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Komplette Liste: Diese elf Unternehmen wollen das Geld aus der Gas-Umlage

Seit Montag sind alle Namen der Unternehmen öffentlich, die Anspruch auf die Umlage erhoben haben. Die Kritik an der Maßnahme wird lauter.

Von den elf Unternehmen, die Ausgleichszahlungen über die Gasumlage beantragt haben, sind nur die wenigsten auf staatliche Hilfe angewiesen. Das zeigt die vollständige Liste der Antragsteller, die Trading Hub Europe (THE), ein Zusammenschluss mehrerer Gasnetzbetreiber, am Montag veröffentlicht hat.

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Das Handelsblatt hatte bereits in der vergangenen Woche berichtet, dass neben den bereits bekannten Gashändlern Uniper, VNG und EWE auch Sefe (ehemals Gazprom Germania), OMV, Axpo, Vitol und Gunvor die Zahlungen beantragt haben. Die Schweizer Unternehmen DXT Commodities und Enet Energy sowie die Sefe-Tochter WIEH machen die Liste nun komplett.

Zwar entfallen dem Vernehmen nach 90 Prozent der geschätzten 34 Milliarden Euro aus der Umlage auf die angeschlagenen Importeure Uniper, Sefe und WIEH. Damit gingen aber immer noch 3,4 Milliarden Euro an die Krisenprofiteure. Einzig RWE, das noch auf der Liste steht, hat bereits erklärt, auf die Gelder verzichten zu wollen.

Trading Hub Europe veröffentlicht Liste mit allen Unternehmen, die das Geld aus der Gas-Umlage beantragt haben

Nun gibt es harsche Kritik an der Umlage, auch aus den Reihen der Regierungsparteien: „Um Mitnahmeeffekte und Übergewinne zu vermeiden, müssen wir als Gesetzgeber im Zweifelsfall auch bereit sein, die Kriterien für die Inanspruchnahme nachzuschärfen“, sagte Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Handelsblatt. Energiekonzerne, die weiterhin hohe Gewinne machten, sollten freiwillig auf die Gasumlage verzichten.

Auch die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nina Scheer sagte, es entspreche „nicht dem Zweck der Verordnung“, dass hochprofitable Unternehmen von der Gasumlage profitieren wollen. Es sollten vielmehr Ausgleichszahlungen an die Gasimporteure ermöglicht werden „die ausreichen, um Insolvenzen zu verhindern, aber nicht zugleich zu einer Absicherung von Gewinnen auf Kosten der Verbraucher führen“. Das sei in Bezug auf jedes einzelne betreffende Unternehmen einzuhalten, sagte Scheer.

Während Koalitionspolitiker Mitnahmeeffekte über das Energiesicherungsgesetz (EnSig) verhindern wollen, ist die Haltung der Bundesregierung noch unklar. Eine drohende Insolvenz gehöre nicht zu den zahlreichen Antragskriterien. „Ein Unternehmen braucht eine gewisse Gewinnspanne, um weiter agieren zu können“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.

Gleichzeitig versucht Minister Robert Habeck (Grüne), die Diskussion um eine Steuer auf Sondergewinne, eine sogenannte Übergewinnsteuer, im Zuge des Ukrainekriegs voranzubringen. Dazu gebe es Gespräche in der Bundesregierung. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat dies aber strikt abgelehnt.

Immer wieder hatte die Politik betont, dass die Gasumlage nötig sei, um den Zusammenbruch der Energieversorgung zu verhindern. Das Abgabesystem nach Paragraf 26 des EnSig wurde erst im Juli eingeführt, um die gestiegenen Kosten der Gashändler abzufangen und sie so vor der Pleite zu bewahren.

Importeure, die Ersatz für fehlendes Gas aus Russland aktuell zu Rekordpreisen an der Börse einkaufen müssen, können sich so über die Umlage 90 Prozent der Mehrkosten erstatten lassen. Dafür werden alle Gaskunden in Deutschland, Haushalte und Unternehmen zur Kasse gebeten. Ersten Schätzungen der THE zufolge beläuft sich die Gesamtsumme auf bis zu 34 Milliarden Euro. Die Umlage soll vom 1. Oktober 2022 bis Ende März 2024 gelten.

Ausländische Antragsteller profitieren besonders

Was ursprünglich als Rettungsmaßnahme für kriselnde Konzerne wie Uniper oder Sefe gedacht war, droht nun jedoch auch Unternehmen zu stützen, die aktuell sogar mehr verdienen als vor der Krise.

Gerade die ausländischen Antragsteller profitieren besonders von den Rekordpreisen bei Strom, Öl und Gas. Sie verzeichneten allein im ersten Halbjahr eine Gewinnsteigerung zwischen 30 und 200 Prozent. „Es nehmen zahlreiche Unternehmen die Gasumlage in Anspruch, die nicht wie Uniper ‚gerettet‘ werden müssen, ganz im Gegenteil“, kritisiert Ulrich Schneider, Vorsitzender des paritätischen Gesamtverbands. Stattdessen müsste die Umlage eher von genau solchen Unternehmen „aus einem Topf der Übergewinne finanziert werden“, sagte er dem Handelsblatt.

