Nö, nö und nö. Keiner mag es, wenn die eigenen Ideen ständig im Keim erstickt werden. © Getty Images

Fünf Strategien, um deine Vorschläge gegen Ideenmörder·innen durchzusetzen

Hannes’ Ideen werden im Unternehmen immer sofort in Keim erstickt. Eine Wirtschaftspsychologin erklärt, wie Du Ideenkiller·innen auffliegen lässt und mit welcher Strategie du sie aushebeln kannst.

Frage der Woche:

In meinem Unternehmen haben neue Ideen einfach keine Chance. Weil es zu teuer ist oder schon immer so gemacht wurde. Mich demotiviert das. Wie soll ich damit umgehen?

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Ingrid Gerstbach ist Expertin für Design Thinking, Autorin und Wirtschaftspsychologin
Ingrid Gerstbach ist Expertin für Design Thinking, Autorin und Wirtschaftspsychologin

Lieber Hannes,

du hast es mit sogenannten Ideenmörder·innen zu tun. Diese Menschen gibt es überall, und sie lauern nicht nur in den dunklen Ecken des Bürogebäudes. Sie sitzen neben uns, sind Teil unseres Teams, sehr oft sind es Abteilungsleiter·innen. Einige von ihnen sind unsere Freunde. Viele von ihnen betrachten sich selbst als Expert·innen auf ihrem Gebiet. Aber: Sie sehen eher Probleme, nicht die Chancen. Wenn jemand anderes mit einer neuen Idee aufwartet, fühlen sie sich schnell bedroht.

Ideenmörder·innen sind aber keine bösartigen Menschen, deren einziges Ziel ist, Ideen bereits im Keim zu ersticken. Vielmehr ist die Absicht dahinter in der Regel eine positive: Sie wollen Risiken minimieren, die Erwartungen vom Markt erfüllen und den Status quo nicht gefährden.

Am besten ist es, wenn man versteht, warum die Ideenmörder·innen sich so schwer mit neuen Vorschlägen tun.

Tatsache ist, dass keine Idee lange relevant bleibt. Probleme und Chancen müssen immer wieder aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Das erfordert vor allem ein gewisses Maß an Toleranz und Offenheit gegenüber neuen, kreativen Ansätzen. Und ein Umdenken im bestehenden System. Nicht jedem fällt das leicht.

Der Typus Ideenmörder·innen hat häufig Bedenken, dass das Experimentieren mit neuen Ideen zu teuer und das Potenzial, ausgelacht zu werden und zu scheitern, zu groß ist. Dahinter stecken also oft menschliche Befürchtungen.

Es hilft, zu verstehen, dass es dreierlei Arten von Ideen gibt

  1. Ideen, die ganz einfach umgesetzt werden können,

  2. Ideen, deren Zeit noch nicht angekommen ist, und

  3. Ideen, deren einziger Zweck es ist, uns zum Scheitern zu bringen und dadurch Neues zu lernen.

Du könntest beispielsweise deine Vorschläge schon in die jeweilige Kategorie packen und sie deinen Kolleg·innen oder Vorgesetzten entsprechend kommunizieren. Das gibt Ideenmörder·innen Zeit und Sicherheit und macht ein sofortiges Nein! unwahrscheinlich.

Beispiel Kategorie 1: „Mit folgendem Vorschlag können wir ganz einfach, schnell und ohne Risiko Problem XY lösen.“

Beispiel Kategorie 2: „Ich habe eine Idee, die mittelfristig eine Chance für uns ist und die, wenn wir sie gut vorbereiten, unkompliziert umzusetzen ist.“

Beispiel Kategorie 3: „Ich habe eine Idee, die möglicherweise riskant ist, aus der unser Team aber wichtige Erkenntnisse und Erfahrungswerte für die Zukunft ziehen kann.“

Was du noch tun kannst

Die grundlegende Methode, um die Ideenmörder•innen in deinem Unternehmen zu besiegen, ist sie gleich von Beginn an zu entlarven. Nimm die Bedenken und Ängste der einzelnen Abteilungen ernst, höre zu, aber überlege auch, was die eigentlichen Gründe für das Ausbremsen sind. Wenn du die Hintergründe für die Motive der Indeenmörder•innen verstehst, kannst du deine Ideen und Vorschläge individuell darauf anpassen und wirst erstaunt sein, wie anders sie angenommen werden.

Wie du die unterschiedlichen Arten von Vorschlagskiller·innen erkennst

Es ist wichtig, dass du dich mit den Glaubenssätzen der Ideenmörder•innen vertraut machst. So kannst du bewusst und in Ruhe Gegenmaßnahmen entwickeln, um diese zu überwinden.

Ideemörder·innen unter KREATIVZWANG

Sie fordern jeden auf, über den Tellerrand zu blicken. Das Motto „Es ist mal wieder Zeit für eine Brainstorming-Sitzung!“

**Das Problem: Der Druck, kreativ sein zu müssen.**Wenn man einen Prozess garantieren will, der den Geist der Ideenfindung im Nu tötet, dann braucht man Menschen nur dazu zwingen, alles, was ihnen einfällt, laut auszusprechen. Ideen brauchen aber einen sicheren Ort, um Gestalt anzunehmen, und sie brauchen Ressourcen. Manches Mal suchen sie auch Schutz, um zu gedeihen. Erst dann können sie bewertet und dann weiterentwickelt werden. Wenn jemand nun diesen Prozess mühsam gestaltet, ist das Ergebnis, dass die Teilnehmer ihre Ideen zurückhalten.

