Mehrkosten von 2,2 Milliarden Euro für Erdgas – BASF will massiv sparen
Die Kosten für Rohstoffe und Energie steigen – und belasten vor allem das Kunststoffgeschäft der BASF. Darum setzt der Konzern in Deutschland und Europa den Rotstift an.
Der Chemiekonzern BASF steht mit seinem Chemiegeschäft sowohl in Europa als auch in China zusehends unter Druck. Das geht aus dem am Mittwoch vorgelegten Bericht zum dritten Quartal hervor. In beiden Regionen verbucht der Konzern deutliche Ertragseinbußen.
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In Reaktion auf die schwierige Entwicklung in Europa gab der Konzern bereits vor zwei Wochen zusammen mit vorläufigen Quartalszahlen ein neues Sparprogramm bekannt, das bis Ende 2024 die laufenden Kosten um 500 Millionen Euro senken soll und voraussichtlich auch mit einem Personalabbau einhergehen wird.
Es diene der mittel- und langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa, begründete Konzernchef Martin Brudermüller die geplanten Maßnahmen „Nur mit entschlossenem Handeln nehmen wir unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden, Aktionären und der Gesellschaft wahr“, so der BASF-Vorstandsvorsitzende.
Hohe Mehrkosten für Erdgas
In Europa wird die Ertragskraft des Konzerns aktuell vor allem durch stark steigende Energie- und Rohstoffkosten belastet, die man nicht mehr voll an die Abnehmer weitergeben kann. Die Mehrkosten für Erdgas an den europäischen Standorten beziffert BASF auf rund 2,2 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten. Das entspricht Zusatzkosten von etwa neun Prozent des Umsatzes.
Brudermüller verweist darüber hinaus auf ein seit Jahrzehnten schwaches Wachstum des Chemiemarktes in Europa und Unsicherheiten aufgrund einer Vielzahl geplanter EU-Regulierungen.
„Diese herausfordernden Rahmenbedingungen in Europa gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Produzenten. Dies macht es absolut notwendig, dass wir unsere Kostenstrukturen so schnell wie möglich und auch dauerhaft anpassen. Wir müssen als Unternehmen jetzt handeln“, so Brudermüller.
Die Geschäftsentwicklung hat sich für BASF in den letzten Monaten spürbar eingetrübt. Während der Konzern im ersten Halbjahr noch Ertragszuwächse verbuchte, sank der um Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) im dritten Quartal um 28 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro. Der Gewinn nach Steuern ging um gut ein Viertel auf 1,25 Milliarden Euro zurück. Er wurde unter anderem auch durch weitere Abschreibungen von 740 Millionen Euro auf die Mehrheitsbeteiligung an Wintershall Dea belastet. Diese Zahlen hatte BASF vorab bereits vor zwei Wochen bekanntgegeben.
Für die ersten neun Monate insgesamt weist der BASF-Konzern noch einen Umsatzanstieg um knapp 16 Prozent auf 68 Milliarden Euro und einen stabilen Betriebsgewinn von 6,5 Milliarden Euro aus. Für das Gesamtjahr 2022 wird weiterhin ein Ebit vor Sondereinflüssen von 6,8 bis 7,2 Milliarden Euro erwartet, was einem Rückgang von sieben bis zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 7,8 Milliarden Euro entsprechen würde.
Spezialchemie-Sparten legen zu
Wie die nun publizierten Detailzahlen zeigen, verzeichnete vor allem das Geschäft mit Kunststoffen und Grundchemie-Produkten einen drastischen Einbruch. Der Ertrag der Sparten Chemicals und Materials ist im dritten Quartal aufgrund hoher Kostensteigerungen und rückläufiger Absatzmengen jeweils um etwa 60 Prozent gesunken. Damit entwickelte sich das Geschäft aber sogar noch etwas als bei Konkurrent Covestro, der mit seinem Kunststoffgeschäft im dritten Quartal sogar in die roten Zahlen rutschte.
Andere BASF-Sparten wie Pflanzenschutzmittel, Farben und Industriechemikalien konnten ihre Erträge dagegen zum Teil deutlich steigern. Der Bereich Oberflächentechnologien (Lacke, Katalysatoren) etwa konnte seinen Betriebsgewinn im dritten Quartal auf 239 Millionen Euro verdoppeln. Das so genannte „Downstream“-Geschäft mit höher veredelten Chemieprodukten hat die BASF-Erträge damit zumindest teilweise stabilisiert.
Unterdessen zeigen die Geschäftszahlen, dass auch in China die Erträge offenbar deutlich unter Druck geraten, obwohl dort die europäischen Energiekosten keine Rolle spielen. Darauf jedenfalls deutet das im Betriebsgewinn enthaltene Ergebnis der integralen Beteiligungsunternehmen, die mit ihrem Eigenkapitalanteilen (at Equity) bilanziert werden. Dieses sank laut BASF um rund zwei Drittel auf nur noch 76 Millionen Euro, insbesondere aufgrund des geringeren Ergebnisbeitrags der BASF-YPC Company, die in Nanjing das mit Abstand größte Werk der BASF in China betreibt.
Der Umsatz in China sank im Quartal um 7,8 Prozent auf umgerechnet 3,1 Milliarden Euro, während die Erlöse in allen anderen Regionen preis- und währungsbedingt noch zulegten.
Das übrige Beteiligungsergebnis, in dem vor allem die 67-prozentige Beteiligung der BASF an Wintershall Dea erfasst wird, hat sich trotz der erneuten Abschreibungen auf Wintershall leicht erhöht. Denn den Wertkorrekturen im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Nordstream-Pipelines standen höhere operative Erträge bei Wintershall sowie positive Bewertungseffekte aufgrund von Währungsverschiebungen gegenüber. Insgesamt steht die Beteiligung an Wintershall noch mit mehr als zehn Milliarden Euro in den Büchern der BASF. Davon entfielen zuletzt noch 5,4 Milliarden Euro auf die russischen Vermögenswerte.
