Diese Chancen bietet der Jobmarkt aktuell erfahrenen Managern
Viele Unternehmen in Deutschland brauchen einen Geschäftsführer. Für erfahrene Führungskräfte ist das Gelegenheit zum Aufstieg. Drei Manager berichten von ihren Erfolgen.
Düsseldorf. Viele Unternehmen in Deutschland suchen neue Geschäftsführer. Das eröffnet Chancen für erfahrene Manager, die vom Stellenabbau in Konzernen oder bei großen Mittelständlern betroffen sind.
Drei Manager, die als Interims-Restrukturierungschef, als Geschäftsführer für eine Beteiligungsgesellschaft und als neuer Lenker eines Familienunternehmens arbeiten, teilen ihre Erfolgsgeschichten. Welche Mission passt zu Ihnen?
Neuer Job als Übergangschef: Interimsmanager für Spezialfälle
Interimsmanager springen ein, wenn Personal fehlt, oder helfen Unternehmen in Krisen. Etwa 12.000 Manager vermarkten sich in Deutschland selbst, schätzt Marei Strack. Sie ist Vorsitzende des größten Fachverbands DDIM.
Ein Auftrag dauert im Schnitt zwölf Monate. Der durchschnittliche Tagessatz lag 2024 bei 1300 Euro – ohne Vermittlungsgebühr, ergab eine Mitgliederbefragung.
Um neue Aufträge zu bekommen, arbeiten Interimsmanager oft mit sogenannten Providern zusammen. Diese nehmen 20 bis 30 Prozent der Auftragssumme als Gebühr. Strack: „Am besten verdienen Chef-Restrukturierer. Da sind auch Tageshonorare von mehr als 2500 Euro drin.“
Allerdings: Vom jeweiligen Tagessatz müssen alle Kosten selbst getragen werden: von Kranken- oder Managerhaftpflichtversicherung bis hin zur Altersvorsorge. Und Interimsmanager brauchen finanzielle Reserven für Zeiten ohne Auftrag. Strack sagt: „Flexibilität bei der Kundenwahl hat ihren Preis.“
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Michael Hengstmann (60) saniert die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden
„Als Restrukturierungsmanager werde ich oft in dramatischen Situationen an die Unternehmensspitze gerufen. Dann muss ich Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz abwenden.
Bei meinem aktuellen Mandat an den Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden stand das Unternehmen im Juli 2024 unter immensem Sanierungsdruck.
Die Passagierzahlen innerhalb Deutschlands waren gesunken, während die Kosten für Luftsicherheit und -verkehr gestiegen sind. Nur acht Wochen blieben, um eine Liquiditätslücke von 145 Millionen Euro zu schließen und so den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Und das kurz vor der Landtagswahl in Sachsen. Nicht auszudenken, wie diese ausgegangen wäre, wenn wir gescheitert wären. Und plötzlich der Flugbetrieb sowie Tausende Arbeitsplätze gefährdet gewesen wären.
In meinem Job zählen schnelle Erfolge. Unnötige Ausgaben und Investitionen werden gestoppt, Leiharbeit überdacht. Ich habe aber auch schon Designermöbel verkauft und Büroflächen untervermietet, um Finanzlöcher zu stopfen.
Um Personalkosten zu senken, verhandle ich mit Gewerkschaften und Betriebsräten darüber, Gehaltserhöhungen auszusetzen und das Pensum zu erhöhen. Und so Arbeitsplätze zu erhalten.
Auch bei Kunden und Lieferanten handle ich finanzielle Zugeständnisse aus und überzeuge Banken, Kredite zu stunden oder neue zu bewilligen.
Die größte Herausforderung ist, das Vertrauen der Verhandlungspartner zu gewinnen. Für Bankmanager muss ich jederzeit erreichbar sein, Führungskräfte und Mitarbeiter mit meiner Antrittsrede überzeugen. Ich erkläre die Ursachen der Krise und die Gegenmaßnahmen, bereite sie aber auch auf schmerzhafte Einschnitte vor.
Für solche Kriseneinsätze muss man eh der Feuerwehrtyp sein.Michael Hengstmann
Zuerst sparen wir bei Material- und Betriebskosten, dann ändern wir die Mitarbeiterstruktur. Oft muss teures Führungspersonal das Unternehmen verlassen, danach wird Personal in der Verwaltung reduziert. Am Ende entscheiden wir, ob auch in der Produktion oder wie jetzt im Flugbetrieb Stellen gestrichen werden müssen.
