Diese 5 Aspekte machen New Leadership aus
Nico Rosberg, Uvinie Lubecki, Matthias Weber, Armin Steuernagel und Verena Pausder verraten GQ, wie gute Führung in Zukunft aussehen muss: nachhaltig, mitfühlend, diverse, verantwortungsvoll und digital!
Nachdem Nico Rosberg 2016 Formel-1-Weltmeister wurde, beendete er seine Sportlerkarriere – und begann eine zweite als Investor in grüne Technologien und als Gründer des Greentech-Festivals.
GQ: Herr Rosberg, warum setzen Sie sich so für das Thema Nachhaltigkeit ein?
Nico Rosberg: Ich sehe dort geschäftlich das größte Potenzial. Wir erleben einen enormen Wandel und sehen, dass der Trend hin zu wertebasiertem Konsum geht. Für mich ist Nachhaltigkeit aber auch eine Leidenschaft, weil ich damit meine Kinder inspirieren kann – und das wirklich zu leben, das gibt mir auch selbst noch mehr Sinn in meinem Leben.
Nachhaltigkeit wird immer noch stark mit Verzicht assoziiert, was ja eigentlich Blödsinn ist. Warum ist nachhaltiges Wirtschaften auch ökonomisch sinnvoll?
Nein, es ist nicht Quatsch, weil es in der Vergangenheit ja so war. Aber dort liegt auch die Chance: nämlich jetzt durch Innovation nicht über Verzicht zu gehen, sondern über Begeisterung. Das ist es, was mich so packt. Sustainability funktioniert auch als Geschäftsmodell, weil es etwa für die Kundenbindung großartig ist. Stichwort: wertebasierter Konsum. Wenn die Kunden sehen, dass sich das Unternehmen ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, sich dafür engagiert, dann zahlt sich das in der Kundenbindung aus. Nehmen Sie Patagonia: Die haben einen OnlineStore für ihre gebrauchte Kleidung eingeführt. Da würde man meinen, dass das nicht gerade positiv für den Umsatz von Patagonia ist, wenn die Menschen keine neuen Klamotten mehr kaufen. Langfristig ist das aber für den Umsatz stark, weil die Kunden sehen: Die kümmern sich wirklich um die Umwelt.
Glauben Sie, dass sich viele Unternehmen noch zu sehr an kurzfristigen Zielen orientieren?
Wir Menschen sind gierig, wir wollen Kohle machen und das am besten morgen – mal ein bisschen verallgemeinert. Auch die Investoren und die Shareholder wollen morgen Kohle sehen. Da passiert zwar gerade ein Wandel, aber das ist schon träge. Ich bin jetzt alleiniger Chef und kann mit meinen Mitarbeitern entscheiden und muss nicht morgen das große Geld machen. Wir können langfristig und vor allem auch an unseren positiven Beitrag denken.
Was zeichnet für Sie einen Leader aus?
Als Leader muss man den Weg vorgeben. Ich habe jetzt den Impuls gegeben, dass alle meine Mitarbeiter zwei Tage im Jahr freibekommen und an diesen Tagen für den guten Zweck tätig sein können. Schön, wenn es für die Umwelt ist – wenn es etwas anderes ist: auch schön. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin dann seine Erfahrung mit allen an deren teilt. Natürlich verdienen wir an dem Tag kein Geld, wenn derjenige am Strand Plastik einsammelt, aber langfristig schätzen das meine Mitarbeiter, und generell möchte ich als Leader versuchen, die Mitarbeiter an die erste Stelle zu setzen. Wir können keinen Erfolg haben, wenn es Mitarbeitern nicht gut geht, wenn sie nicht motiviert sind. Ich habe auch permanentes Homeoffice eingeführt, auch für die Zeit nach Corona. Meine Mitarbeiter verbringen dadurch weniger Zeit beim Pendeln und haben mehr Zeit für die Familie. Das ist wichtig für ihr Wellbeing.
Welche Lehren haben Sie aus der Coronakrise gezogen?
Ich werde meine Reisen weiter einschränken und auch das Homeoffice mehr beibehalten. Einfach das Leben wieder verlangsamen, das fühlt sich toll an.
Wenn man zurzeit einen Flughafen besucht, herrscht dort ein trauriges Bild. Man spürt förmlich, wie die Wirtschaft darniederliegt. So die Klimaziele zu erreichen kann doch auch nicht die Lösung sein.
Warum nicht? Klar können wir uns zum Ziel nehmen, alle weniger zu reisen – oder zumindest mit der Bahn zu fahren.
Dennoch: Die langfristige Lösung sollte doch sein, auf neue Technologien zu setzen.
