Noch viele Fragezeichen

Seit März 2017 ist das „Cannabis als Medizin“-Gesetz in Kraft und Cannabisblüten sowie -extrakte sind in Deutschland verschreibungsfähig. Experten sehen großes Potenzial in der Pharmabranche für medizinisches Cannabis. Doch machen Untersuchungen auch deutlich, dass es noch großen Aufklärungsbedarf gibt – vor allem bei Ärzten. Ob sich die Klientel offen für die Kommunikation zu Medizinalcannabis zeigt und wie man am besten an die Sache rangeht, haben wir Barbara Eckart, Medical Manager bei esanum, gefragt.

>> Frau Eckart, seit März 2017 ist das „Cannabis als Medizin“-Gesetz in Kraft und Cannabisblüten sowie -extrakte sind in Deutschland als Arzneimittel zugelassen. Experten sehen großes Potenzial in der Pharmabranche für medizinisches Cannabis, doch machen Untersuchungen auch deutlich, dass es noch großen Aufklärungsbedarf gibt – vor allem bei Ärzten. Wie bewerten Sie den Kenntnisstand der Ärzte, was das Thema Cannabis anbelangt?

Großes Potenzial: Ja. Aufklärungsbedarf: Ja. Anders als bei der Neueinführung von einem Rx-Medikament, das alle prä- und klinischen Phasen durchschritten hat, handelt es sich hier um ein absolutes Novum. Bis auf drei verschreibungsfähige Arzneimittel, befinden wir uns derzeit in einer Phase der no-label Anwendung, ohne Evidenzen.

Hauptsächlich wird Cannabis in Deutschland derzeit bei (chronischen) Schmerzen sowie MS bedingten Spastiken verabreicht, daher sind Neurologen eine große Zielgruppe. Ein weiterer Fachbereich ist die Onkologie, wo Cannabis bei Tumorkachexie, Emesis sowie Schmerzen mit positiven Effekten verschrieben wird.

Der Aufklärungsbedarf in den anderen Fachbereichen ist tatsächlich sehr hoch. Zwar wissen viele Ärzte, dass Cannabis einen hohen quali- und quantitativen therapeutischen Nutzen bietet und in vielen Fachbereichen verschrieben werden kann, doch sind sie noch zögerlich, weil ihnen oft der Kenntnisstand fehlt. In anderen Ländern, wie z.B. Kanada, Israel, Spanien und Italien ist Cannabis längst therapeutisch integriert.

Zeigt sich diese Klientel offen für die Kommunikation zu Medizinalcannabis?

Offen, aber man spürt auch eine gewisse Berührungsangst. Denn hier geht es noch um einen no-label Bereich mit Erklärungsbedarf in allen Facetten von der Indikation zu Verschreibung und Anwendung.

Offenheit folgt dem Wissen, so muss die Kommunikation zunächst die wichtigsten Fragen zu Anwendung der betäubungsmittelrechtlichen Regelungen bei der Verschreibung, deren Abgabe in Apotheken, therapeutische Anwendung und Neuigkeiten zu arzneimittelrechtlichen Fragen bezüglich der Versorgung der Apotheken mit den derzeit zugelassenen Cannabisarzneimittel u.v.m. klären.

Kurz: Es geht um den Einsatz von THC und/oder CBD, Dosierung und Darreichungsform für mögliche Indikationsgebiete. Es geht um Mono- oder Kombinationstherapien und Kontraindikationen. Weiter geht es um rechtliche Aspekte und Erstattungsprozesse bei der Krankenkasse. Für Apotheken stehen Lagerung, Dokumentation und Herstellung im Fokus – also noch viele Fragezeichen für den Alltag in Praxis und Apotheke.

esanum bietet eine Plattform, auf der sich Ärzte austauschen können. Welchen Stellenwert hat das Thema Cannabis dort? Und wie ist die Entwicklung seit 2017?

Bis 2019 ist das Thema medial eher vereinzelt aufgetaucht. Schaut man auf die Welt, sieht man, dass sich Cannabis therapeutisch immer mehr etabliert. Als Plattform für Ärzte wollen wir die Thematik auch regelmäßig, redaktionell integrieren. esanum bietet aber nicht nur den Austausch unter Kollegen, sondern interagiert durch aktuellen Content wie Studien, Leitlinien, Produkteinführungen, aber auch cme-Online Fortbildungen, Infoportale, Kongressberichterstattung u.v.m. Diese Kanäle können wunderbar für den Bereich Cannabis bespielt werden.

Sind die Ärzte denn neugierig und verlangen nach Informationen oder muss man aktiv an diese herantreten?

Ein Beispiel für Neugierde findet man immer auf Kongressen, wo man viele Ärzte sieht, die fleißig Slide für Slide fotografieren. Nun müssen sie vor allem informativ begleitet werden. Awareness (1), Education (2) und Engagement (3) sind hierfür die 3 Säulen in der Kommunikation. Gefühlt stehen wir am Ende von 1: Mediziner kennen das Thema Medizinalcannabis, wissen oft nicht an wen sie sich bei Fragen nach Einsatzmöglichkeiten, Dosierung und Darreichung wenden können, gerade weil fast keine Evidenzen vorliegen. Da liegen Neugier und Abwarten sehr eng zusammen.

Rücken Sie als Unternehmen das Thema Medizinalcannabis auf der Plattform aktiv in den Vordergrund? Falls ja, in welcher Form? ...

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Pharma Relations schreibt über Fachzeitschrift für Healthcare-Kommunikation

„Pharma Relations“, herausgegeben von der Gesundheitsforen Leipzig GmbH, ist das führende deutschsprachige Magazin für Pharma-Marketing und Healthcare-Kommunikation. Monatlich informiert „Pharma Relations“ die Top-Entscheider über Medien und Märkte, berichtet über Politik und Personalien, präsentiert Trends und Tendenzen. Kurz: Wer wissen muss oder auch wissen will, was die Branche bewegt, der liest „Pharma Relations“.

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