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Mindestlohn steigt auf zwölf Euro – So viele Menschen verdienen dann mehr

Ein großer Teil der deutschen Arbeitnehmer bekommt derzeit weniger als zwölf Euro. Besonders betroffen sind Minijobber im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft.

Berlin. Von der Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro im Oktober sind knapp 22 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse betroffen, das entspricht gut jedem fünften Job. Der Eingriff in das Lohngefüge ist damit deutlich größer als bei Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze 2015, als rund elf Prozent der Beschäftigungsverhältnisse tangiert waren.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Insbesondere für geringfügig Beschäftigte und Teilzeitkräfte spielt die von der Regierungskoalition beschlossene Erhöhung eine Rolle. Denn sieben von zehn Minijobbern verdienten im vergangenen Jahr noch weniger als zwölf Euro pro Stunde. Bei den sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs waren es rund 24 Prozent, bei den Vollzeitjobs neun Prozent.

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Grundlage der Berechnungen der Nürnberger Forscher sind Daten aus der Verdienststrukturerhebung des Jahres 2018. Sie stammen aus der Zeit vor der Coronapandemie und sind deshalb nicht von der teils hohen Inanspruchnahme der Kurzarbeit beeinflusst. Die Stundenlöhne aus der Verdienststrukturerhebung wurden dann mit dem Bruttoverdienstindex des Statistischen Bundesamts bis zum Jahr 2021 hochgerechnet.

Nicht berücksichtigt werden also in diesem Jahr erfolgte oder bis Oktober noch anstehende Lohnerhöhungen, die den Grad der Betroffenheit durch die Mindestlohnanpassung senken können. So sind etwa im Gastgewerbe vor Kurzem noch Tarifvereinbarungen abgeschlossen worden, die Einstiegslöhne oberhalb von zwölf Euro vorsehen.

Auch in der Leiharbeitsbranche haben Arbeitgeber und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) jüngst die tariflichen Branchenmindestlöhne nach oben angepasst, um über die gesetzliche Lohnuntergrenze zu kommen.

Quelle: Statista
Quelle: Statista

Nach oben korrigiert werden müssen die Entgelte ab Oktober vor allem in der Landwirtschaft, im Gastgewerbe und bei den personennahen Dienstleistungen. In Restaurants und Hotels und der Landwirtschaft wurde 2021 noch rund jeder zweite sozialversicherungspflichtige Job mit weniger als zwölf Euro entlohnt.

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Gering von der Mindestlohnanhebung betroffen sind die Branchen Finanzen und Versicherungen, Information und Kommunikation, Bergbau, Energie oder etwa das verarbeitende Gewerbe. Die IAB-Forscher führen dies unter anderem auf eine relativ hohe Verbreitung von Flächentarifen in den genannten Bereichen zurück.

Die Studienautoren haben auch untersucht, wie sich die geplante Mindestlohnerhöhung auf Neueinstellungen auswirkt. Hier dürfte die Betroffenheit besonders groß sein, da die Entlohnung in der Regel mit zunehmender Betriebszugehörigkeit steigt.

>> Lesen Sie hier: So will die EU Lohn-Dumping verhindern

Dabei haben die Forscher auf Daten der IAB-Stellenerhebung zurückgegriffen, einer repräsentativen Quartalsbefragung von Unternehmen. Allerdings werden hier nur sozialversicherungspflichtige Neueinstellungen erfasst, Minijobber bleiben also außen vor.

Demnach erhielten 2021 knapp 21 Prozent der neu eingestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger als zwölf Euro pro Stunde. Die Betroffenheit lag damit höher als bei den bereits bestehenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit 13,4 Prozent.

Besonders in Ostdeutschland werden Arbeitgeber Mitarbeiter, die sie neu an Bord holen, künftig besser bezahlen müssen. Hier verdienten im vergangenen Jahr noch 28,4 Prozent aller neu eingestellten Beschäftigten in einem sozialversicherungspflichtigen Job weniger als zwölf Euro. Im Westen waren es 18,8 Prozent.

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