Ja, total, und wenn ich meine Branche, die Mobilitätsbranche, anschaue, da erleben wir gerade eine solche Disruption: Wir gehen vom Verbrenner auf Elektromotoren – und, noch wich tiger, zur autonomen Mobilität. Das wird in der Effizienz ein Gamechanger. Wenn noch die Energiewende kommt – noch hängen wir ja stark von fossilen Brennstoffen ab –, dann wird das ein riesiger Fortschritt.
Warum sind wir manchmal so skeptisch gegenüber neuen Technologien? Ich erinnere mich, wie die Politikerin Dorothee Bär verspottet wurde, nachdem sie von Flugtaxis sprach – und das ist zwei Jahre her.
Ja, das stimmt, aber die ersten kommerziellen Flüge mit Flugtaxis wird es 2022 geben, also in eineinhalb Jahren – das ist direkt um die Ecke. Deutschland ist in der Hinsicht ein konservativeres Land, und das ist auch nicht immer falsch, aber gerade in der aktuellen Situation wäre schon ein bisschen mehr Flexibilität und Geschwindigkeit gefragt.
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NEW LEADERSHIP IST... MITFÜHLEND
Uvinie Lubecki lebt in San Francisco und arbeitet dort als Coach für Compassionate Leadership. Sie ist die Gründerin und CEO von "Leading Through Connection", einer Organisation, die Führungskräfte in mitfühlender Führung ausbildet.
GQ: Frau Lubecki, hat Mitgefühl wirklich einen Platz in der harten Business-Welt?
Uvinie Lubecki: Lassen Sie mich mit einer Definition von Mitgefühl anfangen. Wir haben eine Umfrage unter Leadern gemacht, und 80 Prozent davon dachten, dass das heißt, soft, lieb und nett zu allen zu sein. Das ist ein Missverständnis. Mitgefühl besteht aus drei Komponenten. Erstens: zu verstehen, was Sie selbst und andere gerade durchmachen. Zweitens: für jemanden zu fühlen. Das ist der affektive Part von Mitgefühl – sich wirklich zu kümmern. Und drittens: die Intention zu haben zu helfen. Das ist das Herz von Leadership, sich selbst und anderen dabei zu helfen, erfolgreich zu sein.
Was sind die negativen Konsequenzen, wenn es Leadern an Empathie und Mitgefühl fehlt?
Da gibt es viele: Wir gehen von unseren egoistischen Interessen aus. Wir verstehen nur die Menschen, die wie wir selbst aussehen und uns nützlich sind. Wenn wir nicht mit anderen mitfühlen und uns auf unsere gemeinsame Menschlichkeit besinnen, fällen wir überstürzte Entscheidungen, laden Mitarbeitern zu viel Arbeit auf – 40 Prozent aller Mitarbeiter berichten, dass sie ausgebrannt sind. 70 Prozent haben sich innerlich von ihrer Arbeit abgekoppelt.
Kann man Mitgefühl wirklich lernen?
Alle Menschen haben Mitgefühl, allerdings sind wir über Jahrtausende von der Evolution darauf ausgerichtet, uns um unseren Stamm von 150 Menschen oder sogar weniger zu kümmern. Erst in den letzten 200 Jahren haben wir angefangen, als Arbeitnehmer in Büros zu arbeiten – mit Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Backgrounds, die wir nicht wirklich kennen. Darauf sind wir von der Evolution nicht vorbereitet worden, mit diesen Menschen Mitgefühl zu haben. Wir können das aber trainieren, und wir müssen das trainieren.
Wie?
Der erste Part von Mitgefühl-Training ist Mindfulness, man muss sich seines eigenen Geisteszustands bewusst werden. Wenn man kein Selbstbewusstsein hat, ist es sehr schwer zu verstehen, was andere fühlen und durchmachen. Die zweite Komponente ist emotionale Regulation: Man kann sich seiner selbst sehr bewusst sein, aber sobald jemand zum Beispiel etwas über Sie, etwas über Ihre sexuelle Orientierung oder Ihr Geschlecht sagt, werden Sie wütend und machen zu. Wir können trainieren, diese Emotionen zu erkennen, und wir sagen immer: Sie sind diesen Emotionen nicht hilflos ausgeliefert, es gibt Wege, sich durch seine eigenen Gefühle zu navigieren. Den dritten Teil mag ich am liebsten, weil er die Leader, mit denen ich arbeite, wirklich öffnet wie ein Schloss: Mitgefühl mit sich selbst. Mit der Linse, durch die wir uns selbst betrachten, schauen wir auch andere an. Wenn ich mit mir selbst über mäßig selbstkritisch bin und mich selbst bestrafe, dann schaue ich so auch meine Mitarbeiter an. Nach dem Motto: Ich strenge mich so sehr an, warum du nicht?
