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Gehälter unter Druck: Wer in der Autoindustrie am meisten verliert – und wer noch profitiert

VW in Schieflage, Zulieferer am Ende: In der Autoindustrie werden Werke geschlossen und Mitarbeiter entlassen. Die Gehälter sinken aber vor allem für eine Gruppe.

Kaum ein Tag ohne Warnungen aus der Autoindustrie, ohne Sorgen um Hersteller und Zulieferer. Nach der heftigen Gewinnwarnung von Volkswagen Mitte der Woche verkündete der Chef vom Technologiekonzern Bosch nun, infolge der Konjunkturflaute seine Prognose zu kappen und einen zusätzlichen Stellenabbau nicht länger auszuschließen. Zulieferer ZF will die Arbeitszeit eines großen Teils der am Standort Schweinfurt Beschäftigten zwölf Monate lang deutlich senken.

Die Branche steckt in einem fundamentalen Umbruch. Im vergangenen Jahr arbeiteten laut dem Branchenverband VDA 911.000 Menschen in der Automobilindustrie. Laut einer aktuellen Studie des Verbands könnten bis Mitte des kommenden Jahrzehnts bei gleichbleibender Entwicklung 140.000 Arbeitsplätze verloren gehen, also etwa jeder fünfte Job. Tatsächlich ist die Nachfrage nach Mitarbeitern im dritten Quartal deutlich zurückgegangen, so der aktuelle Fachkräfte-Index der Personalberatung Hays. Die Zahl der Anzeigen für Stellen in Vertrieb und Marketing ist im Verlauf des Jahres zwar stabil geblieben. Jobgesuche für Ingenieure und IT-Leute nahmen jedoch fast um die Hälfte ab.

René Gruber von Hays geht zwar nur von einem „kurzfristigen Effekt“ aus, der nicht „über die generell angespannte Fachkräftesituation hinwegtäuschen“ sollte. Energiewende und der Ausbau der Infrastruktur für Elektrofahrzeuge schafften eben auch „sukzessive und kontinuierlich neue Arbeitsplätze“.

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Doch genau diese beiden Transformationsfelder bedeuten für Autozulieferer wie -bauer einen enormen Kraftakt. Sie müssen sparen. Da verwundert es nicht, dass auch die Gehälter auf den Prüfstand kommen. Es trifft vor allem akademische Berufseinsteiger und Facharbeiter in leitender Funktion. Das ist ein Ergebnis des großen Gehaltsreports, den die Unternehmensberatung Korn Ferry exklusiv für die WirtschaftsWoche erstellt hat.

Das Besondere: Die Zahlen basieren nicht auf Befragungen oder Prognosen, sondern ergeben sich aus einer halben Million aktuellen Gehaltsdatensätzen von mehr als 900 Unternehmen.

Auffällig dabei: Das Grundgehalt der Berufseinsteiger und Facharbeiter ist im Median seit dem Vorjahr um sechs Prozent gesunken, die Zielgeldbezüge inklusive Boni um drei Prozent. Bei Mittelmanagern und erfahrenen Experten legten die Bezüge hingegen in beiden Kategorien um jeweils fünf Prozent zu. In dieser Gruppe lag das Mediangrundgehalt 2024 bei gut 123.000 Euro und damit etwas über dem Durchschnitt aller von Korn Ferry untersuchten Branchen.

Eine Erklärung für die unterschiedliche Entwicklung hat Vergütungsexpertin Christine Seibel. „Immer mehr von den gut bezahlten Technikern und Meistern gehen – und werden so günstig wie möglich vom Markt ersetzt“, sagt sie.

Für das kommende Jahr planen die Unternehmen den Korn-Ferry-Daten zufolge mit einer Gehaltserhöhung von drei bis vier Prozent. Um die wird gerade aber noch heftig gestritten. Die zweite Verhandlungsrunde zum VW-Haustarif ist am Mittwoch ergebnislos zu Ende gegangen. Volkswagen fordert von den Beschäftigten zehn Prozent Lohnverzicht und Bonikürzungen.

Nur durch Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen sei das Unternehmen fähig, selbstständig in die Zukunft zu investieren, argumentiert das Management. Die IG Metall bezeichnet die Forderung eines Gehaltsverzichts als „dreisten Griff in die Tasche der Beschäftigten“.

Verlustängste kennen keine Gehaltsklasse. Auch die Manager soll es treffen – und sie wehren sich: Im Zuge des Sparprogramms strich VW Führungskräften das Porsche-Dienstfahrzeug. Die klagten dagegen. Weitere Klagen von Managern im Vorruhestand gegen die Streichung einer Gehaltserhöhung und einer Inflationsprämie wies ein Gericht im Oktober ab. Die Vorstände bei VW verzichten in diesem Jahr laut einem Bericht der Tageszeitung „Handelsblatt“ auf fünf Prozent ihres Fixgehalts. Am variablen Teil, der etwa zwei Drittel der Gesamtvergütung ausmacht, ändert sich demnach nichts.

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