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Automatisierung kann in vielen Bereichen hilfreich sein, den Menschen aber nicht vollständig ersetzen. - Quelle: willyambradberry - 123RF

Automatisieren ja, aber an den richtigen Stellen

Automatisierung und KI können für Unternehmen sehr profitabel sein. Der Arbeitsaufwand wird reduziert, die Anzahl der Prozesse übersichtlicher und effektiv lassen sich Kosten sparen. Aber so weitreichend die Vorteile sein können, die Einführung automatisierter Prozesse bringt auch Probleme und Risiken mit sich. Was gilt es also zu berücksichtigen, wenn ein Unternehmen gewinnbringend automatisieren möchte, und wo geht es überhaupt? Wir geben Tipps für die Umsetzung.

Unter Automatisierung versteht man, Aufgaben in einem System durch einen automatischen Prozess zu ersetzen. Das lohnt sich gerade bei repetitiven und manuellen Abläufen. Unternehmen, die daraus Vorteile ziehen wollen, müssen sich vor allem die Frage stellen, wo sie die meiste Zeit einsparen können. Schließlich sollte es bei der Automatisierung vor allem darum gehen, IT-Mitarbeiter für wichtigere Aufgaben zu entlasten. Aber um geeignete Automatisierungsbereiche zu finden, ist zunächst eine Auswertung der vorhandenen Prozesse erforderlich.

KI-gestützte FAQs vereinfachen den Helpdesk-Support

Einer dieser Prozesse kann der Passwort-Reset sein. Mitarbeiter vergessen ihre Zugangsdaten oder müssen sie aus Sicherheitsgründen ändern und kontaktieren den IT-Support. Ein häufiger Vorgang, der in seiner Ausführung kaum variiert. Hier gibt es bereits gute Lösungen wie das "Passwort-Portal", das im Office-365-Paket enthalten ist. Ein automatischer Reset spart Mitarbeitern und IT-Support Nerven und macht Zeit frei, sich um andere Aufgaben zu kümmern und beschleunigt den Prozess ungemein.

Neben einem Passwort-Reset kommen im First-Level-Helpdesk-Support immer wieder dieselben Fragen zu denselben Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs auf. Typische unnötige Zeitfresser sind Mitarbeiter, die ihr Problem einfach an die IT outsourcen, obwohl sie sich sehr leicht selbst Abhilfe verschaffen könnten. Das klassische Beispiel: "Der Drucker will nicht!" Oder aber Anwender können das Problem nicht genau beschreiben und wissen daher nicht, wo sie nach der Lösung suchen sollten.

KI gestützte FAQs bieten hier Hilfe zur Selbsthilfe. Mitarbeiter versuchen, das Problem zu beschreiben und die KI hilft ihnen, es per Schlagwortsuche zu spezifizieren. Das Helpdesk-System sollte dann zusätzlich noch in der Lage sein, ein Entscheidungskriterium zu liefern. Lässt sich das Problem vor Ort und selbst lösen oder braucht es tatsächlich die Hilfe eines Profis? Für diesen lässt sich mit Hilfe von KI dann gleich ein Ticket erstellen und anhand des FAQs spezifizieren, wo welche Hilfe nötig ist. Auch den Ratschlag, das Gerät an und wieder auszuschalten, hat das KI-gestützte FAQ bereits gegeben. Der IT-Support kommt erst im letzten und wirklich notwendigen Schritt hinzu und weiß, was zu tun ist.

Zugänge und Lizenzen – der direkte Weg ist der effektivste

Auch Zugänge und Berechtigungen für Mitarbeiter zu verwalten, kann sehr viel Zeit kosten. Zudem sind diese Prozesse anfällig für Fehler, die die Unternehmenssicherheit gefährden könnten. Die manuelle Einrichtung eines neuen Users kann Stunden dauern. Bevor die IT hier für jede Anwendung ein eigenes Konto anlegt, ist es schlauer, ein Single-Sign-on-System einzurichten, beispielweise von Okta. Hierbei können Nutzer über eine zentrale Anmeldung auf eine Vielzahl von Systemen zugreifen. Ebenso bieten Freigabeprozesse von Anwendungen Potenzial für Automatisierung. Zugänge freizugeben, beinhaltet häufig aufwändige Schritte:

  • Die Anfrage geht an die IT.

  • Die IT prüft, ob die erforderlichen Berechtigungen vorhanden sind.

  • Die IT klärt die Zugriffsgenehmigungen mit einem Vorgesetzten ab.

  • Die IT gibt den Zugang schließlich frei.

