Low Performer: Sieben Tipps, wie Sie als Chef unmotivierte Mitarbeiter zu mehr Leistung anspornen
Unklare Aufgaben, mangelnde Kompetenzen, Frust: Wenn Mitarbeiter weniger leisten als erwartet, hat das Auswirkungen auf das Team. So sollten Chefs reagieren.
In seiner 16-jährigen Laufbahn als Führungskraft ist Dirk Henke eine Mitarbeiterin besonders im Gedächtnis geblieben. Sie leistete gute Arbeit, ihr Wort hatte Gewicht. Nach einer Beförderung aber kam sie in ihrer neuen Rolle nie an – und wurde immer ablehnender gegenüber ihrem Job.
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„Der Rest des Teams arbeitete eigentlich lösungsorientiert, die betroffene Mitarbeiterin aber wirkte demotivierend auf die anderen“, erinnert sich Henke, Deutschlandchef des Freelancer-Marktes Malt. In den vergangenen Jahren, in denen er etwa als Manager für Microsoft und Yahoo gearbeitet hat, ist er immer wieder auf sogenannte „Low Performer“ getroffen – also Mitarbeiter, deren Leistung deutlich unter den Erwartungen blieb.
Der Umgang mit Low Performern stellt Führungskräfte vor große Herausforderungen. Weil sie eine Last fürs ganze Team sein können, sollten Chefs sie unter keinen Umständen ignorieren. Manager Henke und der Führungskräftecoach Gunther Wolf geben sieben Tipps, wie Chefs Low Performer wieder zu Höchstleitungen anspornen können.
1. Störfaktoren identifizieren und Lösungen ermitteln
Auf das Problem angesprochen, werden die wenigsten Mitarbeiter sagen, dass sie selbst verantwortlich für ihre niedrige Perfomance sind. Wahrscheinlicher ist laut Coach Wolf, dass sie Gründe nennen, die nichts mit ihrer Person zu tun haben: Das nötige Werkzeug war nicht da, es fehlten Informationen, die Kollegen haben schlecht vorgearbeitet.
Anstatt diese Gründe als Ausreden abzutun, rät er Führungskräften, den Low Performer eine Liste aller Hindernisse erstellen zu lassen, die ihn bei seiner Arbeit behindern. „Fordern Sie zu jedem Performancehemmnis mindestens drei Lösungsvorschläge“, sagt Wolf.
Einer davon sollte beinhalten, was der Angestellte trotz des vorhandenen Hindernisses tun kann, um die Aufgabe zu erledigen. Der zweite, wie er den Störfaktor vermeiden und der dritte, wie er dessen Auswirkungen senken kann. „Anhand dieser Liste besprechen Sie mit dem Mitarbeiter, was er davon künftig tun wird“, sagt Wolf.
2. Stärkentest machen – und Aufgaben umverteilen
Eine gute Performance setzt laut Wolf Wissen und Können voraus. Fehle eines von beiden, könne ein Angestellter auch keine gute Leistung erbringen. „Der Mitarbeitende ist dann schlicht und einfach falsch eingesetzt oder mit den falschen Aufgaben betraut.“
Um zu evaluieren, ob ein Teammitglied passend für eine Position ist oder besser woanders eingesetzt werden sollte, rät Manager Henke zu einem Stärkentest. Als Chef vermeiden Sie damit, Ihren Mitarbeiter direkt mit seinen Schwächen zu konfrontieren – und können dennoch das Team so umstrukturieren, dass jeder seine tatsächlichen Stärken einbringen kann.
3. Trainingsprogramme anbieten
Ist das Defizit nicht allzu groß, reicht es aus, den betroffenen Mitarbeiter zu schulen. „Besonders in Unternehmen, die stark wachsen, erwarten wir von Mitarbeitern häufig, dass Aufgaben aus fachfremden Bereichen, zumindest übergangsweise, übernommen werden“, sagt Henke. Fehlt nötiges Fachwissen, sollten Sie als Führungskraft überlegen, ob und wie Sie es Ihren Mitarbeitern zugänglich machen können. Möglichkeiten sind etwa Mentoring- oder Trainingsprogramme.