Was antworten Sie Menschen, die sagen würden, dass man im Business-Leben doch nicht immer Mitgefühl haben kann – man muss Menschen entlassen, ihnen auch mal deutlich sagen, dass sie keinen guten Job gemacht haben?
Mitgefühl kann auch heftig sein, es kann grimmig sein, und es kann außerordentlich stark sein. Wenn ein Kollege immer nur down ist, sich ständig über alles beschwert, ist es kein Zeichen von Mitgefühl, ihm zu erlauben, sich in seinem Leid zu suhlen und Sie auch noch damit zu belasten. Ein Zeichen von Mitgefühl ist es zu sagen: "Hey, was ist eigentlich los mit dir?" Der wichtigste Teil von Mitgefühl ist die Intention. Jeff Weiner, der CEO von LinkedIn, spricht viel über Compassionate Leadership und sagt, dass es manchmal der größte Ausdruck von Mitgefühl ist, jemanden zu entlassen, wenn die Person in ihrer Rolle leidet und darin keinen Erfolg haben und nicht wachsen wird.
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NEW LEADERSHIP IST... DIVERSE
Matthias Weber ist nicht nur Mitglied der Geschäftsleitung der Postbank Nordwest, sondern auch Vorstand des Völklinger Kreises, einem Verband für schwule Führungskräfte, und sitzt im Beirat der Organisation "BeyondGenderAgenda".
GQ: Herr, Weber, Sie sind ein schwuler Mann in einer Führungsposition. Sie könnten sich ja zurücklehnen und sagen: “Ich hab’s ja geschafft.” – Vielleicht auch mit Widerständen ...
Matthias Weber: Ich hoffe nicht! (lacht)
Was treibt Sie an, sich für Diversity in der Wirtschaft einzusetzen?
Frauen stellen mit einem Prozentpunkt Vorsprung die Mehrheit unserer Gesellschaft – in der Führungsebene der Wirtschaft sind sie aber eine totale Minderheit. Genauso People of Color, Menschen mit einem vielleicht auch nur vermeintlichen Migrationshintergrund, weil sie nicht urdeutsch aussehen, aber in der vierten Generation hier leben. Auch Menschen mit Behinderung, alte oder junge Menschen, denen man nicht zutraut, etwas zu schaffen. LGBTQ-Menschen auch. Ich selbst habe zwei Gründe: einmal aus persönlicher Betroffenheit, aber auch, weil ich davon überzeugt bin, dass sich für Diversity einzusetzen einen gesellschaftlichen Nutzen hat, aber auch einen wirtschaftlichen.
Haben Sie selbst Diskriminierung erlebt?
Ich habe erlebt, wie schwierig es ist, wenn man nicht ganz out ist im Job. Man verbringt einen Großteil des Lebens in der Arbeit, und dort eine Rolle spielen zu müssen – das ist gar nicht lebenswürdig.
Ungeoutete Arbeitnehmer verwenden 20 Prozent ihrer Energie nicht auf die Arbeit, sondern aufs Versteckspiel ...
Das ist viel, oder? Das ist ein Tag der Arbeitswoche. Ein Beispiel: Nehmen Sie den Bildschirmschoner des Smartphones. Ist da ein Bild von Ihnen mit Ihrem Partner drauf oder eines von ihrem Hund? Ich kann Ihnen sagen, bei mir war jahrelang der Hund drauf. Heute ist da ein Bild von meinem Partner und mir. Es geht weiter mit Fragen wie: Was hat man am Wochenende gemacht? Warum ist mir der Urlaub jetzt doch wichtig, obwohl ich keine Kinder habe – und niemand von meinem Partner weiß? Das zieht sich ja durch das ganze Arbeitsleben. Und für viele, die sich verstecken, und das sind immer noch verdammt viele, mehr als die Hälfte, ist das wahnsinnig anstrengend.
Warum ist Diversity wichtig für Unternehmen?
Ich bin ein totaler Verfechter von Diversity, aber nicht in jeder Arbeitssituation ist Vielfalt förderlich.
Diese Aussage hätte ich jetzt nicht erwartet.
