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Die neuen Corona-Beschlüsse: Viel Lärm um (so gut wie) nichts

Bei der Nachrichtenschwemme rund um die Coronabeschlüsse vom 23. März kann man schnell den Überblick verlieren – scheinbar. Denn bei genauerer Betrachtung ändert sich so gut wie nichts.

Es war nach 2.30 Uhr am Dienstagmorgen, als endlich Bewegung in die Pressekonferenz rund um die neuen Coronabeschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz kam. Mehr als zwölf Stunden hatte es gedauert, bis die Damen und Herren sich zu einem Ergebnis durchgerungen hatten, das sie der Öffentlichkeit präsentieren wollten. „Das Team Vorsicht hat sich durchgesetzt“, kommentierte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Vom „knallharten Lockdown über Ostern“ schrieben am Dienstag viele Medien.

Doch wie sehr werden die Maßnahmen über Ostern wirklich verschärft? Was ändert sich für Urlauber·innen? Und was ist grundsätzlich dran an der Rhetorik rund um Mega-Lockdown und Teststrategie? Bei genauerer Betrachtung zerfällt ein großer Teil der Ankündigungen zu wenig mehr als gut gemeinten Worten und vielen offenen Fragen. Die Bereiche im Einzelnen:

Kontakte

Trotz der vielen Nachrichten über den Oster-Lockdown gelten schlussendlich dieselben Kontaktbeschränkungen wie zuvor auch: Es dürfen sich maximal fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen, Kinder bis 14 Jahre sind ausgenommen. Paare gelten als ein Hausstand. Bei 7-Tage-Inzidenzen über 100 pro 100.000 Einwohner·innen sollen weiterhin strengere Grenzwerte gelten, jedoch ist weiterhin nicht klar, welche Bundesländer sich wirklich an die Beschlüsse halten werden. Versammlungen in der Öffentlichkeit sollen während der Ruhetage vom 1. bis 5. April grundsätzlich untersagt sein – was sie aber zumindest theoretisch auch jetzt schon sind.

Ruhetage vom 1. bis 5. April

Der Gründonnerstag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollen in diesem Jahr einmalig als „Ruhetage“ gelten. Was das genau bedeutet, konnte aber am Dienstag niemand so wirklich sagen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, der Bund wolle auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes eine Musterverordnung erarbeiten, die regelt, welche Geschäfte und Dienstleistungen an den beiden Tagen geschlossen bleiben müssen. Kretschmann sagte: „Ich würde mir vorstellen, dass das ein dem Feiertag entsprechender Ruhetag ist.“ Wäre das wirklich so, hätte das allerdings starke Auswirkungen auf Arbeitnehmer·innen. Das Arbeitszeitgesetz sieht nämlich vor, dass diese Anspruch auf einen Ersatzruhetag haben, wenn sie an Sonn- oder Feiertagen arbeiten müssen. Auch der Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) verwies auf einer Pressekonferenz am Dienstag darauf, dass man auf eine entsprechende Entscheidung des Bundes warte.

Juristen sehen noch viele offene Fragen. Sollten die Regelungen für Feiertage gelten, würde das in der Regel „ein Beschäftigungsverbot von 0 bis 24 Uhr“ bedeuten, sagte etwa die Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kira Falter. Offen sei bislang unter anderem, wer bei zusätzlichen Feiertagen die Lohnfortzahlung übernehme.

Mit Blick darauf, dass der Gründonnerstag auf den ersten Tag eines Monats falle, forderte Sachsen-Anhalts Sozial- und Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD), die Auszahlung von Sozialleistungen vorzuziehen. So könnten auch Menschen noch vor Ostern einkaufen gehen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Ihr Ministerium habe Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf das Problem aufmerksam gemacht und stehe bereits im Kontakt mit der Arbeitsagentur.

Geschäfte und Supermärkte

Alle Geschäfte sollen vom 1. bis zum 5. April geschlossen bleiben. Klingt radikal, ist aber de facto nur ein wirklich geschlossener Tag mehr, als es ohnehin durch Ostern gegeben hätte. Denn: Der „Lebensmitteleinzelhandel im engen Sinne“ darf am Karsamstag öffnen. Was genau gemeint war, blieb zunächst unklar. Söder sagte, dass am Karsamstag auch in Supermärkten lediglich Lebensmittel zu kaufen sein würden. Für die Osterzeit insgesamt hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert, Tankstellen würden offen bleiben. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte am Dienstag, dass kein Anlass zur Sorge bestehe: „Die Lebensmittelversorgung wird auch an Ostern 2021 gesichert sein“.

Büros und Arbeitsstätten

Das Ziel der Bundesregierung ist, dass in jeder Schule, Kita oder Arbeitsstätte mindestens zwei Mal pro Woche jede anwesende Person einen Corona-Schnelltest macht. Eine klare Regelung dazu gab es aber auch dieses Mal nicht. Es bleibt auch hier bei Appellen. Eine verbindliche Richtlinie verhindert haben soll laut „Spiegel“ vor allem NRW-Ministerpräsident und CDU-Vorsitzender Armin Laschet.

Reisen

Auch hier bleibt es bei Appellen. Die Bundesregierung ruft dazu auf, nicht ins Ausland zu reisen. Verbieten tut sie es aber weiterhin nicht. Auch das Beherbergungsverbot für Touristen innerhalb Deutschlands gilt weiter. Einzige Änderung: Man wolle nun überlegen, ob eine Testpflicht für Reiserückkehrer·innen unabhängig von den Inzidenzwerten ins Infektionsschutzgesetz geschrieben werden könne. Und: Die Fluglinien und Reiseveranstalter sollen jetzt schon Menschen freiwillig auf das Coronavirus testen, bevor sie zum Beispiel aus Mallorca zurückreisen.

Gottesdienste

Zu Ostern die Kirchen schließen? Auch so weit wollte die Bundesregierung nicht gehen. Auch hier beließ man es bei der Bitte, Versammlungen über Ostern nur virtuell abzuhalten. Die katholische und die evangelische Kirche haben aber bereits angekündigt, dieser Bitte größtenteils nicht nachkommen zu wollen. „Zu Weihnachten haben wir gezeigt, wie wir mit Vorsicht Messe feiern können. Darauf wollen wir Ostern nicht verzichten“, sagte etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, wie diese auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

(mit dpa)

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