Sieben Schritte für mehr Remote-Access-Kontrolle
Produktivität oder Sicherheit? Da sollte es kein Entweder-oder-Denken geben, auch wenn dieses Dilemma ein Dauerthema ist – besonders wenn Mitarbeiter sich zur Erledigung ihrer Aufgaben von außen in Unternehmensnetze einwählen. Der Fachartikel beschreibt, wie die Gefahrenlage bei der Zusammenarbeit mit Drittanbietern aussieht, die Fernzugriff auf IT-Systeme haben, und welche Maßnahmen Organisationen zu ihrem Schutz ergreifen sollten.
IT-Administratoren und technische Mitarbeiter benötigen erhöhte Zugriffsrechte, um Wartungsarbeiten und Konfigurationsänderungen auf Computersystemen vorzunehmen. Auch für externe Dienstleister öffnen Organisationen ihre Netze im Rahmen von Serviceverträgen. Für diese Remote-Access-Sessions mit Benutzerprivilegien sollten (mindestens) die gleichen Sicherheitsanforderungen gelten, die auch für interne Anwender verbindlich sind. Bei Nichtbefolgen nehmen Unternehmen ansonsten Schwächen ihrer IT-Verteidigung in Kauf, die sich von Cyberangreifern gezielt ausnutzen lassen.
Im hektischen Alltag gehen den IT-Verantwortlichen indes Überblick und Kontrolle schnell verloren. Zur Vermeidung von Risiken durch Drittanbieter sind wirksame Kontrollmechanismen erforderlich, um den Einsatz privilegierter Anmeldedaten abzusichern. Die Herausforderung ist, dass einerseits Produkte und Software unterschiedlicher Anbieter geschäftskritisch sind, aber andererseits Remote-Access-Zugänge für die Hersteller bei Aktualisierung, Produktwartung und Fehlersuche geschaffen werden müssen.
Hohes Risiko durch Angriff auf privilegierte Accounts
Zugriffs- und Kontrollmöglichkeiten aus der Ferne sind für den Betrieb geschäftsrelevanter Anwendungen und Endgeräte essenziell. Administratorenkonten und andere privilegierte Accounts sind aber auch dauerhaft ein vorrangiges Ziel für Angreifer, weil sie Hacker mit einem Generalschlüssel für das betreffende Netzwerk versehen. Häufig unbemerkt können sie sich mit geraubten Anmeldedaten frei bewegen, Malware einspielen und wertvolle Daten herausschleusen. Neben wirtschaftlichen Schäden durch Ausfälle des IT-Betriebs drohen empfindliche Strafen bei Datenschutzverletzungen gegen Gesetzesanforderungen wie die DSGVO-Vorgabe der EU.
Wie hoch ist das Risiko? Forrester Research geht davon aus, dass bei mindestens 80 Prozent aller Cyberattacken gestohlene Zugangsdaten eingesetzt werden, um sich schnellen Zugriff auf sensible Bereiche eines Unternehmensnetzes zu verschaffen. Steigt das Lieferantennetzwerk, nehmen zwangsläufig auch die potenziellen Gefahren zu. Die IT-Sicherheitsstudie "Privileged Access Threat Report" dokumentiert, dass in Unternehmen jede Woche durchschnittlich 182 Drittanbieter auf IT-Systeme von außen zugreifen. In jedem vierten Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern loggen sich wöchentlich mittlerweile im Durchschnitt sogar 500 externe Dienstleister ein.
In der Praxis sind die Schwierigkeiten beim Einsatz von Remote-Access-Technologie allerdings technisch beherrschbar. Mit den folgenden Schritten bleiben Unternehmen auf der sicheren Seite.
Schritt 1: Drittanbieter-Sessions kontrollieren
Grundsätzlich kommt es darauf an, die Aktivitäten von Drittanbietern umfassend zu kontrollieren. Das Mitzeichnen und Auswerten aller durchgeführten IT-Arbeiten hilft bei der Durchsetzung der eingerichteten IT-Regeln für den Systemzugriff. Ziel ist es, bei möglichen Verletzungen der IT-Policy festzustellen, ob es sich um ungewollte Bedienungsfehler oder aber verdächtige Aktivitäten handelt. Dafür müssen alle Remote-Access-Sitzungen aufgezeichnet werden, um über ein vollständiges Daten- und Lagebild bei der Problemlösung zu verfügen. Wichtig ist, dass sich relevante Informationen intelligent und kompakt zusammenfassen lassen, um Trends und ungewöhnliche Vorgänge auf einen Blick einsehen zu können.
