Elon Musk: Hat er die Probleme bei Tesla überhaupt im Blick? - Foto: REUTERS
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Absturz der Ikone: Warum Tesla nur noch ein Anbieter unter vielen ist

Statt Politik zu machen, müsste sich Tesla-Chef Elon Musk um sein Unternehmen kümmern. Dort brennt es an allen Ecken, wie jetzt neue Absatzzahlen zeigen.

Ross Gerber war fast ein Jahrzehnt lang Tesla-Fan. Nachdem sich der Chef der kalifornischen Investmentfirma Gerber Kawasaki 2013 in einen Tesla-Shop in Los Angeles verirrt und ein Model S getestet hatte, stand für ihn fest: Dieser E-Auto-Hersteller wird die Autowelt verändern, ihm steht eine rosige Zukunft bevor. Gerber legte sich Tesla-Aktien im Wert von über 100 Millionen Dollar ins Portfolio. Er stärkte Tesla-Chef Elon Musk selbst dann noch den Rücken, als dessen Firma nahe an der Insolvenz operierte, als Tesla die Serienproduktion nicht in den Griff bekam oder wegen Qualitätsmängeln hunderttausende Autos zurückrufen musste.

Marktanteile sinken dramatisch

Doch mit der Solidarität ist es nun vorbei. Gerber wurde in den vergangenen Monaten zu einem der lautesten Kritiker von Elon Musk – aus einem simplen Grund: Er wirft dem exzentrischen Chef vor, sich nicht mehr wirklich um Tesla zu kümmern. Neue Absatzzahlen aus den wichtigsten Automärkten bestätigen Gerber: Tesla kann sich mit seinen E-Autos immer schlechter gegen die Konkurrenten behaupten, die Marktanteile im Elektrosegment sinken dramatisch.

Es wäre der volle Einsatz Musks gefragt – aber der folgt lieber Trump auf Schritt und Tritt, mischt sich in den deutschen Wahlkampf ein, beleidigt europäische Politiker, zieht von Brasilien bis Kanada gegen „Wokeness“ zu Felde.

„Wir wissen, wofür Elon Musk seine Energie verwendet, und das ist nicht Tesla“, schimpfte Gerber unlängst im US-Fernsehen. Musk gebe in den USA den Politiker und mische sich auch in Europa in die Politik ein, was Tesla schade: „Rechtsextremismus zu unterstützen, ist der beste Weg, um Europäer davon abzuhalten, Teslas zu kaufen. Musks persönliche Ziele stehen denen des Unternehmens Tesla diametral entgegen und das ist für mich als Aktionär sehr frustrierend.“

Skoda schlägt Tesla

Tatsächlich sieht es für Tesla in Europa nicht gut aus. Im Herbst stieß das Elektro-SUV Skoda Enyaq aus dem Hause Volkswagen das in Grünheide gebaute Tesla Model Y vom Thron. Der Enyaq ist seither das meistverkaufte E-Auto in Europa. Das Model Y rangiert auf dem zweiten Platz und wird von nachfolgenden VW-Modellen (ID.4, ID.7, ID.3) bedrängt. Auch BMW, Mercedes und Porsche sind in den Top 10 vertreten. Nachdem der Marktanteil von Tesla in den vergangenen Jahren stetig gestiegen war, ging er 2024 erstmals zurück.

Auch in den USA steht Tesla unter Druck. Dass die Anteile im Heimatmarkt sinken, ist nicht überraschend, weil Tesla als E-Auto-Pionier den Markt zunächst komplett dominierte und nun nach und nach Anteile an Wettbewerber abgeben muss. Überraschend ist das Tempo: In nur drei Jahren brach der Anteil im E-Auto-Markt um 36 Prozent ein (siehe Grafik).

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Noch bedenklicher aber ist die Entwicklung in China, dem mit Abstand größten Auto- und Elektroautomarkt der Welt. Einst galten die Autos des US-Herstellers in China als das Nonplusultra, heute versucht Tesla mit hohen Rabatten den Niedergang wenigstens zu verlangsamen: In nur zwei Jahren ging der Marktanteil im E-Auto-Segment von rund 20 auf 6 Prozent zurück. Der einstige E-Auto-Marktführer ist bloß noch ein Anbieter unter vielen. Tesla rangiert auf Platz 5, abgehängt von einheimischen Herstellern wie BYD, Geely, Chery oder Changan.

Lange Zeit schien das unvorstellbar, schien Tesla für etablierte Autokonzerne nahezu uneinholbar zu sein. Tesla sei ein „fast moving target“, ein sich schnell bewegendes Ziel, beklagten deutsche Automanager: Kaum hatten sie den Eindruck, mit Tesla technisch auf Augenhöhe zu kommen, waren die Amerikaner mit Neuerungen schon wieder davongezogen.

Tesla wird zur leichten Beute

Inzwischen aber bewegt sich das Ziel nur noch langsam – es sind keine neuen starken Modelle in Sicht, beim autonomen Fahren sind außer Ankündigungen keine Fortschritte erkennbar. Hersteller wie VW, BMW oder Mercedes sehen plötzlich die Chance, tatsächlich an Tesla vorbeizuziehen, bei der Technik wie bei den Marktanteilen.

Noch gibt es keinen breiten Aufstand der Tesla-Aktionäre, weil Musks Nähe zum designierten US-Präsidenten Donald Trump den Kurs der Aktie auf Rekordniveau getrieben hat. Anleger spekulieren darauf, dass Musks möglicher Einfluss auf politische Entscheidungen in den USA dem Autobauer nutzen wird.

Tesla hat in den Jahresberichten von 2021 und 2022 den Aktionären in Aussicht gestellt, den Absatz bis 2020 um über 1000 Prozent auf 20 Millionen Fahrzeuge zu steigern. Dafür müsste der Tesla-Absatz Jahr für Jahr um über 50 Prozent steigen. Doch statt derart zu explodieren, sank der Absatz 2024 um rund ein Prozent – auf unter 1,8 Millionen Autos.

Innovationen als Ablenkung?

Tesla-Investor Gerber hat aus der Entwicklung seine Konsequenzen gezogen. Im vergangenen Jahr verkaufte er Tesla-Aktien im Wert von etwa 60 Millionen. Dennoch gehört er weiterhin zu den großen Tesla-Aktionären. „Im Laufe der Zeit habe ich meine Position reduziert, weil ich einfach nicht mehr glaube, dass sie die Ziele erreichen, die für Tesla vor einigen Jahren und sogar in jüngster Zeit festgelegt wurden, nämlich mehr Autos zu verkaufen“, sagte Gerber dem Finanzportal Yahoo Finance.

Allzu optimistische Berichte über Teslas Robotik und selbstfahrende Autos wies er zurück: „Das ist nur eine Ablenkung von der Tatsache, dass sie Autos verkaufen müssen, dieses Jahr, nächstes Jahr und das Jahr danach – nichts davon wird in absehbarer Zeit kommen.“

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