Jobsuche: Das steckt dahinter, wenn sich der Headhunter nicht mehr meldet. - (Foto: fStop/Getty Images)
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Headhunter: Sechs Gründe, warum der Personalberater nicht anruft

Die Personalberater haben klare Qualitätskriterien. Doch nicht jeder Kandidat genügt den Ansprüchen. Wer bei der Jobsuche auf der Headhunter-Blacklist landet – und warum.

Düsseldorf. In den gut anderthalb Jahrzehnten, die Nicolas von Rosty in der Headhunter-Szene aktiv ist, hat der 60-Jährige schon viele Spitzenkandidaten gesehen. Und auch den ein oder anderen aus seinem Adressbuch gestrichen.

Gerade wer zum ersten Mal mit den Talentjägern zu tun hat, macht schnell Fehler, sei es aus Unwissen oder Unsicherheit. Aber auch erfahrene Manager manövrieren sich bei der Jobsuche im Umgang mit Headhuntern schon mal durch ungeschicktes Verhalten ins Aus.

Und gerade jetzt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, ins Blickfeld der Personalberater zu geraten: Deutschlands Headhunter sind auf der Pirsch. Die Marktforscher von Gallup etwa sagen, zuletzt wurde jeder dritte Beschäftigte von einem Personalberater kontaktiert – eine Verdoppelung in nur zwei Jahren.

Jobsuche: Deshalb ruft der Headhunter Sie nie wieder an

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Das Handelsblatt wollte von Personalberaterinnen und Personalberatern wissen, wann diese einen Kandidaten aus ihrer Kartei aussortieren. Hier sind ihre Antworten:

Grund 1: Ein Kandidat ist nicht auf Jobsucher, sondern checkt mit dem Headhunter-Angebot nur seinen Marktwert

Nicolas von Rosty ist Deutschlandchef von Heidrick & Struggles. Die internationale Beratung ist einer der großen Namen im Bereich Executive Search, der Champions League im Headhunter-Geschäft.

„Die schlimmsten sind die, die bis zu einem Vertragsangebot im Rennen bleiben, um ihren Marktwert zu testen“, sagt von Rosty.

Nicolas von Rosty ist Deutschlandchef von Heidrick & Struggles - (Foto: Bert Bostelmann für Handelsblatt)
Nicolas von Rosty ist Deutschlandchef von Heidrick & Struggles - (Foto: Bert Bostelmann für Handelsblatt)

Gemeint sind Kandidaten, die das Angebot des Personalberaters nutzen, um bei ihrem jetzigen Arbeitgeber mehr Gehalt herauszuschlagen. Der erfahrene Personalexperte reagiert in solchen Fällen stets gleich: „Solche Leute kommen für immer auf meine Blacklist.“

Grund 2: Der Bewerber hält sich im Vorstellungsgespräch nicht an Absprachen mit dem Recruiter

Für Personalberater ist immer unangenehm, wenn Kandidaten im Gespräch mit dem einstellenden Unternehmen etwas ganz anderes sagen oder fordern als im vertraulichen Erst- oder Zweitgespräch mit dem Headhunter. „Wenn sich bei sensiblen Themen wie Gehalt, Mobilität, aktueller Vertragssituation plötzlich signifikant die Haltung ändert, vermerken wir das negativ“, sagt Bibi Hahn, Co-Chefin bei Kienbaum.

180-Grad-Wenden in Gesprächen unterlassen. - Personalberater Zaborowski (Foto: privat)
180-Grad-Wenden in Gesprächen unterlassen. - Personalberater Zaborowski (Foto: privat)

Personalberater Henrik Zaborowski erinnert sich noch genau an eine Kandidatin, die bei ihrem bisherigen Arbeitgeber in Teilzeit als Führungskraft arbeitete, damit unglücklich war und deshalb eine Vollzeitposition suchte – das zumindest sagte sie im Vorgespräch. „Im Gespräch mit dem Unternehmen schwenkte sie dann um, und machte klar, dass sie eigentlich nur Teilzeit arbeiten könne und wolle.“

Mit der Absage des Unternehmens zog auch Zaborowski seine Konsequenzen. Er schlägt die Kandidatin nun keinem seiner Kunden mehr vor. „Wenn ich mich nicht auf wichtige Aussagen aus Vorgesprächen verlassen kann, ist das keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit.“

Grund 3: Der Kandidat reißt immer wieder Deadlines des Headhunter

Verlässlichkeit ist bei Terminen eine wichtige Tugend. Missachtet wird sie dennoch immer wieder, wie Ivona Kleinschmied von der Personalberatung Heinrich & Coll berichtet. „Jeder hat mal viel zu tun“, weiß die 36-Jährige, die auf Talente in der Medizin und Medizintechnik ab 100.000 Euro Jahresgehalt fokussiert ist. „Wenn mein Kunde aber zum 1. Januar ein Strategiekonzept oder einen Vertriebsplan erwartet und die Kandidatin oder der Kandidat zwei-, dreimal die Deadline verschiebt, macht das keinen guten Eindruck.“