Nehmen Sie an, Sie haben ein wirklich vielfältiges Team: verschiedene Altersklassen, Männer und Frauen, LGBTQ, verschiedene kulturelle Hintergründe – was in so einem Team total positiv ist und was ein Wert an sich ist: Reibung, Diskussion. Aber da merkt man auch, das hört sich nicht rein positiv an. Wer will schon den ganzen Tag diskutieren? Aber das passiert so in so einem Team, in dem alle unterschiedliche Erfahrungsschätze haben. Das ist anstrengend und aufwendig. Das führt aber zu ausdiskutierten, kreativeren Lösungen, die aber auch mehr Zeit brauchen. In Ihrer Branche ist es sicher notwendig, ein diverses Team zu haben, um sich zu überlegen, wie man mit einem Magazin die meisten Leser anspricht. Aber jetzt gibt es die GQ ja auch gedruckt, und ob in der Firma, die das Papier produziert, eine vielfältige Belegschaft so entscheidend ist, wage ich zu bezweifeln.
Aber es kann auch nicht schaden, oder?
Es gibt in weniger diversen Teams auf jeden Fall weniger Konflikte. Was ich nur sagen will: Je vorgegebener das Arbeitsergebnis ist, desto weniger entscheidend ist es, ein diverses Team zu haben. Aber da sprechen wir nur über den reinen Business Case. Es ist auch so, dass eine Firma, die auf Diversity achtet, es leichter hat, Mitarbeiter zu finden, weil viele Menschen gerne bei einem offenen, diversen Arbeitgeber arbeiten wollen. Und selbst Unternehmen, die vielleicht gerade Personal reduzieren müssen, brauchen in bestimmten Bereichen Talente – ob ich mir da erlauben kann, auf Frauen zu verzichten oder LGBTQ-Menschen nicht anzusprechen, glaube ich nicht. Es gibt auch so etwas wie soziale Verantwortung – dass Unternehmen sagen: Wir wollen allen Menschen in der Gesellschaft die gleichen Möglichkeiten bieten und divers aufgestellt sein.
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NEW LEADERSHIP IST... VERANTWORTUNGSVOLL
Mit 25 Jahren hatte Armin Steuernagel bereits zwei Firmen gegründet – mittlerweile setzt er sich mit der "Purpose-Stiftung" und der "Stiftung Verantwortungseigentum" für eine Wirtschaft ein, die nicht nur Shareholder glücklich macht.
GQ: Herr Steuernagel, Sie sind ja Unternehmer – wie viel reicher könnten Sie sein, wenn Ihnen nicht die Suche nach Sinn und das Konzept des Verantwortungseigentums in die Quere gekommen wären?
Armin Steuernagel: (lacht) Wollen Sie jetzt eine Zahl hören?
Wenn Sie wollen ...
Ich könnte definitiv reicher sein, wenn ich meine Firmen verkaufen würde. Aber schon bevor mir das Konzept des Verantwortungseigentums in die Quere gekommen ist, war für mich mein Unternehmen nichts, was ich als Spekulationsobjekt betrachtet habe, das ich gewinnbringend veräußern möchte. Ich habe mich stark damit identifiziert, es war und ist mein Baby sozusagen. Diese coole Gruppe von Leuten, die da zusammenarbeitet, an jemanden zu verkaufen, der damit machen kann, was er will, kam für mich nicht infrage.
Sind nicht die meisten Menschen gierig?
Das öffentliche Bild von Unternehmern ist so, dass die ihr Vermögen maximieren wollen. Wenn man welche kennenlernt, stellt man fest, dass das gar nicht so ist. Dass es solche gibt, will ich nicht abstreiten, aber es existieren Tausende Mittelständler und Familienunternehmen, die einfach mit Leidenschaft dabei sind. Das zeigt auch die Forschung. Die meisten Unternehmer sind nicht primär ökonomisch motiviert, sondern von der Selbstwirksamkeit, also der Möglichkeit, eigene Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Das ist auch in Einklang mit dem, was mittlerweile in der Motivationsforschung herrschende Meinung ist: Was uns als Menschen am meisten antreibt, ist die intrinsische Motivation, wenn wir also sehen, dass das Sinn macht, was wir tun. Das ist, was uns zur Höchstleistung anspornt – und nicht die Boni.
Müssen wir Eigentum komplett überdenken?
Ich bin großer Fan von privatem Eigentum. Man weiß genau, wer zu ständig ist. Wenn es meiner Firma schlecht geht, bin ich dran. Das ist genial. Was ein Problem ist: Privates Eigentum an einem Unternehmen macht es zu einer Ware, zu einem Spekulationsgut. Wie ein Sack Kartoffeln. Man kann es einfach verkaufen, filetieren, damit tun, was man will. Das wollen viele Unternehmer nicht, aber dafür gibt es keine passende Rechtsform in Deutschland. Deshalb fordern wir eine neue Rechtsform, wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft, für Verantwortungseigentum. Wo ich sagen kann: Ich bin der Eigentümer, aber nur der Verantwortung, und ich kann mir das nicht versilbern. Das Idealbild ist eigentlich so wie bei Klöstern früher: Die Menschen, die dort arbeiten, also die Mönche oder die Nonnen, kontrollieren das Kloster – sie können sich aber nicht die Taschen vollmachen.
