Das Träumen der Städter: Frederik Fischer über das Kodorf und das Leben auf dem Land
Vom Silicon Valley nach Brandenburg: Kodorf-Gründer Frederik Fischer über den Wunsch nach Grün und den Weg dorthin.
Frederik Fischer zog es raus. Nach herausfordernden Jahren als Journalist und Gründer suchte er eine neue Perspektive für Leben und Arbeit auf dem Land. Warum Stagnation dabei inspiriert und Wahnsinn hilft, erzählt er uns im Gespräch.
Herr Fischer, was ist auf dem Land besser als in der Stadt?
Frederik Fischer: Ich glaube in der Tat, dass es die viel besprochene Selbstwirksamkeit ist. Das Leben auf dem Land zwingt uns, aktiv zu werden, während man in der Stadt ganz schnell in eine passive Konsumentenhaltung hinein geraten kann.
In welcher Situation ist Ihnen das zum ersten Mal bewusst geworden?
Ich habe mich nach meinem Studium direkt mit einem Tech-Start-up selbstständig gemacht, innerhalb kürzester Zeit waren wir zehn Leute, fuhren ins Silicon Valley, die Achterbahn ging sehr schnell bergauf und mein Wohlbefinden dementsprechend schnell bergab. In dieser Zeit bin ich nahezu jedes Wochenende mit meiner Frau durch Brandenburg geradelt und habe es wahnsinnig genossen. Selbst wenn ich gewollt hätte – ich wäre nicht ins Internet gekommen! Gleichzeitig habe ich mich gewundert. Berlin boomt, und drum herum ist alles wie leer gefegt und verwahrlost total.
Was ja eher wenig verlockend klingt …
Für Einzelpersonen vielleicht, aber auch für eine Gruppe? Eigentlich möchte doch jeder aufs Land. Ich habe mich gefragt, wie so ein Modell aussehen kann – ohne eine klassische WG gründen zu müssen. Das fand ich schon im Studium stressig.
Die Gestaltungsfreiheit im ländlichen Raum erlaubt es, sich auszuprobieren. Die Menschen wissen doch am besten selber, wie die Orte aussehen sollen, in denen sie sich wohlfühlen.Frederik Fischer
So kamen Sie also aufs Kodorf?
Noch nicht ganz. Ein paar Monate später war ich auf einer Hochzeit in den Niederlanden, wo alle Gäste in einem Feriendorf untergebracht waren. Jeder hatte sein eigenes Haus, einen Rückzugsraum für sich, und dennoch hatten wir alle immer die Möglichkeit, als Gemeinschaft zusammenzukommen. Und da ist dann der Groschen gefallen: Man nimmt einfach das Prinzip von genossenschaftlich organisierten Feriendörfern, erweitert sie um zeitgemäße Infrastrukturelemente, also Dinge wie Gastronomie oder Coworking, und schon hat man eine moderne Wohnform gefunden, die genau meine Bedürfnisse abdeckt.
Genossenschaftlich heißt hier …
Als Kodörfler braucht man nur 30 Prozent Eigenkapital, und selbst diesen Teil kann man über einen KfW-Kredit ganz oder teilweise fremdfinanzieren. Die restliche Finanzierung übernimmt die Genossenschaft. Dieser Kredit wird dann mit dem Wohngeld über viele Jahre in kleinen Beträgen abbezahlt. Das macht den Einstieg sehr viel leichter.
Sie haben sich dann mit agmm zusammengetan, einem Münchner Architekturbüro. Wie kam es zu Planern aus Bayern für ein Projekt in Brandenburg?
Ich habe Patric Meier und sein Team während meiner Recherchephase entdeckt, über das Projekt Meerleben, ein ähnlich organisiertes Gemeinschaftsprojekt an der Ostsee. Patric brachte Erfahrung mit und – was noch viel wichtiger war – eine Portion Wahnsinn. Man muss schon ein Überzeugungstäter sein, um das alles auf die Beine zu stellen. Allein die Vorleistungsphase, die da buchhalterisch gestemmt wird – ich kann mir kein anderes Büro vorstellen, das so sehr an das Gelingen dieser Vision glaubt, um vergleichbar ins Risiko zu gehen. Zum anderen ist ja schon das zweite Kodorf nicht mehr in Brandenburg, sondern in Südwestfalen.