Von Kritik an Intransparenz im Restrukturierungsprozess lass ich mich nicht verunsichern. Für solche Kriseneinsätze muss man eh der Feuerwehrtyp sein.
Oft finde ich Chaos vor, Mitarbeiter sind verängstigt, manchmal gibt es Streiks. Als ich einmal ein Werk eines Autozulieferers schließen musste, wurden Videos veröffentlicht, um mich einzuschüchtern.
Der Job ist hochdynamisch, im Vergleich dazu fühlt sich die Arbeit als Chef in erfolgreichen Unternehmen wie in Zeitlupe an. Ich liebe die Herausforderungen solcher Sondersituationen.
Meine Familie kennt das. Bei neuen Aufträgen arbeite ich sechs bis neun Monate durch, nur abendliche Videocalls mit meiner Frau und den Kindern sind fest eingeplant.
An der neuen Wirkungsstätte bin ich genügsam: Ich fahre mit der S-Bahn zur Arbeit, wohne in preiswerten Hotels – ich muss das Sparen vorleben, sonst bin ich unglaubwürdig.
Dieser Erfolg wirkt wie eine Droge.Michael Hengstmann
Nach der akuten Krisenphase wird es ruhiger. Als letzte Amtshandlung nach etwa 18 bis 24 Monaten arbeite ich einen Nachfolger ein, der oder die dann für die Weiterentwicklung des Programms für profitables Umsatzwachstum sorgt.
Das Schöne an erfolgreichen Restrukturierungen ist, dass ich den verbleibenden Mitarbeitern Stolz zurückgeben kann. Dieser Erfolg wirkt wie eine Droge. Haben Sie als Manager diese Erfahrung einmal gemacht, wollen Sie nichts anderes mehr.“
Job-Chancen nach einer Übernahme: Geschäftsführer für Finanzinvestoren
Beteiligungsgesellschaften wie Blackrock oder KKR sammeln Geld von Anlegern fern der Börse ein, um damit Firmen zu kaufen, bei denen sie Profit wittern. Denen bürden sie die Schulden auf, machen sie flott und stoßen sie ab.
Fünf Jahre und vier Monate vergehen, bis eine Private-Equity(PE)-Firma ein gekauftes Unternehmen wieder veräußert. Renditen von 20 Prozent und mehr pro Jahr sind keine Seltenheit.
Private Equity hat großen Bedarf an Managern mit Konzernhintergrund oder von namhaften Mittelständlern.Tanja Svjetlanovic, Personalberatung Spencer Stuart
Zwar ist der deutsche PE-Markt nach jüngsten Erhebungen des Bundesverbands Beteiligungskapital deutlich entfernt vom Boomjahr 2022. Insgesamt wurden in den ersten sechs Monaten 2024 rund 440 Unternehmen mit Beteiligungskapital im Wert von 4,15 Milliarden Euro finanziert.
Dennoch ergeben sich Jobchancen, weiß Tanja Svjetlanovic von der Personalberatung Spencer Stuart: „Private Equity hat großen Bedarf an Managern mit Konzernhintergrund oder von namhaften Mittelständlern, die nachweislich Wachstum beziehungsweise Wertsteigerung vorangetrieben haben.“
Oft kaufen sich diese neuen Geschäftsführer in das Portfoliounternehmen ein, damit die Investoren sicher sein können, dass ihr Manager alles gibt, das Gewinnziel zu erreichen.
Jawed Barna (49) ist CEO des Immobilienmaklers Engel & Völkers im Auftrag von Permira
„Ich habe viele Jahre in Konzernen gearbeitet, in denen es zwar schnelle Aufzüge für Vorstände gibt, aber Entscheidungen in Management-Meetings oft lange dauerten.
Große Unternehmen sind kompliziert aufgebaut, und oft geht es mehr um Macht als um Kundennutzen. Das erschwert es, neue Ideen schnell umzusetzen. Nach 22 Jahren in der Finanzbranche und verschiedenen Vorstandsposten wünschte ich mir mehr Unternehmergeist und Tempo.
2023 bot mir ein Headhunter die globale Leitung von Engel & Völkers im Auftrag des Finanzinvestors Permira an, was mich sofort reizte. Das ehemalige Familienunternehmen ist in mehr als 35 Ländern aktiv und eine starke Marke mit großem Wachstumspotenzial.