Deadlines verschieben als Warnsignal. - Headhunterin Kleinschmied (Foto: Heinrich & Coll)
Deadlines verschieben als Warnsignal. - Headhunterin Kleinschmied (Foto: Heinrich & Coll)

Wenn die Aufschieberitis nach Absage bei einem Unternehmen auch beim nächsten Kunden zutage trete, seien die Leute definitiv raus, sagt sie. „Das Einhalten von Deadlines ist ein Zeichen von Respekt und Zuverlässigkeit“, so Kleinschmied. Wenn es schon vor Antritt der Stelle hier hapere und vielleicht sogar ein Muster dahinterstecke, „entspricht das nicht unserem Qualitätsanspruch als Personalberater, wenn wir solche Kandidaten vorschlagen oder vermitteln“.

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Grund 4: Der Bewerber hat beim Lebenslauf getrickst

Wo sich alle Headhunter einig sind: Bei Schummeleien im Lebenslauf ist die Grenze der Vermittelbarkeit eines Kandidaten erreicht. Eva Brückner, die wie Kleinschmied auch für Heinrich & Coll tätig ist, sagt: „Lieber ein Bruch im Lebenslauf als eine Lüge.“ Die Industrieexpertin nimmt deshalb rigoros Kandidatinnen und Kandidaten aus ihrer Kartei, „bei denen Unstimmigkeiten in den Gesprächen auf eine Beschönigung des eigenen Werdegangs hinweisen“.

„Mit einem Anruf ist nicht mehr zu rechnen.“ - Kienbaum-Managerin Hahn (Foto: Kienbaum)
„Mit einem Anruf ist nicht mehr zu rechnen.“ - Kienbaum-Managerin Hahn (Foto: Kienbaum)

Kienbaum-Co-CEO Hahn hat sogar erlebt, dass jemand gefälschte Dokumente vorgelegt hat und sich so einen Vorteil verschaffen wollte. „Das gibt es leider“, sagt die erfahrene Personalberaterin. Kienbaum geht damit ähnlich um wie im Falle einer Straftat der Kandidaten, die ein Unternehmen oder die angestrebte Funktion beschädigen könnten: „Mit einem Anruf von unserer Seite ist bei solchen Kandidaten nicht mehr zu rechnen.“

Grund 5: Ein Bewerber wird bei der Jobsuche unfreundlich gegenüber dem Headhunter

Worauf Top-Headhunter von Rosty im Erstkontakt stets achtet: wie ein Kandidat mit Menschen in seinem Umfeld umgeht. Ein wichtiger Gradmesser sind dabei von Rostys Mitarbeiter, vor allem seine Assistenz. Tritt ein Kandidat hier forsch oder gar unfreundlich auf, sei das ein klares Warnsignal. „Das sind häufig Leute, die nur nach Hierarchie gehen – und entsprechend ihr Verhalten anpassen.“ Wer nach dem „Mountainbike-Prinzip“ lebe („Nach oben buckeln, nach unten treten“), der sei bei ihm raus – oder werde zumindest kritisch beäugt.

Auch Industrie-Headhunterin Brückner streicht Kandidaten von ihrer Liste, „die mit meinen Mitarbeitern oder mir nicht auf Augenhöhe, fair, offen und partnerschaftlich agieren, weil ich davon ausgehen kann, dass sie das bei meinen Kunden dann auch nicht täten“. Ihr Fazit: Ein ehrlicher, freundlicher und kooperativer Umgang mit dem Headhunter hilft, wenn man Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Position sucht.

Grund 6: Kandidat und Kultur passen nicht zusammen – daran scheitert die Jobsuche

Als Geschäftsführer und Gesellschafter der Beratung Headgate hält Tim Oldiges schon qua Kundenstamm zu all seinen vermittelten Kandidaten einen engen Draht. „Wir arbeiten ausschließlich für große Familienunternehmen, die sehr werteorientiert mit der eigenen Mannschaft umgehen.“ Erlebe er im Gespräch oder danach, dass Kandidat und Kultur nicht zusammenpassten oder „massives Fehlverhalten“ entstehe, vermerkt er das in einer unternehmenseigenen Datenbank. Komplett streichen würde er einen solchen Kandidaten aber nicht – „sonst hätten wir zu diesem Erkenntnisgewinn ja keinen Zugang mehr“.

Tatsächlich ist die klassische Kartei oder das Notizbuch in den meisten Personalberatungen passé, berichtet auch Kienbaum-Managerin Hahn. Viel eher nutzten die Personalberatungen moderne Datenbanken, in denen einzelne Berater positive, aber auch negative Informationen vermerken. Wer zu viele Negativpünktchen gesammelt hat, wird nicht mehr angerufen.

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