Jeder schläft, doch nicht jeder schläft gut. Das kann üble Folge für unsere Gesundheit haben.
Wir lieben es, wir brauchen es doch meistens kriegen wir viel zu wenig davon: Schlaf. Unsere Gesellschaft hat sich zu einem Idealbild hin entwickelt, nach dem Schlaf ein Luxusgut sei. Mails werden noch im Bett, direkt nach dem Aufstehen gecheckt, Pausen werden übersprungen und Überstunden schieben ist auch hoch im Kurs, um möglichst gute Arbeit zu leisten. Doch nur weil jemand länger arbeitet wird das Ergebnis nicht unbedingt besser – im Gegenteil.
Im Interview mit der WirtschaftsWoche verrät Ingo Fietze, Oberarzt für Innere Medizin und Schlafforscher, dass schon nach nur einer Nacht in der weniger als sechs Stunden geschlafen werden, die Konzentration erheblich abnimmt. Gleichzeitig nimmt die Reizbarkeit zu. Das wirkt sich sowohl negativ auf die eigenen Leistungen aus als auch auf das Miteinander und das generelle Arbeitsklima. Dadurch steigt auch das Risiko von Unfällen, z.B. im Straßenverkehr.
Auf Dauer kann schlechter Schlaf sogar zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen. Ein bis zwei Monate schlechter zu schlafen ist verkraftbar für den Körper. Wird daraus jedoch ein dauerhaftes Problem, dass sich über Jahre hinzieht, kann ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und sogar Krebserkrankungen die Folge sein.
Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Schlaftypen unterscheiden, sagt Fietze. Der Normalschläfer braucht zwischen sieben und 8 Stunden Ruhe, um seinen persönlichen Wohlfühlschlaf zu erreichen. Der Kurzschläfer ist ein Ausnahmetyp und braucht tatsächlich weniger als 6 Stunden Schlaf. Zuletzt gibt es noch die Langschläfer. Sie brauchen zwischen 9 und 9,5 Stunden Schlaf, um ausgeruht zu sein.
In der Regel lässt sich festhalten: Wachst Du morgens erfrischt auf, hast nicht das Gefühl, schwer in die Gänge zu kommen und bewältigst ohne Müdigkeitserscheinungen Feinen Alltag, dann hast Du gut geschlafen, sagt Schlaflehrer Guy Meadows in einem weiteren WiWo-Artikel. Dann bist Du konzentriert, aufmerksam, kannst lernen und bist insgesamt glücklicher.
In unserem modernen Lebensmodel haben sich viele Konkurrenten für den Schlaf hervorgetan. Wir arbeiten länger, sind gestresst und in der wenigen Freizeit, die uns bleibt, wollen wir bitte auch noch Zeit haben richtig zu Leben, anstatt sofort ins Bett zu fallen. Hinzu kommen diverse Unterhaltungsangebote: Smartphones, Netflix und Co. verleiten uns dazu stundenlang auf Bildschirme zu starren, indem sie das Belohnungssystem in unseren Köpfen befeuern.
Es gibt also so einiges was uns wach hält. Um trotzdem gut zu schlafen gibt es einige Tipps, die Du befolgen kannst. Der wichtigste Ratschlag ist leichter gesagt als getan: Lass Dich nicht von zwei oder drei schlechten Nächten verrückt machen, sondern geh gelassen an das Thema Schlaf heran. Darüber hinaus können Dir die Einführung eines Einschlafrituals helfen sowie auch Atem- und Entspannungstechniken. Ebenfalls hilfreich ist es mit deinem privaten und auch beruflichen Umfeld zu kommunizieren, was du für guten Schlaf benötigst, um gemeinsam die idealen Voraussetzungen für dich zu schaffen.
Weitere gängige Tipps, die helfen abends besser zur Ruhe zu kommen, sind laut Meadows über den Tag verteilt ausreichend Pausen zu machen, digital detox, Zeit an der frischen Luft, im Tageslicht zu verbringen, idealerweise verbunden mit körperlicher Betätigung und seinen Koffeinkonsum einzuschränken.
Sollte das alles mal nicht geholfen haben und du willst nach einer durchwachsenen Nacht dein Schlafdefizit wieder aufholen, kann ein Power Nap dich retten. Dabei müssen jedoch ein paar Dinge beachtet werden. Ca. alle 90 bis 100 Minuten sowie alle 4 Stunden gibt es für den Körper ein Zeitfenster, in dem er besonders einfach einschlafen kann. Dieses sollte für das Nickerchen genutzt werden um erholt daraus aufzuwachen. Außerdem darf der Mittagsschlaf nicht zu lange sein – zwischen 10 und 15 Minuten sind ausreichend. Das Ziel ist es nicht auf Zwang zu schlafen, sondern sich in dieser Zeit bewusst auszuruhen. So reicht der neu aufgefüllte Energietank, laut Fietze, für 3 bis 4 Stunden konzentrierte Arbeit.
Alle diese Tipps nützen nichts, wenn der von außen auferlegte Rhythmus nicht stimmt. Daher tragen auch Führungskräfte die Verantwortung dafür, dass ihre Angestellten die Möglichkeit für guten Schlaf haben. Nicht nur besitzen sie eine Vorbildfunktion und setzen ihre Mitarbeiter unter Druck, wenn sie ständig Überstunden machen und spät am Abend noch E-Mails verschicken. Führungskräfte sollten auch darauf achten, das Pausen eingehalten werden und die Arbeitsschichten gleichmäßig verteilt sind. Auch sollten Führungskräfte beachten, dass sie Veranstaltungen so ansetzen und auch besuchen, dass diese nicht nach 10 Uhr Enden, bzw. dass sie diese früher verlassen.
Maßnahmen wie mehr Licht an den Arbeitsplätzen, Aufenthaltsorte im Freien und die Möglichkeit von z.B. Walking Meetings können sich ebenfalls positiv auf die Mitarbeiter auswirken. Am wichtigsten sind jedoch flexible Arbeitszeiten und eine offene Kommunikation darüber, was die Mitarbeiter nach eigenem Ermessen brauchen, um ausgeruht arbeiten zu können.
Wichtiger als sowieso schon, wird Schlaf in Krisensituationen. Stress und Angst halten derzeit viele wach. Das erhöht den Stress noch weiter. Wichtig ist es daher gerade in schwierigen Zeiten auf seinen Schlafrhythmus zu achten. Auch in Homeoffice und Kurzarbeit, sollte sich an feste Schlafzeiten gehalten werden.
Tatsächlich kann das Home-Office sogar dabei helfen besser zu schlafen, wenn man es richtig für sich nutzt. Dadurch das für viele der Arbeitsweg wegfällt oder auch Dienstreisen abgesagt wurden bleibt uns sowohl morgens als auch abends mehr Zeit, die wir für uns nutzen können. Gestalten wir diese Zeit bewusst, um uns zu entspannen und zu schlafen, kann das positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Viele haben dieses Potential auch schon entdeckt und Schlafen in der Pandemie mehr und regelmäßiger, sagt Neurobiologin und Schlafexpertin Dr. Verena Senn. Immerhin ein Lichtblick in diesen schwierigen Zeiten.
Mehr Informationen zum Zusammenhang von der Corona-Pandemie und besserem Schlaf findest Du hier.