Eine zuverlässige Kontrolle ist die Voraussetzung dafür, dass sich Drittanbieterrisiken durch sorgfältige Planung besser begrenzen lassen. Das fängt bei einer Bestandsaufnahme der IT-Sitzungen von Drittanbietern an. So lässt sich feststellen, von wo die einzelnen Verbindungen aufgebaut werden, mit welchen Rechnern externe Dienstleister verbunden sind und welche Zugriffsrechte sie dabei haben. Außerdem müssen IT-Verantwortliche regelmäßig die Firewallregeln dahingehend überprüfen, ob eingehende Verbindungen aus unbekannter Quelle zugelassen sind. Darüber hinaus empfiehlt sich, Schwachstellenscans auf den externen Hosts durchzuführen, um Dienste zu identifizieren, die auf eingehende Verbindungen warten. Und: Die Passwort-Sicherheitsrichtlinien für Konten mit eingehenden Netzwerkverbindungen sowie die Sicherheitsstandards für Drittanbieter müssen durchgängig eingehalten werden.
Schritt 2: Interne Schutzvorkehrungen implementieren
Der beste Weg, um Organisationen vor Sicherheitsbedrohungen durch Drittanbieter zu schützen, besteht in einer mehrschichtigen Verteidigungsstrategie, die das gesamte Unternehmen abdeckt. Über lückenlose Verschlüsselung, Multi-Faktor-Authentifizierung und umfassende Datensicherheitsrichtlinien lassen sich alle Endpunkte, Mobilgeräte, Anwendungen und Daten vor Missbrauch schützen. So werden für die eigenen IT-Systeme und Arbeitsabläufe die erforderlichen Sicherheitskriterien durchgesetzt und aktualisiert.
Viele Einbruchsversuche und Hacking-Angriffe werden indes erst im Rückblick erkannt. Entscheidend ist dabei, dass alle Änderungen und Datenübertragungen im Netzwerk protokolliert wurden. Dann lässt sich nachvollziehen, ob innerhalb einer autorisierten Support-Sitzung unternehmenseigene oder gesetzliche Sicherheitsvorgaben gebrochen wurden. Anhand schneller und aussagekräftiger Warnmeldungen kann die IT-Abteilung zeitnah auf potentielle Gefahren reagieren.
Schritt 3: Drittanbieterstandards überprüfen
In der Praxis ist es so, dass selbst die vertrauenswürdigsten Geschäftspartner eine Sicherheitsbedrohung darstellen können, wenn sie nicht die erforderlichen Best-Practice-Standards einhalten. Keine Organisation kommt deshalb darum herum, regelmäßig und kritisch zu überprüfen, ob der Umgang mit Anmeldeinformationen auf Drittanbieterseite auch den gewünschten Sicherheitskriterien genügt. Die IT muss wissen, welche externen Anwender mit welchen Zugangsdaten arbeiten – und sie sollte die zugewiesenen Rechte auf ein festgelegtes Zeitfenster beschränken können.
Vertrauen ist gut, aber Kontrolle der vertraglichen Verpflichtungen besser. Für die Zusammenarbeit mit Drittanbietern empfehlen sich daher Service Level Agreements (SLA), die verbindlich regeln, dass die Sicherheitsrichtlinien durchgehend eingehalten werden. Die Sicherheitsstandards des Anbieters gehören also immer wieder auf den Prüfstand, um sie auf das eigene IT-Security-Niveau zu heben. Dazu zählt auch die Überprüfung, ob aktuelle Patches eingespielt und bekannte Schwachstellen behoben wurden.
Schritt 4: Nutzerverhalten kontrollieren
Die Anmeldeinformationen von Anbietern und Partnern sind häufig nur schwach gesichert und können versehentlich offengelegt werden. Daher besteht der beste Weg zum Schutz von Anmeldeinformationen darin, diese proaktiv zu verwalten und zu steuern. Aus IT-Sicht empfiehlt sich, freigegebene Konten zu entfernen, das Onboarding zu erzwingen und Hintergrundprüfungen zur eindeutigen Identifizierung von Drittanbietern durchzuführen, die auf die IT-Systeme eines Unternehmens zugreifen.