Besonders begeistert haben mich die Gespräche mit den Investoren und Gründer Christian Völkers – die gemeinsamen Ziele waren klar und die Chemie stimmte.
Ein Schritt, mit dem ich mir auch selbst etwas beweisen wollte.Jawed Barna
Rückblickend hätte mein Karriereschritt kaum drastischer sein können: Von einem börsennotierten Großkonzern wechselte ich zu einem mittelständischen Unternehmen, das mehrheitlich von einem Finanzinvestor gehalten wird. Gleichzeitig habe ich die Branche gewechselt. Ein Schritt, mit dem ich mir auch selbst etwas beweisen wollte. Ich war bereit für neue Herausforderungen.
Sie ließen nicht lange auf sich warten: Schon in den sechs Monaten bis zum Stellenantritt änderte sich die Ausgangslage komplett. Statt eines Immobilienbooms erlebten wir eine Marktkrise.
Für mich war das ein Ansporn: Dank meiner Erfahrungen in der Finanzbranche wusste ich, wie man solche Situationen meistert. Heute bin ich stolz darauf, dass wir trotz Gegenwind zweistellig bei Umsatz und Gewinn gewachsen sind.
Bürokratie hat in unseren Entscheidungsprozessen keinen Platz, damit beschäftigt uns die Politik im Land schon mehr als genug.Jawed Barna
Unser Erfolg ist ein Gemeinschaftswerk. Um ihn fortzusetzen, müssen wir das Tempo hochhalten – für mich persönlich und für die mehr als 16.500 Menschen unter unserer Marke.
Bürokratie hat in unseren Entscheidungsprozessen keinen Platz, damit beschäftigt uns die Politik im Land schon mehr als genug.
Entscheidungen, die in einem Konzern acht Monate dauern können, setzen wir hier in acht Wochen um. Themen wie Akquisitionen oder der Einsatz von KI gehören auf meinen Tisch.
Dabei übernehme ich die volle Verantwortung – nicht nur für die Ergebnisse, sondern auch für die Anliegen der Mitarbeitenden. Aktuell beschäftigen mich die Folgen der Waldbrände in Kalifornien für unser Business und unsere Partner dort sehr.
Ich möchte als CEO nahbar sein und mich regelmäßig mit den Mitarbeitenden weltweit austauschen.Jawed Barna
Der menschliche Aspekt ist mir wichtig. Ich bin überzeugt, ohne eine Unternehmenskultur, die Menschen ermutigt, Veränderungen mitzutragen, bleiben die beste Vision und Strategie wirkungslos.
Ich möchte als CEO nahbar sein und mich regelmäßig mit den Mitarbeitenden weltweit austauschen.
Eine meiner ersten Entscheidungen war daher, mein Büro in der Hamburger Zentrale aus der traditionellen sechsten Chefetage in die vierte Etage zu verlegen – näher an den Teams und ohne separate Aufzüge für mich und mein Executiveteam.
Ob ich nun an der Alster arbeite oder unterwegs bin – meine Sportsachen habe ich dabei. Viermal in der Woche mache ich Sport, weil es mir hilft, ausgeglichen und fit zu bleiben.
Ich kann alle ermutigen, die nach vielen Jahren Konzernkarriere nach mehr Eigenverantwortung und Unternehmergeist suchen, den Schritt zu wagen. Es ist eine Chance, Veränderungen zu gestalten und persönlich zu wachsen.“
Chance für Führungskräfte: Leitungsposition im Familienunternehmen
Rund 530.000 Unternehmen in Deutschland benötigen bis Ende 2028 einen Nachfolger auf dem Chefsessel. „Eine unternehmerische Tätigkeit oder die Leitung eines mittelständischen Unternehmens muss eine selbstverständliche Alternative zum Angestelltenverhältnis sein“, sagt Michael Schwartz von der KfW-Bank, der diese Zahlen ermittelt hat.
Wer eine Firma kaufen möchte, kann sich online auf verschiedenen Nachfolgebörsen umschauen. Einige wie nexxt-change oder die Deutsche Unternehmerbörse listen Betriebe deutschlandweit auf. Wichtig für angehende Unternehmer ist es, sich mit den finanziellen Risiken, rechtlichen und steuerlichen Aspekten einer Firmenübernahme vertraut zu machen.
Felix Brüggemann (39) ist geschäftsführender Gesellschafter von KL netprint
„Mein erstes Treffen mit dem Eigentümer des Unternehmens, in dem ich neuer Chef werden wollte, erinnerte an eine arrangierte Hochzeit.