4. Individuelle Motivationskonstellation ermitteln
Liegt die Low Performance nicht an fehlendem Wissen oder Können, bleibt noch fehlendes Wollen als Ursache. „Interessanterweise ist jeder Mensch motiviert – wir unterscheiden uns lediglich darin, was uns motiviert“, sagt Coach Wolf. Das könne Streben nach sozialer Anerkennung sein oder zum Beispiel der Wunsch nach Unabhängigkeit, Geld oder Sinnhaftigkeit.
Die Schwierigkeit ist herauszufinden, was den einzelnen Mitarbeiter motiviert. Wolfs Tipp: Fragen Sie Ihren Mitarbeiter beiläufig, warum er etwas Bestimmtes in seiner Freizeit tut. Wichtig ist, dass es etwas Freiwilliges ohne Bezahlung ist. Etwa, warum sich jemand beim Roten Kreuz engagiert oder jedes Wochenende ins Fußballstadion geht. „Die Antwort wird Ihnen gute Hinweise auf seine ganz persönlichen Motive geben“, sagt der Experte.
5. Persönliche Ziele festlegen
Führungskräfte sollten laut Henke differenzieren, ob sich die mangelnde Leistung auf die tatsächlich erledigten Aufgaben oder die Arbeitseinstellung bezieht. „Bei einer falschen Attitude sollte man früh die Reißleine ziehen“, sagt er. „Wenn es um die Arbeitsergebnisse geht, hilft es, konkrete Ziele festzulegen und diese regelmäßig zu besprechen.“ Eine Möglichkeit sei die Einführung von sogenannten Objective Key Results, kurz OKRs.
Dabei handelt es sich um eine Managementmethode, bei der die Führungskraft die Mitarbeiter bei der Formulierung der Ziele miteinbezieht. Jedem Ziel werden messbare Resultate zugeordnet, die alle drei Monate überprüft werden. Besonders bei der Übernahme eines neuen Teams eigne sich dieses Modell, sagt Henke. „OKRs helfen, den Mitarbeitern vor Augen zu führen, welche Ergebnisse erzielt werden sollen, und zu verstehen, wie ihre eigenen Unterziele auf die Oberziele der Organisation einzahlen.“
6. Sich selbst hinterfragen
Was Führungskräfte zudem regelmäßig machen sollten: sich selbst hinterfragen. „Schließen Sie Ihr eigenes Verhalten als Ursache nicht aus“, sagt Coach Wolf. Stattdessen sollten Sie sich folgende Fragen stellen: Habe ich das Ziel, also das von mir gewünschte Arbeitsergebnis, präzise definiert? Habe ich klar, deutlich und für den Mitarbeitenden verständlich ausgedrückt, was er tun soll? „Um das zu überprüfen, können Sie Ihren Mitarbeiter in seinen eigenen Worten kurz wiedergeben lassen, was er verstanden hat“, sagt Wolf. „Und gegebenenfalls, wie er eine Aufgabe angehen will.“
7. Mehr loben
Wurde die Low Performance bereits angesprochen, sollten Sie eine Verbesserung ausdrücklich loben. Das wirke sich nicht nur positiv auf das Selbstbewusstsein des Mitarbeiters aus, sondern verstärke auch die Bindung und die Motivation eines Angestellten, glaubt Geschäftsführer Henke. Führungskräfte sollten deshalb regelmäßig hinterfragen, ob sie im Arbeitsalltag genug loben.
Generell trage eine gute Feedbackkultur im Unternehmen dazu bei, Low Performance vorzubeugen, sagt Henke. „Feedback sollte direkt an eine konkrete Situation anschließen oder nach Abschluss eines größeren Projekts standardmäßig gegeben werden“, findet der Manager. Nur so könnten Mitarbeiter ihre Performance verbessern.
