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„Bankensystem stabil“: Fed erhöht Zinsen und bereitet Finanzinstitute auf Veränderungen vor

Die Fed hebt den Leitzins wieder um 0,25 Prozentpunkte an, obwohl einige US-Banken straucheln. Finanzministerin Yellen irritiert mit Aussagen zur Einlagensicherung.

Die US-Notenbank Fed lässt sich trotz des jüngsten Bankenbebens nicht vom Zinserhöhungskurs abbringen. Sie erhöhte den Schlüsselsatz am Mittwoch um einen Viertel Prozentpunkt – auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Noch Anfang 2022 lag er bei nahe Null.

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Die Märkte reagierten zunächst positiv, drehten dann jedoch deutlich ins Minus. Der Leitindex Dow Jones schloss 1,6 Prozent im Minus. Der breit gefasste S&P 500 verlor 1,1 Prozent und der technologielastige Nasdaq verlor 1,6 Prozent.

Obwohl eine deutliche Zinserhöhung vor einigen Wochen noch als wahrscheinlich gegolten hatte, war zunächst nach dem Kollaps mehrerer US-Banken offen gewesen, welchen Weg die Fed einschlagen würde. Im Februar hatte die Notenbank ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent angehoben.

„Wir haben in den Tagen vor dem Treffen eine Zinspause in Betracht gezogen“, räumte Powell am Mittwoch ein. Doch da die Inflation höher und der Arbeitsmarkt stärker war als erwartet, hatten sich die Geldpolitiker dazu entschlossen, an ihrem Kurs festzuhalten.

Die weiteren Schritte ließen die Notenbanker indes offen. Weitere Zinserhöhungen „könnten angemessen sein“, erklärte Powell. Für Investoren ist das ein willkommenes Signal, dass die Fed mit ihren Zinserhöhungen schon bald am Ende sein könnte. Einige Ökonomen rechnen damit, dass dies bereits der letzte Zinsschritt in diesem Zyklus gewesen sein könnte.

„Das US-Bankensystem bleibt stabil und resilient“

Mit Blick auf die Bankenkrise der vergangenen Wochen betonten die Geldpolitiker: „Das US-Bankensystem bleibt stabil und resilient.“ Allerdings könnten die jüngsten Entwicklungen zu schwierigeren Kreditbedingungen für Haushalte und Unternehmen führen.

Das könnte auch das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt belasten und die Inflation senken, so Powell. Die genauen Effekte „sind bislang noch unklar.“ Daher sei es wichtig, dass sich die Fed die nötige Flexibilität bewahre. Wenn es schwieriger werde, Kredite zu bekommen, hätte das einen ähnlichen Effekt als weitere Zinsschritte. Daher könne es sei, dass die Fed mit ihrer Zinspolitik nicht mehr so viel tun müsste.

Gleichzeitig sei die mächtigste Notenbank der Welt darauf bedacht, die Banken mit ausreichend Liquidität zu versorgen, um das Finanzsystem weiter zu stabilisieren. Ein neues Programm wurde kurz nach der SVB-Pleite dafür eingerichtet und es zeige Wirkung, sagte Powell. Bankkunden würden nicht mehr, wie noch vor ein paar Tagen, ihre Guthaben im großen Stil zu größeren Instituten überweisen. Großbanken sind in den USA strenger reguliert und können Turbulenzen möglicherweise besser abfedern.

„Die Fed ist dem Vorbild der Europäischen Zentralbank gefolgt“, sagte Brian Coulton, Chefökonom der Ratingagentur Fitch. Sie habe signalisiert, dass die mit ihrer Zinspolitik die Inflation bekämpfe, „während sie gleichzeitig Bilanzinstrumente einsetzt, um Risiken für die Finanzstabilität zu minimieren“. Anleger sollten nicht voreilig davon ausgehen, dass die Notenbank mit ihren Zinsschritten am Ende sei.

Wir haben in den Tagen vor dem Treffen eine Zinspause in Betracht gezogen.
Fed-Chef Jerome Powell

Die Fed, die ein wichtiger Bankenregulierer ist, stellte die Institute auch auf weitere Veränderungen ein. Noch würden die Ursachen der SVB-Pleite genau untersucht. Am 1. Mai sollen die Ergebnisse vorgelegt werden. Doch „es ist klar, dass wir die Aufsicht und die Regulierungen stärken müssen“, so Powell. Vor allem die Geschwindigkeit, mit der sich der Bankrun auf die SVB abspielte, sei einmalig. Er wurde durch die große Verbreitung von Online und Mobile Banking ermöglicht. Daher müssten sich die Regulierungsvorschriften entsprechend anpassen.