Tobias Zimmer von Tradineo, der die Firmenübernahme vermittelte, war ebenfalls im Hotel in Hamburg dabei. Tradineo listet zahlreiche Unternehmen, die Nachfolger suchen. Ich hatte mich 2022 als Kandidat beworben und interessierte mich für das IT-Systemhaus KL netprint, bei dem Firmen ohne eigenes IT-Personal einen Servicevertrag abschließen können.
Anfang 2023 beschnupperten wir uns also, um zu sehen, ob wir einander unsere Zukunft anvertrauen können. Mein Eindruck: Nicht nur das Geschäftsmodell, auch der Gründer ist solide. Er wollte verkaufen und suchte jemanden, der die Arbeitsplätze seiner mehr als 20 Angestellten erhält. Das gefiel mir.
Das Gespräch zeigte auch: Da ist noch viel Potenzial, denn KL netprint betreute bisher nur Stammkunden in Hamburg. Ich stieg ein.
Normalerweise kann ich gut vor Leuten sprechen. Als ehemaliger Geschäftsbereichsleiter eines internationalen Konzerns gehörten Präsentationen zu meinem Alltag. Aber als wir sechs Monate später den Angestellten mitteilten, dass ich ihr neuer Chef bin, war ich ratlos, was ich sagen sollte.
Die offizielle Übergabe dauerte keine zehn Minuten. Wir wussten, dass die Mitarbeitenden noch viele Fragen haben würden. Um Vertrauen aufzubauen, haben wir ein kurzes Video vorbereitet, das sie zu Hause anschauen konnten.
Es zeigt mich mit meiner Familie und beim Musikhören. Außerdem erzählen zwei meiner ehemaligen Mitarbeiter, wie ich als Chef war. Zudem erfährt man, dass ich gemeinsam mit einem Freund eine Firma gegründet habe.
Ich war vorsichtig, nicht zu allem ‚Ja‘ zu sagen, nur um zu gefallen.Felix Brüggemann
Der Faktor Mensch bleibt die größte Unwägbarkeit einer Übernahme. Doch der Chefwechsel gelang: Es gab keine Kündigungen, ein ehemaliger Mitarbeiter kehrte zurück.
Ich war vorsichtig, nicht zu allem ‚Ja‘ zu sagen, nur um zu gefallen. Besonders schön war das Feedback: „Der Neue hält, was er verspricht.“
Die größte Veränderung ist, dass ich anderen Führungskräften mehr Verantwortung überlasse und den Vertrieb neu organisiere. Wir suchen dringend Verstärkung. Sollte ich eine andere Firma strategisch zukaufen wollen, unterstützt mich Tradineo.
Tradineo ist Miteigentümer von KL netprint und hat gute Verbindungen zu Geldgebern, Wirtschaftsprüfern und Anwälten. Anders als bei einer typischen Private-Equity-Firma gibt es keinen festen Zeitpunkt, an dem ich das Unternehmen verkaufen muss.
Mein Gehalt hat sich verändert. Als geschäftsführender Gesellschafter verdiene ich etwas weniger als früher als Führungskraft im Konzern, aber ein großer Teil meiner Vergütung hängt jetzt vom Gewinn ab. Das ist riskanter, aber auch attraktiv.
Lange habe ich mich als erfolgreichen „Corporate Guy“ gesehen, im Anzug und mit Firmenwagen. Obwohl ich einen Geschäftsbereich aufgebaut habe, habe ich vor allem aber Entscheidungsvorlagen angefertigt und den Willen des Vorstands umgesetzt.
Ein mittelständisches Unternehmen zu leiten, vereint das Beste aus beiden Welten.Felix Brüggemann
Mein Wechsel in die Selbstständigkeit war eine Zäsur. Ich wollte mehr Gestaltungsmacht. Die Jahre im Start-up haben mir gezeigt, was Unternehmertum bedeutet, und mich gelehrt, bodenständig zu handeln. Heute kann ich sagen: Ein mittelständisches Unternehmen zu leiten, vereint das Beste aus beiden Welten.
Trotz Risikofreude ist mir klar, dass an meinen Entscheidungen immer Jobs mit Gehältern hängen, von denen einzelne oder Familien leben müssen. Und im Zweifel kehre ich auch rasch selbst das Büro, bevor ein Kunde kommt.
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