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Neobroker greift an: Gibt es versteckte Klauseln beim hochverzinsten Tagesgeld von Trade Republic?

Die Berliner sorgen mit ihrer Zinsofferte für Aufsehen. Doch verdient Trade Republic damit überhaupt Geld und gibt es versteckte Klauseln? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Zwei Prozent Zinsen pro Jahr auf das Geldguthaben der Kunden: Mit diesem Angebot zieht Trade Republic in diesen Tagen die Aufmerksamkeit auf sich. Denn damit zählt der Berliner Neobroker zu den Anbietern mit Topkonditionen auf dem deutschen Markt.

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Doch wie kann dieses Angebot überhaupt funktionieren – und warum bieten es die klassischen Banken nicht schon längst an? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was genau bietet Trade Republic künftig an?

Das Unternehmen bietet jährlich zwei Prozent Zinsen auf das Geldguthaben der Kunden, sowohl für Bestands- als auch Neukunden. Für beide Kundengruppen gilt das Angebot bis zu einem Guthaben von 50.000 Euro, eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht. Die Zinserträge werden nach eigenen Angaben monatlich gutgeschrieben.

Wieso ist dieser Schritt überhaupt möglich?

Ende Juli des vergangenen Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) die rund acht Jahre andauernde Phase der Negativzinsen beendet. Das betrifft auch den für Banken entscheidenden Einlagenzins.

So mussten die Institute zeitweise etwa 0,5 Prozent Zinsen auf Gelder zahlen, die sie bei der Notenbank parkten. Die Kosten dafür reichten viele Banken an ihre Kunden weiter. Die sogenannten Verwahrentgelte griffen meist oberhalb bestimmter Freibeträge – beispielsweise 50.000 oder 100.000 Euro, häufig für Neu- wie für Bestandskunden.

Mittlerweise hat sich die Situation komplett geändert, der Einlagenzins ist sogar auf zwei Prozent angehoben worden. Heißt: Banken erhalten wieder Geld. Einige Institute haben sich bereits dazu entschlossen, diese Einnahmen an ihre Kunden weiterzugeben. Doch längst noch nicht alle.

Aktuell liegen die durchschnittlichen Tagesgeldzinsen bundesweit verfügbarer Angebote laut dem Vergleichsportal Verivox bei 0,47 Prozent. Zeitlich befristete Sonderkonditionen für Neukunden sind dabei nicht berücksichtigt.

Trade Republic liegt mit seinem Angebot in der Spitzengruppe: „Ein Angebot von zwei Prozent Zinsen pro Jahr auf das Geldguthaben (Tagesgeld) zählt zu den Topkonditionen auf dem deutschen Markt“, sagt Ralph Wefer von Verivox.

Kann Trade Republic überhaupt daran verdienen oder muss der Neobroker sogar draufzahlen?

Die EZB zahlt einen Einlagenzins von zwei Prozent, Trade Republic bietet seinen Kunden selbst aber auch einen Zins von zwei Prozent an. Man könnte sofort an ein klassisches Nullsummenspiel denken, zumindest was die eigene Bilanz angeht.

Doch der Berliner Neobroker besitzt keine eigene Banklizenz und arbeitet deshalb mit den Partnerbanken Citibank Europe, Deutsche Bank und Solaris zusammen. Diese verwahren dementsprechend auch die Einlagen – und erhalten so mindestens die zwei Prozent Zinsen der EZB. Sogar noch mehr, wenn die Banken noch selbst mit dem Geld arbeiten.

Wie die genauen Konditionen zwischen den Partnerbanken und Trade Republic aussehen, ist nicht bekannt. Es ist aber Finanzkreisen zufolge klar, dass der Neobroker kein Verlustgeschäft mit dem Angebot macht – und die Banken die Zinsen der Trade-Republic-Kunden vollständig übernehmen.

