Aktien, Urlaubsgeld, Boni: Womit Arbeitgeber am häufigsten ködern
Eine exklusive Auswertung zeigt: Arbeitgeber locken neue Mitarbeiter öfter mit variablen Vergütungskomponenten. Die besten Boni sind aber auch riskant.
Viele Stellenanzeigen versprechen heute „Weihnachtsgeld“, „attraktive Bonusregelungen“ oder eine „Gewinnbeteiligung“. Denn immer öfter locken Arbeitgeber neue Mitarbeiter gezielt mit variablen Vergütungskomponenten. Das hat eine exklusive Auswertung der Jobbörse Indeed für das Handelsblatt ergeben.
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Die Analyse von mehreren Millionen Jobangeboten aus den vergangenen drei Jahren zeigt, dass das 13. Gehalt dauerhaft am beliebtesten ist: In 16 Prozent aller Anzeigen bietet der künftige Chef neuen Mitarbeitern diese feste Zusatzzahlung, die häufig am Jahresende überwiesen wird.
Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) holt als Zusatzleistung jedoch auf: Vor drei Jahren gab es die Zusatzrente nur in sechs Prozent der Stellenanzeigen, heute sind es mit 14 Prozent mehr als doppelt so viele.
Warum das so ist, erklärt Tim Verhoeven, Arbeitsmarktexperte bei Indeed: „Immer mehr Erwerbstätige rechnen nicht damit, ihren Ruhestand allein mit der gesetzlichen Rente bestreiten zu können. Arbeitgeber reagieren auf diesen Trend und bieten diese Leistung immer häufiger an und bewerben sie offensiv in Stellenanzeigen.“ Für den Aufbau einer Zusatzrente über den Arbeitgeber übernimmt das Unternehmen die Beiträge. Beim Bezug im Alter muss der Arbeitnehmer die betriebliche Altersvorsorge dann versteuern.
Deutsche Berufstätige seien sehr auf Sicherheit bedacht, sagt Verhoeven. Das habe sich durch die Krisen der letzten Jahre noch verstärkt: „Sie nehmen lieber ein sicheres fixes Einkommen, als sich auf unsichere Boni zu verlassen.“
Deutsche wollen Sicherheit: Variable Vergütung bleibt ein Nischenphänomen
Leistungsabhängige, variable Vergütungsbestandteile sind deshalb insgesamt noch eher ein Nischenphänomen in Deutschland – zumindest in Stellenanzeigen. Anreize wie Boni oder Aktienpakete sind laut dem Indeed-Experten „zwar stark im Kommen, aber noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau“. Ihre Erwähnungen in den Jobofferten hätten in den vergangenen drei Jahren zwar um 154 Prozent beziehungswiese 203 Prozent zugenommen. Im Januar 2022 enthielten pro einer Million Stellenangebote dennoch nur 17.790 leistungsbedingte Prämien, 2379-mal gab es Unternehmensbeteiligungen als Entgeltbestandteil.
Besonders im Wettbewerb um hochqualifizierte Talente wie etwa Software-Entwickler, Führungskräfte oder Datenspezialisten würden solche variablen Anreize, mit denen die neuen Beschäftigten ihr künftiges Jahresgehalt noch deutlich steigern könnten, immer wichtiger.
Boni gibt es besonders häufig für Vertriebsjobs, vom Account Manager über Promoter bis zum Spezialisten für Onlinehandel. Da zahlt sich der persönliche Einsatz zur Neukundengewinnung oder Umsatzsteigerung am Jahresende direkt in höheren Provisionen aus.
Ein berufserfahrener Senior Product Manager mit einem jährlichen Durchschnittsgehalt von rund 70.000 Euro kann so noch bis zu 30 Prozent mehr verdienen. Dazu muss er die gemeinsam mit dem Vorgesetzten festgelegten Ziele erreichen – zum Beispiel die Produktions- und Vertriebskosten senken und so den Gewinn um einen bestimmten Prozentsatz steigern.
Üblich sind zwischen zehn und 20 Prozent variabler Vergütungsanteil. Die durchschnittlich gezahlte Prämie beträgt laut dem Statistischen Bundesamt 6300 Euro. Für Angestellte ist dabei wichtig, zu bedenken, dass der Bonus am Ende des Jahres mit dem Festgehalt versteuert wird.
Gerade junge Tech-Unternehmen umwerben potenzielle Mitarbeiter mit IT-Expertise dagegen lieber mit Firmenanteilen. Dieser finanzielle Benefit winkt laut Indeed-Analyse derzeit am ehesten Growth Marketeers, Backend Developern, Solutions Engineers, Datenanalysten und Produktdesignern.
Kalkül: Wer hier einsteigt und sich richtig reinhängt, profitiert später persönlich davon, wenn sich das Geschäft des Unternehmens gut entwickelt hat und der Aktienkurs entsprechend steigt. Bekannte Beispiele für erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligungen sind Apple, Google oder Onlinehändler Amazon. Etliche Beschäftigte der ersten Stunde sind dank ihrer Aktienpakete inzwischen Multimillionäre.
Der Haken dabei: Bei Weitem nicht jede Geschäftsidee funktioniert so gut wie erhofft. Außerdem werden für die zugeteilten Aktien manchmal Haltedauern vorgeschrieben. Muss der Mitarbeiter eine Aktie beispielsweise fünf Jahre behalten, bevor er sie verkaufen darf, kann er Gewinnchancen verpassen.
