VW, BMW, Mercedes und Co.: Wie Xpeng Deutschlands Autobauer blamiert
Während VW und BMW auf der CES nur verbesserte Infotainmentsysteme präsentieren, zeigt Chinas Autoindustrie echte Innovationen. Die Deutschen scheinen längst abgehängt zu sein. Ein Kommentar.
Im Herbst machte in der hiesigen Autoindustrie eine Karikatur die Runde. Auf ihr waren zwei Manager neben einem VW Golf und einem Made-in-Germany-Schild auf einer Messe zu sehen. Sie blicken hinüber zu einem Stand mit einem fliegenden Auto, wie es im Film „Zurück in die Zukunft II“ vorkommt. Um den Stand mit chinesischer Flagge tummelten sich staunende Menschen, die Deutschen hingegen beachtet niemand. Die Manager aber kommentieren die Szene mit den Worten: „Aber beim Spaltmaß können sie nicht mithalten!“
Was vor ein paar Wochen als künstlerische Übertreibung gesehen wurde, ist auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas plötzlich Wirklichkeit geworden: Während BMW, Mercedes und Volkswagen bei der Technologieschau schnöde Infotainmentsysteme vorstellten, etwa mit einer verbesserten Sprachsteuerung, präsentierte der chinesische Konkurrent Xpeng tatsächlich: ein fliegendes Auto. In Ruheposition gleicht das Mobil einem Sportwagen mit massivem Heck, auf Kommando klappen daraus vier Rotoren aus, wie man sie von Drohnen kennt.
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Bereits 2025 will der Konzern das Gefährt ausliefern, schon bei der Vorstellung aber machte es deutlich: Die etablierten Autokonzerne, allen voran die vor allem für ihre Ingenieurskunst gerühmten deutschen Hersteller, haben ein tiefer sitzendes Problem mit Innovation, als manch einer hierzulande wahrhaben will.
Deutsche Autobauer haben verlernt, innovativ zu sein
Natürlich wird dieses Fahrzeug – oder Flugzeug – in den nächsten zehn Jahren nicht am deutschen Himmel auftauchen. Selbst wenn man es noch dieses Jahr vorbestellen kann, dürfte die komplizierte Regulierung des europäischen Luftraumes dem länger im Wege stehen. Dennoch ist das Modell mehr als eine Spinnerei: Xpeng arbeitet seit 2013 an einem solchen Gerät. 2022 unternahm ein Prototyp einen ersten Testflug über Dubai.
Der Ort war sorgfältig gewählt. Weniger dicht besiedelte und dennoch reiche Länder wie auf der arabischen Halbinsel dürften ein idealer erster Absatzmarkt werden. Xpeng zielt damit auf genau jene Premiumkunden, die bisher teure europäische Luxusautos kaufen und damit auch das Image der hiesigen Industrie stützten.
Die deutschen Autobauer haben dagegen verlernt, innovativ zu sein, zu überraschen, jene nicht immer rational denkende Klientel zu faszinieren: zu zeigen, was echte Ingenieurkunst ist. Wo sind die Ingenieure geblieben, die einst ohne Unterstützung des Managements auf eigene Faust den Quattroantrieb für Audi entwickeln konnten? Einen Antrieb, mit dem man eine Sprungschanze hinauffahren konnte – völlig egal, ob irgendwer das im Alltag wirklich braucht.
Dieses Problem der Innovationsarmut manifestiert sich längst in allen möglichen Bereichen: Die deutsche Autoindustrie ist auch bei der Batterietechnik abgehängt, ebenso beim autonomen Fahren. Die noch sprudelnden Gewinne werden lieber an Aktionäre, Manager und die Belegschaft ausgeschüttet, anstatt sie in gewagte Ideen zu stecken. Von denen mögen 99 scheitern – eine aber könnte das Potenzial haben, die Zukunft der ganzen Branche zu sichern.
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