Eine gute Personalentwicklung machen drei wesentliche Kriterien aus. - Foto: IMAGO / Shotshop
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Drei Tipps für zufriedenere Mitarbeiter und Führungskräfte

Bei der Personalentwicklung gibt es in einigen Unternehmen noch Luft nach oben. Sich frühzeitig von Mitarbeitern zu trennen und konsequente Differenzierung können dabei entscheidend sein.

Es ist in der Selbstbetrachtung immer wieder faszinierend zu sehen, wie schwer man sich tut, die Dinge, die man als Experte anderen rät und von denen man als Ökonom absolut überzeugt ist, auch selbst konsequent umzusetzen.

Gute Personalentwicklung zeichnet sich im Wesentlichen durch drei Kriterien aus: alle Mitarbeiter kommen entsprechend ihren Möglichkeiten voran, die Richtigen gelangen in die Führungspositionen und – damit eng verbunden – die Richtigen bleiben und die Richtigen gehen.

Im Rahmen der diesjährigen Evaluationsrunde in meinem Unternehmen fiel mir wieder auf, wie eine in strategischer Entscheidungsfindung und Verhaltensökonomie top ausgebildete Führungsgruppe sich zwingen muss, nicht über gut erforschte und wohlbekannte Fallstricke menschlicher Intuition oder Bequemlichkeit zu stolpern.

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Tipp 1: Schnell konsequent entscheiden

Im Vorfeld habe ich mir auf Youtube ein sehr empfehlenswertes und unterhaltsames Management-Tutorial von Rajiv Talreja, „How to Build a High Performing Team“, angeschaut. Talreja appelliert, Mitarbeiter zwar nach den gleichen Kriterien, im Ergebnis aber konsequent unterschiedlich zu behandeln.

Vor allem – so seine sehr klare Managementempfehlung – sollte man sich schnell von Mitarbeitern trennen, denen es an Fähigkeiten und Engagement fehlt. Die, die beides mitbringen, müssen währenddessen spürbar Wertschätzung erfahren.

Ich selbst habe erst über die Jahre mühsam gelernt, Mitarbeitern, denen es an Leidenschaft und Fähigkeiten fehlt, frühzeitig ehrliches Feedback und Perspektivaussagen zu geben und sich, wenn nötig, schnell zu trennen. Früher hatte ich noch aus jedem Mitarbeiter, der hinter den Erwartungen zurückblieb, ein „Projekt“ gemacht.

Ich verfiel dann aber zu oft in die sogenannte „Sunk Cost Fallacy“. Das heißt, in bestimmten Situationen wäre es besser gewesen, sich zu trennen, aber man hatte ja schon so viel in die Beziehung investiert, dass man weiter zusammenarbeitete.

Im schlimmsten Fall führte so ein Mitarbeiter dann deutlich talentiertere und einsatzbereitere Kollegen. Ein Killer für die Motivation in Teams. Die Entscheidung, sich von so einem Mitarbeiter zu trennen, kann im Einzelfall sehr schmerzhaft sein. Dies aber nicht zu tun, ist noch viel teurer für Unternehmen.

Tipp 2: Gleichmacherei verhindern. Es muss Differenzierung geben!

Hat man nach einem konsequenten Auswahlprozess dann eine Mannschaft beisammen, auf die man stolz ist und von der man niemanden verlieren möchte, tritt ein neues Problem auf. Es wird immer schwieriger, bei der Beurteilung, dem Bonus und der Gehaltsentwicklung zu differenzieren.

Werfen wir einen Blick auf die Forschung des Wirtschaftsnobelpreisträgers Daniel Kahnemann. Daraus wissen wir: Die verzerrte Wahrnehmung von Gewinnen und Verlusten, der sogenannten „Prospect Theory“, zeigt, dass eine schlechte Nachricht, wie eine unterdurchschnittliche Beurteilung oder ein Bonus, der hinter dem Erwartungswert zurückbleibt, in absoluten Größen mehr negative Gefühle auslöst als die spiegelbildliche Beurteilung oder der höhere Bonus an positiven Emotionen.

Schlechte Nachrichten wiegen in Experimenten fast doppelt so schwer in der Wahrnehmung der Probanden wie die Freude über gute Nachrichten in identischer absoluter Höhe. Je konsequenter man differenziert, umso schlechter würde also im Schnitt die Stimmung unter den Mitarbeitern werden.

Und so beobachte ich auch in meinen Unternehmen, dass die Beurteilenden in ihren Einschätzungen der verbliebenen, nun im Schnitt sehr guten Mitarbeiter nur ungern vom Erwartungswert nach unten abweichen. Das ist völlig nachvollziehbar. Sie haben ihre Mitarbeiter erfolgreich entwickelt, sind ihnen persönlich verbunden, es wird hart gearbeitet und man will die Motivation oben halten. In einer Leistungsgemeinschaft ist Gleichmacherei allerdings keine Option. Wir müssen differenzieren.

Tipp 3: Erwartungshaltungen durch Gewöhnung vermeiden

Und das führt mich zum dritten Problem. Um horizontale Gerechtigkeit innerhalb eines leistungsfähigen Teams zu schaffen, neigen die Bewerter in der Folge dazu, die überdurchschnittlichen Mitarbeiter geradezu euphorisch zu beurteilen. Ein- oder zweimal hat das sogar eine sehr positive Wirkung. Der Mitarbeiter fühlt sich außergewöhnlich wertgeschätzt.

Doch dann setzt der sogenannte „Endowment-Effekt“, den man sinngemäß in diesem Kontext als Gewöhnungseffekt beschreiben könnte, ein. Robert Thaler, ebenfalls ein Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises, beschreibt damit das Phänomen, dass Menschen das, was sie einmal haben, nicht mehr verlieren wollen oder sogar als selbstverständlich erachten.

Wenn ein Mitarbeiter seine Rolle herausragend ausfüllt, dann freut das den Mitarbeiter und die Führungskraft. Oftmals braucht es dann aber zur nächsten Stufe auf der Karriereleiter noch Reife und Erfahrung. Aus anfangs hervorragenden Feedbacks auf einer Stufe entwickeln sich dann Mitarbeitergespräche, in denen diskutiert wird, was für die nächste Stufe noch fehlt. Nach all dem Lob eher ein negatives „Framing“ mit vorprogrammierter Enttäuschung.

Es gibt auf diese Herausforderung keine perfekten Antworten, aber im positiven Framing liegt tatsächlich ein Schlüssel. Beim Kritisieren einerseits sowie Loben und Belohnen andererseits gilt eine umgekehrte Logik. Will ich Mitarbeitern klarmachen, dass sie ein schwächeres Jahr hatten oder in ihrer Entwicklung einen Aufholbedarf haben, so darf ich das nicht scheibchenweise kommunizieren und bewerten.

Lieber einmal eine krachende Kritik und ein miserabler Bonus als jedes Jahr ein bisschen schlechte Nachrichten. In den Folgebeurteilungen kann man dann das Abbauen der Defizite in ein positives Licht rücken und ein wenig belohnen, selbst wenn es absolut gesehen noch Entwicklungsbedarf gibt.

Lob und Geld sind im Gegensatz dazu Suchtmittel, an deren Dosis man sich allzu schnell gewöhnt. Um die „Droge“ nicht plötzlich absetzen zu müssen, kann ich nur empfehlen, positive Nachrichten, Gehaltserhöhungen, Boni, Beförderungen über einen längeren Zeitraum zu portionieren.

Es bleibt eine Herausforderung, alle Mitarbeiter über die Zeit gerecht und damit de facto unterschiedlich genug zu beurteilen.

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