US-Regionalbanken unter Druck

Bei dem Report der Fed stehe vor allem die Frage im Vordergrund, wie es zur Pleite der SVB kommen konnte, obwohl die Regulierer der Fed schon seit Jahren auf Fehler im Risikomanagement hingewiesen und die Bank wiederholt ermahnt hatten.

Die Fed veröffentlichte am Mittwoch auch ihre neuen Wirtschaftsprojektionen, die bis Ende 2025 gehen. In diesen unverbindlichen Indikationen, „Dot Plot“ genannt, gehen die Notenbanker weiter davon aus, dass der Leitzins einen Höchststand von 5 bis 5,25 Prozent erreichen wird. Powell hatte vor zwei Wochen vor dem US-Kongress noch angedeutet, dass dieser Höchstsatz noch weiter angehoben werden müsse.

Powell betonte, dass das Wirtschaftswachstum unter Druck geraten könnte. Allerdings sei die Inflation „weiter zu hoch und der Arbeitsmarkt ist sehr stark“. Die Fed sei weiterhin darauf bedacht, die Inflation zurück zum Zwei-Prozent-Ziel zu bringen. Die Inflation würde sich weiter in die richtige Richtung bewegen, wenn auch langsamer als gehofft.

US-Finanzministerin Janet Yellen irritiert mit Aussagen zur Einlagensicherung

Auslöser der Krise Anfang März war die Abwicklung des auf die Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital gewesen. Ein paar Tage später wurde das auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Es folgten die Schließung der Signature Bank und eine koordinierte Rettungsmaßnahme für die Regionalbank First Republic in den USA.

Anleger zeigten sich am Mittwoch erneut besorgt über die Lage der Regionalbanken. Das kalifornische Institut Pacwest hat seit Anfang des Jahres 20 Prozent der Einlagen verloren, wie die Bank mitteilte. Auch die Papiere der First Republic waren erneut unter Druck.

Zusätzliche Verunsicherung sorgten auch Aussagen von US-Finanzministerin Janet Yellen zum Thema Einlagensicherung. Sie hatte zeitgleich zu Powell in einer separaten Pressekonferenz angegeben, dass die Regierung nicht darüber nachdenke, alle Einlagen in den USA zu garantieren. Derzeit sind Bankguthaben nur bis zu 250.000 Dollar pro Kunde und Bank versichert. Powell hatte dagegen betont, dass die außergewöhnlichen Hilfsmaßnahmen der Fed und anderer Aufsichtsbehörden deutlich gemacht hätten, dass Einlagen im US-Bankensystem sicher seien. „Anleger hat das irritiert“, stellte Josh Brown, CEO des Vermögensverwalters Ritholtz im US-Börsensender CNBC klar.

Fed steht vor einer großen Herausforderung

In Europa hatte die Schweizer Großbank Credit Suisse vergangene Woche ernste Probleme bekommen. Nach zahlreichen Skandalen, Kritik wegen eines schlechten Risikomanagements und Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe stand die Bank am Wochenende mit dem Rücken zur Wand. Der Aktienkurs war trotz Liquiditätszusagen abgestürzt. Um angesichts der Nervosität in der Bankenbranche einen Flächenbrand und eine globale Finanzkrise zu verhindern, drängten Regierung und Aufsichtsbehörden die Konkurrentin UBS zur Übernahme.

Die Herausforderung für die Notenbanker der Fed ist es nun, zu zeigen, dass sie die Turbulenzen im Bankensektor ernst nimmt – aber gleichzeitig im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlässt. Zwar schwächt sich die hohe Inflation in den USA weiter ab. Im Februar stiegen die US-Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,0 Prozent – der niedrigste Anstieg seit September 2021. Allerdings ist der Wert noch immer weit entfernt von der angestrebten Inflationsrate von durchschnittlich zwei Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte in der vergangenen Woche trotz der Unsicherheit im Bankensektor den Leitzins deutlich um 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent angehoben.

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