Ob Trade Republic mit den steigenden Einlagen auch einen Gewinn erzielen kann, hängt laut Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, davon ab, wie viele Neukunden das Unternehmen auch für das Brokergeschäft gewinnen kann. „Denn die hohen Zinsen für Kunden rechnen sich allein natürlich nicht“, sagt Brühl.

Eine Sprecherin teilte auf Anfrage mit: „Ähnlich wie den provisionsfreien Aktienhandel bieten wir das Zinskonto als wirtschaftlich nachhaltiges Angebot an.“

Trade Republic: Was hat der Berliner Neobroker künftig davon?

Eines ist auf jeden Fall sicher: Mit dem Angebot hat Trade Republic die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In den sozialen Netzwerken ist der Zuspruch groß. Brühl geht davon aus, dass der Neobroker deshalb vor allem ein Ziel mit dem Zinsangebot verfolgt: neue Kunden zu gewinnen.

„Vor allem jene, die sich bislang noch nicht mit dem bisherigen Kerngeschäft des Neobrokers befasst haben, werden nun auf Trade Republic aufmerksam“, sagt er. Das Kerngeschäft war bislang der Handel, etwa mit Aktien oder ETFs.

Mit aktuellen Angaben zu ihrer Kundenanzahl hält sich der Neobroker bekanntlich zurück, spricht seit mehreren Monaten nur noch von „über einer Million Kunden“.

Im vergangenen Jahr hat sich das Anlegerverhalten durch den Börseneinbruch drastisch geändert. „Unser Sparplangeschäft wächst weiter, allerdings sind die Handelsvolumina von Aktien zurückgegangen“, sagte Trade-Republic-Mitgründer Christian Hecker dazu.

Das neue Zinsangebot dürfte dem Neobroker damit dennoch einen neuen Wachstumsschub verleihen – zumindest auf der Kundenseite. Wenn die Zinsen allerdings weiter steigen sollten, dann hätte der Neobroker nicht nur mehr Kunden, sondern dann würden auch die Einnahmen steigen.

Behält sich Trade Republic Klauseln bei dem Zinsangebot vor?

Ja. Zunächst müssen die Kunden aktiv den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen, um das Zinsangebot überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Dementsprechend profitieren auch nur aktive Kunden.

Zudem findet sich eine Klausel in den AGB: „Trade Republic ist berechtigt – aber nicht verpflichtet –, den Kunden ein etwaiges, über mehr als 30 Tage nicht für Geschäfte in Finanzinstrumenten verwendetes Kundenguthaben durch Zahlung zugunsten des angegebenen Referenzkontos zurückzuzahlen.“

Heißt: Trade Republic behält sich vor, Kundengelder wieder kurzfristig zurückzugeben, wenn Kunden etwa nicht in Aktien oder ETFs investieren.

„Die Klausel ist standardmäßig seit zwei Jahren in den AGBs und steht nicht im Zusammenhang mit dem Zinsangebot“, teilte ein Sprecherin mit. Es handele sich um eine Regelung, die auch in der Vergangenheit nur in Sonderfällen (etwa bei Todesfall, Steuerpflicht in den USA, auch geldwäscherechtliche Themen) angewandt wurde. „Dies wird sich auch zukünftig nicht ändern“, heißt es vom Unternehmen weiter.

Trade Republic betonte auf Rückfrage, dass es sich nicht um ein Lockangebot handele. Das Zinsangebot gelte bis auf Weiteres im aktuellen Marktumfeld.

Werden nun Banken nachziehen?

Die neue Zwei-Prozent-Offerte von Trade Republic wird den Konkurrenzkampf um die Ersparnisse der Anleger laut Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier weiter anheizen. „In den nächsten Tagen und Wochen dürften weitere Anbieter vorpreschen und ihre Zinsen erhöhen, um sich im Wettstreit um die Spargelder der Anleger in Stellung zu bringen.“

Davon geht auch Brühl aus. „Der Druck auf die Banken, ihre Einlagenzinsen für die Kunden weiter zu erhöhen, steigt durch Angebote wie von TR weiter an.“

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