Was aber, wenn keine Berechtigung vorliegt? In diesem Fall wäre die IT unnötig beschäftigt, nur um dann an dem Veto des Vorgesetzten zu scheitern. Idealer sind hier sogenannte "Data Owner". Damit lässt sich einem bestimmten Freigabeprozess ein bestimmter Entscheidungsträger zuordnen, der direkt informiert wird. Nur wenn der Vorgesetzte oder Data Owner den Zugriff freigibt, richtet die IT den Zugriff auch ein. Solche Prozesse lassen sich per Skript automatisieren, da der Vorgang einer Berechtigungsfreigabe immer gleichförmig ist. Der direkte Weg erweist sich, wie so oft, als der effektivste.

Nach demselben Prinzip lässt sich der Einkauf von Lizenzen automatisieren. Lizenzen für Anwendungen können sehr teuer sein und stehen deshalb nicht jedem zur Verfügung. Wird eine neue Lizenz benötigt, muss der Kauf von jemandem abgesegnet werden. Erneut ist der direkte Ansatz der einfachere – am besten über ein Helpdesk-System. Auch eine API könnte hier zum Einsatz kommen. Bestätigt der Vorgesetzte den Auftrag, könnte mithilfe einer API ein direkter und automatischer Kaufvorgang mit dem jeweiligen Anbieter der Lizenz in die Wege geleitet werden – ganz automatisch. Der Zugriff darauf lässt sich wiederum mit dem beschrieben Data-Owner-Prinzip automatisieren.

Die Automatisierung läuft auch bei der Umkehrung der Prozesse: Mitarbeiter entscheiden sich, das Unternehmen zu verlassen, eine Zugangsberechtigung ändert sich oder der Zugriff auf eine Anwendung wurde nur temporär gewährt. Hier lohnt es sich ebenso, automatische Prozesse anzuwenden. Das Mitarbeiterkonto erlischt automatisch mit dem zentralen Zugang. Benötigte Berechtigungen werden je nach Position oder Projekt automatisch gewährt oder entzogen. Und der temporäre Zugang schließt sich automatisch nach Ablauf der Zeit. So entstehen keine Karteileichen in den Systemen und die Angriffsfläche für Bedrohungen von außen ist deutlich kleiner. Denn unüberwachte und ungenutzte Konten und Zugänge bieten mehr Sicherheitslücken.

Einfach patchen

Ein weiteres mögliches Automatisierungsfeld ist das Software-Patching, ein manuell sehr aufwändiger Prozess, weil es so viele Aspekte zur berücksichtigen gilt. Beispielsweise können in einem Krankenhausbetrieb nicht einfach Veränderungen an der Software vorgenommen werden. Fehler oder Systemausfälle bergen erhöhte Risiken, schließlich hängen Leben von den Systemen ab. Dafür gibt es Compliance-Regularien, die es einzuhalten gilt.

Dennoch gibt es beim Patching viele mögliche Automatisierungen. Kommt ein Patch für eine Software, lässt sich dieser automatisch herunterladen und installieren. Das klingt zwar trivial, ist aber nicht gang und gäbe. Im Gaming zeigt sich das bei der Internet-Vertriebsplattform Steam. Hier können Nutzer Spiele kaufen und über die bereitgestellte Plattform spielen. Dem Nutzer bleibt es freigestellt, automatische Updates zu erlauben oder nicht. Stellt ein Entwicklerstudio ein Update, DLC (Downloadable Content) oder Patch zur Verfügung, werden diese automatisch direkt über die Plattform heruntergeladen und installiert. Es ist keine weitere Interaktion nötig. Und Steam steht hierbei nicht allein. Solche Automatisierungen gibt es schon zuhauf.

Deployment automatisch auslesen

Schwieriger gestaltet sich die Automatisierung beim Deployment von Software. Die neue Software muss in einer Prä-Produktionsumgebung und in kleinen Gruppen getestet werden. Diese Tests müssen ausgelesen werden und erst wenn alles reibungslos abläuft, lässt sich die Software sicher ausrollen. Das Auslesen kann automatisch passieren. Eine geeignete Anwendung kann automatisch feststellen, welche Auswirkungen die Software auf die bestehenden Systeme hat. Läuft noch alles wie vorher? Läuft alles in der gleichen Geschwindigkeit? Wenn eine Anwendung startet, bleibt die Startzeit gleich oder dauert es nun länger? Das alles lässt sich durch automatische Programme bestimmen, die den Testlauf überwachen und dokumentieren. Schließlich sollte kein Mitarbeiter den Startvorgang mitstoppen müssen.