Können Sie das Konzept des Verantwortungseigentums erklären?
Die Kontrolle über das Unternehmen liegt immer bei den Menschen, die dem Unternehmen innerlich verbunden sind. Und: Die Menschen, die das Unternehmen führen, tun das nichtprimär zu ihrem eigenen Vorteil, sondern stellen den Unternehmenszweck, den Sinn, in den Vordergrund. Deshalb sagen sie: Gewinne werden reinvestiert, vielleicht genutzt, um Investoren zu bezahlen, aber das Vermögen des Unternehmens können wir nicht einfach versilbern, das dient dem Unternehmen, wir sind Treuhänder. Wir sind nicht Vermögenseigentümer, sondern Eigentümer der Verantwortung, also Verantwortungseigentümer.
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NEW LEADERSHIP IST... DIGITAL
Neben zwei Start-ups hat Verena Pausder auch den Verein "Digitale Bildung für Alle e.V." gegründet – und mit "Das neue Land" einen Spiegel-Beststeller geschrieben.
GQ: Frau Pausder, wie kommt es, dass Sie sich so stark für digitale Bildung einsetzen?
Verena Pausder: Digitale Bildung ist die Grundlage für die Innovationen, die wir brauchen. Dann haben wir eine Chance, ansonsten wird es mit Themen wie künstlicher Intelligenz in Deutschland schwierig. Ich glaube, dass wir eine Art digitale Volkshochschule benötigen. Wir müssen Basisarbeit für alle machen. Mir ist wichtig, dass Kinder – und wir alle – nicht nur Konsumenten sind, sondern auch selbst etwas erschaffen können.
Was würde eine digitale Volkshochschule leisten?
Sie könnte einen Grundkurs zur digitalen Bildung und weiterführende Kurse anbieten. Ich glaube sogar, dass wir die Teilnahme verpflichtend machen müssten.
Was würde so ein Grundkurs denn beinhalten?
Er würde Medienkompetenz und Medienmündigkeit umfassen. Bei der Medienkompetenz geht es um einen niedrigschwelligen Grundzugang: Welche Geräte gibt es? Wie schalte ich sie ein? Wie lade ich etwas herunter? Aber auch darum, wie viel und wofür man Medien nutzen möchte oder wie ein Familienvertrag zur Mediennutzung aussehen kann. Bei der Mündigkeit geht es darum, dass ich hinterfrage, wo ich welche Daten abgebe, wer darüber verfügt und wie ich verhindere, dass andere auf meine Daten zugreifen können.
Die Arbeitswelt verändert sich. Wie werden wir in Zukunft arbeiten und was ist dafür notwendig?
Es gibt schon jetzt viele Vorboten für die Art, wie wir in Zukunft arbeiten werden. Bei New Work geht es nicht darum, einfach einen Obstkorb hin zustellen und eine Hängematte anzubieten. Sondern es geht um die Haltung, dass jeder an dem Ort und auf die Weise arbeiten kann, die für ihn am besten funktioniert. Für manche ist das vielleicht zu Hause, andere sind lieber im Büro mit Kollegen. Gute Führung stellt sich auf die Mitarbeitenden ein, lässt ihnen Freiräume und sorgt für Bedingungen, unter denen jeder seine beste Leistung erbringen kann.
In diesen Bereich fällt das Konzept Digital Leadership. Was verstehen Sie darunter?
In Zukunft werden die meisten von uns dezentral und digital arbeiten. Digitale Führung sorgt dafür, dass auch dann alle erreicht und einbezogen werden, wenn man nicht am gleichen Ort ist. Dafür braucht Führung einen Empathieschub. Ich spreche deshalb auch von Human Leadership. Es geht darum, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Blick zu haben und die entsprechenden Tools zu beherrschen und klug einzusetzen. Ist es not wendig, 13 ZoomKonferenzen am Tag durchzuführen? Will ich Wertschätzung ausdrücken und das Team loben, ist dafür wirklich eine Videokonferenz geeignet? Oder wäre es besser, wenn ich ein physisches Meeting mache oder ein Video erstelle, das sich jeder ansehen kann, wenn es gerade passt?
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