**Strategie:**Wende also nicht blind irgendwelche Kreativitäts- oder Brainstormingmethoden an, sondern bette Ansätze zur Ideengenerierung bewusst in einen gesamten Innovationsprozess ein. Design Thinking als Beispiel startet immer mit den Phasen „Einfühlen“ und „Definieren“, um zuerst überhaupt das Problem und das Umfeld zu verstehen. Erst danach geht es ins Ideen generieren. Achte bei einem solchen Workshop auch auf einen inspirierenden Raum und wähle die Teilnehmer·innen bewusst aus.

Ideenmörder·innen mit SCHEUKLAPPENDENKEN

Sie definieren "anders" und "neu" als etwas grundsätzlich Schlechtes. Das Motto „Never change a running business.“

Das Problem: Ein sehr starkes Sicherheitsdenken. Wenn alles sicher ist, wird jede großartige Idee, jedes Produkt oder jede Dienstleistung von einer besseren übertroffen. Doch die Angst vor Neuem ist immer ein Hindernis.

Strategie: Wenn du das nächste Mal hörst: "So machen wir das hier nicht", argumentiere probehalber mal mit "Gut. Dann wollen mal die Konkurrenz diesen Schritt gehen lassen und schauen, was dann passiert." Das wird zumindest ein kurzes Innehalten und Überdenken in deinem Gegenüber anstoßen.

Ideenmörder·innen mit FEHLERBESTRAFUNG

Sie verbreiten große Angst vor dem Scheitern. Das Motto „Fehler zu machen ist ein Zeichen von Schwäche und Unfähigkeit.“

Das Problem: Die Angst, zu versagen. Hier ist die brutale Wahrheit: Es gibt keinen erfolgreichen Innovator, der nicht schon dutzende Male gescheitert ist. Wenn etwas nicht funktioniert, ist es zumindest eine wichtige Lernerfahrung und somit Nährboden für den Innovationszyklus.

Strategie: Höre also mal nicht auf die Ängste und Warnungen dieser Menschen, sondern sei bereit, auch mal bewusst zu scheitern (bei überschaubarem Risiko), um daraus zu lernen.

Ideenmörder·innen mit STEGREIF-INNOVATIONEN

Ideen werden nur dann entwickelt, wenn es wirklich notwendig ist. Das Motto „Auf Druck lässt es sich einfacher innovieren.“

Das Problem: Unter Druck lässt es sich nicht dauerhaft kreativ und innovativ arbeiten. Es ist verlockend, Ideen nur auf Nachfrage zu entwickeln. Das kostet weniger Ressourcen, Geld und Energie. Man kann sich dann auf das Problem leichter fokussieren und ansonsten auf den normalen Ablauf konzentrieren. Aber auf einen lebensbedrohlichen Zustand zu warten, ist nicht der richtige Weg, um gesund zu bleiben. Eine Krise ist sicherlich oft ein Motivator, aber sie ist auch der teuerste Weg zur Innovation.

**Strategie:**Erfolgreiche Innovation erfordert das richtige Mindset. Ein paar Sprüche an der Wand wie „fail fast and early“ machen die Teilnehmer:innen nicht automatisch zu anderen Menschen. Eine Veränderung der Unternehmenskultur braucht einfach Zeit. Starte mit kleinen Innovationsprojekten und hilf so den Menschen, Veränderungen annehmen zu können – wenn der Schmerz noch nicht so groß ist. Kleine und vor allem eigene Erfolge lassen Veränderungen viel leichter von der Hand gehen.

Ideenmörder·innen mit INNOVATIONSTHEATER

Sie überlassen die Ideenentwicklung nur den wirklichen Profis. Das Motto „Dafür haben wir kreative Menschen eingestellt.“

Das Problem: Die Ideenfindung wird nur ausgewählten Leuten zugetraut. Jedes Unternehmen hat Mitarbeiter•innen, die als Vor- und Querdenker gelten. Manchmal sind es die Manager •innenoder eigens angestellte Innovationsmanager•innen. Ihre Aufgabe liegt einzig darin, Ideen zu entwickeln. Der Glaubenssatz, dass nur diese gute Ideen entwickeln können, ist allerdings weder hilfreich noch richtig. Die besten Ideen entstehen im Austausch mit anderen Menschen - unabhängig von deren Rollenbeschreibung.

**Strategie:**Stelle dein Innovationsteam möglichst bunt und divers zusammen. Das bedeutet, achte darauf, dass die Teilnehmer:innen jung und alt, kurz und lange dabei, branchenfremd und erfahren sind. Diese Gegensätze ergänzen sich gut bei Innovationsvorhaben. So werden alte Grundsätze durch einen neuen Blick herausgefordert und die intensive Zusammenarbeit über bekannte Grenzen hinweg fördert frische Ideen.

Ich wünsche dir viel Erfolg und gute Ideen!

Herzlichst Ingrid Gerstbach

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Wer schreibt hier?

Ingrid Gerstbach ist Innovationsexpertin und gilt als deutschsprachige Koryphäe der aus den USA stammenden Innovationsmethode Design Thinking. Die Betriebswirtin, Wirtschaftspsychologin und Erwachsenenbildnerin berät internationale Unternehmen und Universitäten und schreibt Kolumnen und Bücher. Als XING Insiderin schreibt sie über Innovation und Lernen, Psychologie und Persönlichkeit und Empathie.

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