Eine granulare Kontrolle der Zugriffsmöglichkeiten von Support-Technikern sorgt für zusätzliche Sicherheit. Es ist nicht sinnvoll, Technikern jederzeit vollständigen Zugriff auf geschäftskritische Datennetze und Systeme zu erlauben. Vielmehr sollten Support-Mitarbeiter lediglich über individuelle und (temporär) beschränkte Zugriffsrechte auf IT-Systeme und Funktionen verfügen.
Schritt 5: Authentifikation von Zugangskontrolle trennen
Zur Erledigung ihrer Aufgaben benötigen die meisten Dienstleister nur Zugriff auf sehr spezifische Systeme. Unternehmen, die den Zugriff per physischer oder logischer Netzwerksegmentierung auf bekannte Kommunikationskanäle beschränken, erreichen deshalb einen besseren Schutz ihrer Netze. Zugriffsverwaltungslösungen wie etwa BeyondTrust Privileged Access Management sperren nicht genehmigte Protokolle und leiten alle Verbindungen zur Reduzierung der Angriffsfläche über einen einheitlichen Zugriffspfad.
Für eine höhere Sicherheit und Transparenz sorgt die Maßnahme, alle Remote-Support-Techniker mit individuellen Einwahldaten auszustatten. Am sichersten ist es, wenn Support-Techniker sich dabei per Zwei-Wege-Authentifizierung beim Remote-Access-Tool einwählen müssen. So lassen sich Hacker wirksam ausschließen und wichtige Compliance-Regularien (zum Beispiel PCI-DSS, Payment Card Industry Data Security Standard) einhalten.
Schritt 6: Nicht autorisierte Befehle und Konfigurationsfehler unterbinden
Mit einer Lösung für die privilegierte Zugriffsverwaltung lassen sich nicht nur fein abgestimmte Berechtigungskontrollen durchführen, sondern auch das Prinzip der geringsten Privilegien durchsetzen. Dieses Konzept der Informationssicherheit sieht vor, die Zugriffsrechte der Benutzer auf ein Minimum einzuschränken, um beispielsweise Konfigurations- und Bedienungsfehler auszuschließen.
Im Enterprise-Umfeld lassen sich unterschiedliche Berechtigungsstufen für verschiedene Zielsysteme den einzelnen Benutzerkonten zuordnen. Durch die Einrichtung von Blacklists und Whitelists, durch die Einschränkung nicht erwünschter Befehle bei einfachen Anwendern und durch eine situations- oder applikationsbezogene Erhöhung individueller Berechtigungen gewinnen IT-Abteilungen ein hohes Maß an Kontrolle und Flexibilität.
Schritt 7: IT-Sicherheitswissen vermitteln
Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen runden das Maßnahmenpaket zur Erhöhung der Sicherheit in Unternehmensnetzen ab. Es ist wichtig, dass im Unternehmen und auf Seiten der Kunden und Lieferanten ein möglichst breites Wissen zur Gefahrenabwehr vorherrscht. Die IT-Risiken sind real, sodass alle Angestellten mit den neuesten Sicherheitstechnologien vertraut sein sollten. Auch IT-Profis müssen ihr Fachwissen fortlaufend über Konferenzen, Schulungen und Eigenlektüre ausbauen. Die technologische Entwicklung hört nicht auf, und angesichts neuer Technikstandards liegen Organisationen mit dem Fokus auf Fortbildung immer richtig.
Fazit
Einige der verheerendsten Sicherheitsverstöße der jüngsten Vergangenheit sind direkt auf Verfehlungen von Drittanbietern zurückzuführen. Hacker setzen ganz gezielt auf die Kompromittierung von (weniger geschützten) Drittanbietern, um in lukrative Firmennetze einzudringen. Das Risiko von Sicherheits- und Datenverletzungen durch Drittanbieter ist viel zu groß, als dass es ignoriert werden könnte. Diese Liste mit sieben Schritten schafft eine gute Ausgangsposition für gemeinsame IT-Risikomanagementrichtlinien, die Sicherheitslücken bei der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern schließen.
Autor: Roland Schäfer, Regional Sales Manager bei BeyondTrust