Patient:in muss im Mittelpunkt stehen
Die Patienten-Support- oder Patienten-Management-Programme haben in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Im Zentrum steht dabei der Mehrwert für die Patient:in und die Verbesserung seiner Versorgungssituation. Die bereits durchgeführten bzw. noch laufenden Programme haben gezeigt, dass die Adhärenz mit guten Unterstützungsprogrammen tatsächlich gesteigert werden kann und somit auch Kosten im Gesundheitswesen eingespart werden können. Wir sprachen mit Expert:innen im Bereich der Patienten-Support-Programme über ihre Erfahrungen, den Nutzen für die Patient:innen und Unternehmen und baten um ihre Zukunftsprogrognosen hinsichtlich der Weiterentwicklung solcher Programme.
>> Nach Einschätzung von Serap Becker (Ashfield Engage) schließen Patient-Support-Programme (PSP) eine wichtige Lücke zwischen dem klinischen Setting, „in dem ein Medikament entwickelt und getestet wird, und der Lebenswirklichkeit der Betroffenen“. Regulatorische Entwicklungen wie das eHealth-Gesetz und auch die Covid-Pandemie hätten dazu geführt, dass die digitale Betreuung aus der Ferne allgemein zugenommen habe. „Gerade zu Beginn der Pandemie haben wir in den laufenden PSP unserer Kunden gesehen, dass wir für viele Patienten, die von heute auf morgen ihren Arzt nicht mehr aufsuchen konnten, ein wichtiger Anker sein konnten“, erklärt Serap Becker.
Als Grund für die Zunahme von Patienten-Support-Programmen nennt Dr. Laura Prünte (co.patient), dass die Therapien zunehmend komplexer würden. „Hier gilt es, den Patienten weiterhin beteiligt zu halten, ohne ihn mit der Komplexität zu überfordern.“ Darüber hinaus stellt Prünte fest, dass auch die Fokussierung auf die Patient:in zunehme. „Bei den Pharmaunternehmen findet ein Shift von der Kooperation mit Ärzten hin zur Konzentration auf die Patienten statt, da Ärzte häufig nicht wissen können, was vor der Diagnose, in Behandlungspausen und nach Behandlungsabbruch passiert“, führt Laura Prünte weiter aus.
Dass Therapien immer komplexer und deshalb einer intensiven Betreuung bedürfen, um eine kontinuierliche Adhärenz und damit einen adäquaten Therapieerfolg zu erzielen, zählt auch Maren Freiberg (IQVIA CSMS) als Gründe für die zunehmende Bedeutung von Patienten-Support-Programmen auf. „Mangelnde Adhärenz und Compliance – aus verschiedenen Gründen – führen oft zum Abbruch oder zu einer erfolglosen Therapie, teilweise verbunden mit einer Verschlechterung des Zustandes des Patienten und einer möglichen Krankenhauseinweisung.“ PSPs seien deshalb eine gute Ergänzung zur Betreuung der Patienten, die individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt seien.
Dr. Heike Niermann (good healthcare group) verweist beim Blick auf die Entwicklung und Bedeutung dieser Programme insbesondere auf das vergangene, von der Corona-Pandemie geprägte Jahr. „Denn während einer Pandemie, in der die Praxen überfüllt und auch der Empfang mit Fragen nur so überhäuft wird, gilt es jene Praxen zu entlasten“, so Heike Niermann. „Gleichzeitig mag sich aber natürlich auch kein beispielweise chronisch Erkrankter oder keine chronisch Erkrankte in Wartezimmern einer weiteren Gefahr aussetzen. Hier waren Patienten-Management-Programme also eine echte Unterstützung für alle Parteien!“ Heike Niermann wirft aber auch einen kritischen Blick auf den allgemeinen Zustand des Gesundheitssystems und die Notwendigkeiten zur Unterstützung der verschiedenen Player – unabhängig von der Corona-Pandemie. „In einem Gesundheitssystem, das jedoch nicht erst durch die aktuelle Lage überfordert, sondern auch durch Ärztemangel und Pflegenotstand geprägt ist, schließen Patienten-Management-Programme so eine klaffende Lücke und müssen unbedingt in Kommunikationsstrategien bedacht werden.“ Mittlerweile hätten diese Situation bereits einige Pharmaunternehmen verstanden. Dennoch plädiert sie für mehr Aufklärungsarbeit, „denn natürlich gilt es hier auch die Ärzt:innen abzuholen“.
Bereits im Jahre 2004 habe die Marvecs GmbH ein erstes Patientenbegleitprogramm im Bereich Diabetes durchgeführt, so Katrin Wenzler: „Ein solches Angebot war ein ganz neues Konzept im Markt.“ Mittlerweile ...