Ist der Test schlussendlich erfolgreich, lässt sich der Patch oder die Software automatisch in den Betrieb ausrollen. Auch das Feedback der Anwender lässt sich automatisch einholen. Feedback ist immer wichtig, um auf die Fehler oder Missstände in dem Patch aufmerksam zu werden, die beim Testlauf übersehen worden sein könnten. Diese lassen sich wiederum mit einem weiteren Patch beheben. Solche Umfragen können durch über E-Mail oder ein Webportal ablaufen. Die Ergebnisse daraus lassen sich automatisch auslesen und in Berichte packen.

Hilfe durch Python NAPALM

Netzwerke bieten Möglichkeiten für effektive Automatisierungen. Eine Hilfe stellt hier ein Skript für Python namens NAPALM bereit. Es ermöglicht, APIs von Drittherstellern anzusprechen und baut so ein Automatisierungsframework auf. Python NAPALM dient als Mittler, um mit verschiedenen Herstellern zu kommunizieren.

Den VLAN von einem Port zu ändern, gehört beispielsweise zu den täglichen Routineaufgaben. Das ist keine Raketenwissenschaft, aber zeitintensiv und anfällig für Fehler. Ein simpler Zahlendreher kann schlimme Folgen haben. Aus einer 12 wird eine 21 und ein großer Teil des Netzwerkes kann lahm liegen. Hier ließen sich mit Automatisierungstools Cross-Checks durchführen.

KI automatisiert das Rechenzentrum

In Rechenzentren ist die Automatisierung schon weit fortgeschritten. Hier gibt es klar definierbare Metriken wie geringere Cycle-Times, die Frequenz und Dauer von Deployments und natürlich die Reduzierung der Bearbeitungsdauer von allen sich wiederholenden Prozessen.

In Rechenzentren verhilft vor allem Künstliche Intelligenz zu Automatisierung und damit zur Kostenreduktion. Für die offensichtlichen Aufgaben gibt es bereits Ansätze. KI hilft bei der Ursachenfindung von Störungen, kann aber auch Vorhersageanalyse nutzen, um Hardwareausfällen vorzubeugen. Auch die Auslastung kann eine KI besser optimieren als ein Mensch. Das gilt nicht zuletzt für die Planung zukünftiger Kapazitäten. Relativ einfache Kalkulationen kann eine Maschine also deutlich schneller und präziser erledigen.

Beim Service-Management ist die Situation bereits weniger eindeutig. Manche Aufgaben, wie zum Beispiel die ursprüngliche Provisionierung sowie weiterführende Orchestrierung sind ohnehin hoch automatisiert und lassen sich bedenkenlos an eine KI übergeben. Aber es gibt einige andere Aufgaben, die nur auf den ersten Blick einfach klingen, wie die Verwaltung von Konfigurationen und Patches. Viele Variablen erfordern Fallentscheidungen, wann und was zu Patchen ist, und das ist für eine Maschine nicht trivial.

Automatisierung ist hilfreich, Menschen sind kreativ

Automatisierung eröffnet viele Chancen, spart Zeit und Geld und bringt viele Vorteile, wenn sie richtig erfolgt. Unternehmen sollten jedoch nicht ohne Sinn und Verstand automatisieren. Automation ist ein Hilfsmittel und kein eigenständig denkendes System. Sie kann immer nur das leisten und ausführen, was die IT ihr vorher eintippt und vorgibt.

Menschen hingegen sind kreativ und können Entscheidungen und Prozesse einschätzen und beurteilen. Und genau das ist es, was Automatisierung braucht. Der Mensch lässt sich nicht vollständig ersetzen. Es braucht immer Profis, die programmieren, was automatisch laufen soll, die das Ganze überwachen und anleiten. Es bedarf ebenso Entscheider, die die automatischen Freigabeprozesse genehmigen und in die Wege leiten. Und am wichtigsten sind die Personen im Unternehmen, die die Kompetenz haben, abwägen zu können. Sie müssen wissen, wo Automatisierung Sinn ergibt und wo es die Sicherheit des Unternehmens nicht zulässt.

Fazit

Automatisierung sollte alle einfachen und repetitiven Aufgaben übernehmen, die immer und immer wieder nach demselben Muster ablaufen. Allerdings müssen Unternehmen zuvor Geld und Zeit investieren, um dann Zeit und Geld sparen zu können. Dann kann sich Automatisierung in den genannten Bereichen wirklich auszahlen.

Autor: Sascha Giese, Head Geek bei SolarWinds

IT-Administrator schreibt über Praxiswissen für Admins.

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