerne 75.000 Euro plus ein variabler Bonus sein.

Mit dem Okay-Ziel fühlen Sie sich für diese Aufgabe gut bezahlt. Das wären beispielsweise 85.000 Euro, plus Bonus.

Das Juhu-Ziel, sagen wir 95.000 Euro als Fixum, sorgt dafür, dass Sie drei Tage kreischend vor Freude unter der Decke hängen.

Zusätzlich halten Sie für alle drei Zielvarianten fest, was Sie aufgabentechnisch und inhaltlich in der jeweiligen Kategorie wollen. Zum Beispiel: nur eine bestimmte Prozentzahl Überstunden oder bestimmte Aufgaben und Projekte weiterbetreuen. Überprüfen Sie diese finanziellen und inhaltlichen Grenzen sehr genau, ob Sie so faktisch und gefühlsmäßig für Sie stimmen.

Hier sind vier Tipps, die Ihnen helfen werden, Ihre Ziele besser zu formulieren und zu mehr Gehalt zu kommen:

Recherchieren Sie, was „man“ auf Ihrer Position verdient. Sie können sich in Bewertungsportalen, wie Kununu oder Glassdoor informieren, dort werden Infos und Gehaltsvergleiche angeboten. Bitte beachten Sie, dass dort möglicherweise mehr unzufriedene Mitarbeiter ihre Meinung und ihr Gehalt preisgeben.

Wenn in kostenpflichtigen Gehaltsportalen persönliche Angaben gefordert sind, geben Sie immer einen männlichen Vornamen an. Traurig und wahr: Das macht oft 20 Prozent Differenz aus.

Bewerben Sie sich bei drei Unternehmen, die nicht Ihre erste Wahl sind – und zwar direkt mit Ihrem Juhu-Ziel. Sie können deutlich befreiter verhandeln, wenn es nicht Ihr Traumjob ist. Zugegeben, wenn Sie den Job bekommen, haben Sie ein Entscheidungsproblem.

Entweder Sie werden bei Ihrem Vorgesetzten sehr klar, was Sie Ihrem jetzigen Arbeitgeber im aktuellen Job bringen, bereiten sich sehr gut vor – üben, üben, üben und verhandeln für Ihre jetzige Position ein letztes Mal nach. Gerne auch mit dem Hinweis, dass Sie wissen, dass Sie zu niedrig eingestiegen sind.

Nutzen Sie dazu gerne auch eventuelle Angebote aus Ihrem Marktcheck. Vorsicht, wenn Sie schon dreimal ein Nein kassiert haben, weiß Ihr Chef, dass Sie bleiben, auch wenn Sie nicht mehr bekommen. Dann werden Sie am besten sehr deutlich: „Ich bin damit nicht zufrieden und werde jetzt wohl nachdenken, was ich mit meiner Unzufriedenheit tue.“ Wenn er dann fragt: „Wollen Sie mir drohen?“, antworten Sie: „Nein, ich denke nur intensiv nach.“

Oder Sie machen sich auf zu neuen Ufern – konsequent und zielstrebig. Nutzen Sie für die Vorbereitung dieser neuen Verhandlungsgespräche alle Tipps und Tricks von oben.

Jetzt haben Sie jede Menge Ideen und Infos. Was machen Sie damit? Entscheiden Sie nur, wenn Sie sicher alles Wissen haben, das Sie dafür brauchen, und im Zweifel am besten schriftlich. Sonst drehen Sie besser eine Extrarunde. Entscheiden Sie mit Herz und Verstand: Bewerten Sie die Fakten sachlich und hören Sie auch darauf, was Ihr Bauch zum Ergebnis sagt. Viel Glück und Erfolg!

Das ist die Expertin

Claudia Kimich ist Diplom-Informatikerin, systemischer Coach und Autorin mehrerer Bücher zum Thema Gehaltsverhandlung. Nach IT- und Vertriebsleitungspositionen trainiert und coacht sie seit mehr als 25 Jahren zu den Themen Gehalt, Honorar und Preisverhandlung sowie Schlagfertigkeit und Selbstmarketing. Kimich lebt in München.

„Ich habe mein Gehalt schlecht verhandelt. Ist eine Beförderung der Ausweg?“

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