Der Schweizer Energiehändler Axpo gibt sogar selbst zu, dass man im Gegensatz zu anderen Händlern nur in einem geringfügigen Maße betroffen sei. Trotzdem müsse man „die nicht gelieferte Energie aktuell zu weitaus höheren Kosten beschaffen“, um die bestehenden Verträge mit Kunden in Deutschland einhalten zu können, erklärte ein Sprecher auf Anfrage.

Bis zu 34 Milliarden Euro: So viel Geld sollen die Verbraucher in Deutschland nach ersten Schätzungen von Trading Hub Europe für die Gas-Umlage bezahlen.

Axpo erwarte aber nur weniger als ein Prozent der geschätzten Gesamtsumme aus der Umlage. Das Unternehmen mit Sitz in Baden konnte seinen Umsatz allein im ersten Halbjahr um über 100 Prozent steigern und fuhr einen Gewinn (Ebitda) von 1,2 Milliarden Euro ein, ein Plus von 33 Prozent. Unterm Strich bleibt so ein Plus von über eine halben Milliarde Euro.

Auch EnBW-Chef Frank Mastiaux hatte jüngst eingeräumt, das Risiko für sein Unternehmen, die Gastochter VNG, sei zwar „nicht klein, aber auch nicht existenziell“. Der zweitgrößte deutsche Gasimporteur machte zwar in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Verluste, sein 100-prozentiger Mutterkonzern EnBW erzielte im gleichen Zeitraum aber einen Gewinn von 1,4 Milliarden Euro. EnBW-Chef Frank Mastiaux hält es deswegen selbst für unwahrscheinlich, dass VNG in eine Schieflage wie Uniper geraten könnte.

Uniper ist der größte Gashändler Deutschlands und beliefert Hunderte Unternehmen und Stadtwerke. Durch die Drosselung der Lieferungen aus Russland ist das Unternehmen erheblich in Schwierigkeiten geraten und hat bereits Anfang Juli Staatshilfe beantragt. Die Bundesregierung stützt den angeschlagenen Importeur mit Milliardenkrediten und steigt mit fast 30 Prozent ein.

Fast komplett 90 Prozent der Mehrkosten

können sich Gas-Importeure durch die Umlage erstatten lassen.

Auch die ehemalige Gazprom-Tochter Gazprom Germania, heute Sefe, wird vom Staat gestützt und mittlerweile in Treuhänderschaft von der Bundesnetzagentur verwaltet, um sie vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

Weitere solche Fälle sollte die Unterstützung über die Gasumlage in den nächsten anderthalb Jahren verhindern. Antragsberechtigt sind alle Gasimporteure, die ihren Sitz zum 1. Mai 2022 in Mitgliedstaaten der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums, der Schweiz oder in Großbritannien hatten. Die Unternehmen mussten außerdem Lieferverträge innerhalb des deutschen Marktgebiets vor Mai diesen Jahres abgeschlossen haben.

Es gibt zwei verschiedene Arten von Verträgen. Zum einen langfristige, eher komplexe Verträge, die Uniper oder auch die OMV vor Jahren mit dem russischen Exporteur Gazprom geschlossen haben. Zum anderen gibt es Mengen und Verträge, die über die sogenannte Electronic Sales Platform (ESP) von Gazprom gehandelt wurden. Vor allem Gunvor, Vitol und Axpo sollen solche ESP-Mengen im Portfolio haben.

So wird die Gas-Umlage berechnet

Bis zum 12. August mussten die Importeure Prognosen für die ausgefallenen Mengen und deren Kosten von Oktober 2022 bis Ende März 2024 berechnen und bei der THE einreichen. Geltend gemacht werden dürfen maximal 90 Prozent der Ersatzbeschaffungskosten.

Ob das am Ende wirklich 34 Milliarden Euro sind, bleibt jedoch abzuwarten. Die Unternehmen müssen die Werte in jedem Monat neu ermitteln und durch einen Wirtschaftsprüfer plausibilisieren lassen. Eine zweite Prüfung der prognostizierten Werte durch THE ist laut EnSiG nicht vorgesehen.

Am 15. August hat die THE eine vorläufige Höhe für die Umlage ermittelt, sie beträgt rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Wert kann anhand der aktuellen Gaspreise alle drei Monate neu berechnet werden und demnach höher oder tiefer ausfallen.

Die Gaspreise waren zuletzt wieder massiv gestiegen, vor allem nachdem Gazprom am Freitagabend angekündigt hatte, dass vom 31. August bis zum 2. September drei Tage lang gar kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 fließt. Als Grund wurden Wartungsarbeiten genannt.

Zuvor hatte Russland die Lieferungen bereits auf 20 Prozent gedrosselt und dies ebenfalls mit technischen Problemen begründet. Eine Megawattstunde für September kostete an der niederländischen TTF-Börse zeitweise mehr als 292 Euro. Vor einem Jahr lag der Preis noch bei 26 Euro, die Steigerung beträgt also mehr als 1000 Prozent.

Mitarbeit: Julian Olk

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